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Auszug - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu TOP 12.1 Kurparkbrücke - Abriss / Erneuerung Holz statt Aluminium, Nachhaltigkeit statt Energieverschwendung  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Ausschusses für Bauen und Stadtentwicklung
TOP: Ö 5
Gremium: Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung Beschlussart: (offen)
Datum: Mo, 17.09.2007    
Zeit: 15:00 - 18:40 Anlass: Sitzung
Raum: Traubensaal
Ort: Rathaus
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Fachbereichleiter Dr. Rehbein geht nochmals auf die Vergabekriterien ein. Die Erneuerung der Kurparkbrücke ist ein langjähriges Thema. Ziel der Planung war es, bei der Ausschreibung zu einem wirtschaftlichen Ergebnis zu gelangen.

Im Vergabeverfahren wurden Vorgaben wie die Einhaltung des erforderlichen Lichtraumprofils, die begehbare Brückenbreite von 2,50 m und die Nichtzulassung von Tropenhölzern festgelegt. Aufgefordert wurden die Bieter, sich innovativ Gedanken über die Konstruktion und die zu verwendenden Materialien zu machen. Materialien wie Holz, Stahl, Stahlbeton, GVK und Aluminium waren zugelassen. Ausgeschrieben wurde deshalb auch nur 1 Stück Brücke. Eingegangen sind mehrere Angebote mit unterschiedlichen Materialien. Auch 2 Holzkonstruktionen wurden angeboten. Jedoch bestehen die Holzbrücken nicht gänzlich aus Holz. Konstruktive Teile sind mit Stahlrohren bewehrt, Geländer tlw. aus Aluminium, Fundamente aus Beton.

Aus der Erfahrung heraus, stehen Holzkonstruktionen nach 10 – 15 Jahren zur Sanierung an. Angeboten wurde auch eine Aluminiumbrücke und ein Stahlbetonkonstruktion, ähnlich der Reichenbachbrücke. Bei Stahlbetonbrücken ist besonders darauf zu achten, das sie sachgerecht in der Oberfläche abgedichtet werden, da die Konstruktion anfällig gegen Korrosion ist. Hierbei spielt Streusalz ein entscheidende Rolle.

Das eingereichte Angebot enthält keine schlüssigen Aussagen darüber, wie sichergestellt werden kann, dass die Oberfläche, wie erforderlich, sachgerecht abgedichtet werden kann. Bei den Holzbrücken handelt es sich bei den verwendeten Materialien um Baustoffgemische. Der Baustoff Aluminium ist zunächst eher als ungewöhnlich anzustehen. Festgestellt werden kann jedoch, dass einige Aluminiumbrücken seit einigen Jahren stehen, ohne dass hierzu zu Problemen gekommen sei. Die angebotene Aluminiumbrücke ist durch eine aufgebrachte Legierung tausalzfest. Die Gehsicherheit und Griffigkeit des begehbaren Belages ist gegeben.

Aluminium ist zwar bei der erstmaligen Herstellung sehr energieaufwändig, dafür ist der Baustoff jedoch auch dauerhaft. Aluminium kann beliebig recycelt werden. Das Gewicht der Brücke beträgt 18 Tonnen, bezogen auf den Oberbau. 60 % dieses Materials ist recyceltes Material. Dem Gedanken der Nachhaltigkeit wird hierdurch entsprochen. Bezogen auf den Energieaufwand bei der Herstellung der Baustoffe ist Holz Aluminium zwar überlegen. Bedacht werden muss jedoch, dass in den konstruktiven Teilen bei verwendeten Holzmaterialien Holzschutz erforderlich ist. Sonst kann eine gewisse Langlebigkeit in den tragenden Teilen nicht gewährleistet werden. Holzbrücken sind gegenüber  Verschattung anfällig. Verschattungen beeinträchtigen die Lebensdauer erheblich. Auch bedürfen Holzbrücken einer intensiven Pflege. So muss Streugut regelmäßig wieder entfernt werden. Wenn alle diese Kriterien kostenmäßig Berücksichtigung finden, liegen die Kosten einer Holzbrücke in einer Wirtschaftlichkeitsberechnung höher als bei einer Stahlbetonbrücke. Als Fazit lässt sich zusammenfassend festhalten, dass im Einzelfall eine Holzbrückenkonstruktion als Alternative in Betracht gezogen werden kann, jedoch nicht  bei dieser Brücke, weil der Lebenszyklus einer Brücke in seiner Gesamtheit betrachtet werden muss.

 

Bereichsleiter Schulz führt aus, dass der Begriff „Ökobilanz“ sehr schwer zu greifen ist, da es sich um ein sehr komplexes Thema handelt. Der TÜV-Nord ist bei dem Versuch, die Begrifflichkeit Ökobilanz auf eine Vergleichsebene zu bringen,  gescheitert, weil die kumulierenden Energieaufwände nicht ins Verhältnis gesetzt werden können. Der Energieaufwand für die Herstellung von Aluminium erscheint zunächst hoch. Zu bedenken ist jedoch, dass nicht nur der Energieaufwand bei der Herstellung, sondern auch der Energieaufwand für eine spätere Beseitigung in eine Bilanz einfließen muss. Die Langlebigkeit von Aluminium ist sehr hoch anzusetzen. Die Verwertbarkeit des Aluminiums liegt bei 100 % bei identischer Wertigkeit. Wie bereits ausgeführt, besteht die zu bauende Brücke zu 60 % aus recyceltem Material.

In der Summe aller zu berücksichtigenden Belange erscheint bei der Kurparkbrücke die Wahl des Baustoffes Aluminium angemessen.

 

Ratsherr Meihsies erkennt an, dass sich die Verwaltung bei der Auswahl des Baustoffes Gedanken gemacht hat und über den notwendigen Sachverstand verfügt. Seine Zielrichtung für die Auswahl des geeigneten Baustoffes ist jedoch eine andere. Für ihn spielen die Aspekte der Zugehörigkeit zum Klimabündnis und soziale Aspekte in den Abbauländern eine wesentlich entscheidendere Rolle. Er weist darauf hin, dass der Abbau des für die Herstellung von Aluminium notwendigen Rohstoffes Bauxit in den Abbauländern zu erheblichen Umweltproblemen führt. Anhand eines Beispiels führt er aus, welche umweltschädlichen Auswirkungen für die Gewinnung von 1.00 kg Bauxit hat.

Nachdem die Vergabe in der letzten Ausschusssitzung in der Beschlussfassung zurückgestellt wurde, hätte er es sich gewünscht, dass die Verwaltung noch einmal in Klausur geht und ihren Beschlussvorschlag überdenkt. Er weist darauf hin, dass die Themenkreise Klimaschutz, Agenda und Nachhaltigkeit auch den Nds. Landtag beschäftigen. Danach wird zukünftig darauf gedrängt, Holz wieder verstärkt als Baustoff einzusetzen. Wenn der Themenkreis ernsthaft im Landtag debattiert wird, wird sich auch die Stadt dagegen nicht verschießen können.

Er geht davon aus, dass, wenn vernünftig recherchiert worden wäre, man in der Verwaltung zu der Erkenntnis gelangt wäre, dass Aluminium für die Brücke keine Verwendung finden kann. Er stellt fest, dass sich sowohl Verwaltung als auch die Politik in dieser Sache festgelegt haben. Die Entscheidungsträger werden die Entscheidung für Aluminium demzufolge auch politisch zu verantworten haben. Für ihn ist die Entscheidung zugunsten des Baustoffes Aluminium ein Umweltskandal.

 

Beigeordnete Schellmann  bezweifelt die von Ratsherrn Meihsies benannten Zahlen bezüglich der von der Gewinnung von 1.000 kg Bauxit ausgehenden Umweltbelastungen. Selbst wenn die Zahlen im Ansatz zutreffen würden, so besagen sie für die konkrete Maßnahme jedoch nichts. Wie schwierig es ist, eine Ökobilanz mit konkret hinterlegbaren Zahlen zu erstellen, wurde von Bereichsleiter Schulz erläutert. Wenn auch keine konkreten Zahlen für eine Ökobilanz nachweisbar sind, so sind diese für eine Energiebilanz konkret greifbar.

Wichtig ist in ihren Augen auch, was wir wollen, ob wir die Brücke brauchen, was sie kostet, wie hoch die Unterhaltungskosten sind und wie sie aussehen wird.

 

Beigeordnete Lotze verdeutlicht, dass die Frage, ob wir die Brücke brauchen, hier nicht die Frage ist. Den Baustoff Holz mit Öko gleichzusetzen ist nach ihrer Ansicht falsch. Auch die Ergebnisse der zitierten Internetrecherchen sind nicht eindeutig. Die Recherchen können immer nur zu dem Ergebnis führen, nach denen man jeweils sucht.

Wenn man eine Ökoeffizienzanalyse zugrunde legen würde, hätte Aluminium einen günstigen Wert. Der Baustoff Aluminium verursacht einen nur geringen Wartungsaufwand. In einer Ökobetrachtung befinden wir uns nicht mehr in der Zeit, als das Motto „Jute statt Plastik“ die Maßstäbe setzte. Sie spricht sich für die SPD-Fraktion dafür aus, den Baustoff Aluminium bei der Erneuerung der Kurparkbrücke auszuprobieren.

 

Beigeordneter Dr. Scharf  bringt sein Unverständnis darüber zum Ausdruck, dass nach den sachkompetenten Vorträgen der Verwaltung von Umweltskandal gesprochen wird. Das ist völlig unangemessen. Alle wissen, dass Aluminium in der Erstherstellung energieaufwändig ist. Die Verwaltung hat sachverständlich dargelegt, warum sie für die Erneuerung der Brücke den Baustoff Aluminium empfiehlt. Die Brücke ist wichtig für die Verbindung Universität in Richtung Innenstadt. Die Brücke trägt zur Verbesserung der Gesamtstruktur dieses Gebietes bei.

 

Ratsherr Meihsies verdeutlicht noch einmal, dass die Entscheidung für den Baustoff Aluminium von einem falschen Ansatz ausgeht. Er spricht sich gegen den Baustoff Aluminium aus. Er geht davon aus, dass die Ausschussmitglieder, die sich für den Baustoff Aluminium aussprechen, damit ein politisches Problem haben werden.

 

Beigeordneter Körner kann die Argumentation von Ratsherrn Meihsies nicht nachvollziehen. Er verweist darauf, dass die meisten stark genutzten Eingangsbereiche, beispielsweise in Schulen, generell aus Aluminium bestehen. Wie ausgeführt, besteht 60 % des Materials aus recyceltem Aluminium. Recycling ist das, was auch die Grünen immer wollten. Recycling ist bei sich immer weiter verknappenden Rohstoffen ein immer wichtiger werdendes Thema. Allen kann man es bei der Entscheidungsfindung nicht Recht machen. Er verweist darauf, dass auch die politischen Gremien sich für die Erneuerung der Brücke ausgesprochen haben.

 

Ratsherr Riechey verweist darauf, dass die angebotenen Holzkonstruktionen aus einem Baustoffgemisch bestehen würden. Für ihn wäre es ein gangbarer Weg einen Kompromiss zu finden, wenn man die Träger in Stahl ausbilden und den Rest der Brücke aus Holz fertigen würde. Er hält die Brücke für notwendig. Ein Fahrradstreifen auf der Brücke würde nach seiner Ansicht die Attraktivität erhöhen. Die Kombination verschiedener Baustoffe mit dem optischen Eindruck einer Holzbrücke wäre für ihn für die politische Außendarstellung ein gangbarer Weg eines Kompromisses.

 

Stadtbaurätin Gundermann entgegnet den Aussagen von Ratsherrn Meihsies, im Zusammenhang mit einem sehr wohl bedacht ausgewählten Baustoff Aluminium von Umweltskandal zu sprechen, nach ihrer Ansicht schon an Verleumdung grenzt. Wenn auch seitens der Grünen aus nachvollziehbaren Gründen eine andere Materialwahl erfolgen würde, sollte man dennoch nicht den Boden der Tatsachen verlassen. Nochmals wird auf die bereits geführten Diskussionen und die Haushaltsplanberatung hingewiesen. Vorgegeben war, eine funktionelle Ausschreibung für die Erreichung eines günstigen Angebotes vorzunehmen. Gleichzeitig sollte die neue Brücke wartungsarm sein. Wenn man sich jetzt gegen die vorgegebenen Vorgaben anders entscheiden würde, käme dies einer „Rolle rückwärts“ gleich. Die Ausschreibung müsste ausgehoben werden. Von Kostenerstattungsforderungen seitens der Bieter müsste ausgegangen werden. Für die Zukunft würde dies bedeuten, dass Vergabekriterien im Vorfeld noch intensiver diskutiert werden müssten. Sie stellt nochmals klar, dass seitens der Verwaltung eine gute, angemessene und auch umweltverträgliche Brücke für die Erneuerung vorgeschlagen wird.

 

Beigeordnete Schellmann  verdeutlicht, dass alle wüssten, das eine Holzbrücke unter Einbeziehung der Unterhaltungskosten im Vergleich zu anderen Baustoffen zu teuer sei. Das Material Aluminium stand als Alternative schon von Anfang an im Gespräch. Die Mehrheit des Ausschusses hatte sich schon seinerzeit angesichts knapper Kassen für eine möglichst kostengünstige Lösung ausgesprochen.

 

Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor.

 

Beigeordneter Dörbaum stellt als Ergebnis der Beratung fest, dass sich die Mehrheit der Ausschussmitglieder für die Erneuerung der Brücke in einer Aluminiumkonstruktion aussprechen. Die Verwaltung hat die unterschiedlichen Angebote sorgfältig abgewogen. Die Nachhaltigkeit des gewählten Materials Aluminium ist gegeben. Die Vergabe wurde sauber abgearbeitet. Einen Skandal hat es hierbei nicht gegeben und wird es auch nicht geben. Die Entscheidung befindet sich auf dem Boden der Rechtsstaatlichkeit.

 

Ratsherr Meihsies erklärt abschließend, dass die Aussage bezüglich Umweltskandal sich nicht auf das Vergabeverfahren selbst bezieht. Das ist sauber durchgeführt worden.

 

Beigeordneter Dörbaum stellt die Beschlussvorlage (s. hierzu TOP 12.1) und den Änderungsantrag der Faktion Bündnis 90/Die Grünen zur Abstimmung.

 

Beschluss:

Beschluss:

Der Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung lehnt den Antrag mehrheitlich bei 1 Gegenstimme (Ratsherr Meihsies) ab.