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Auszug - Resolution gegen Rechtsextremismus (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 11.03.2007, eingegangen am 15.03.2007)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 28.06.2007    
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/2329/07 Resolution gegen Rechtsextremismus (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 11.03.2007, eingegangen am 15.03.2007)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Fraktion DIE LINKE
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordnete LOTZE sieht in der vorliegenden Resolution den Beweis über die Wehr- und Standhaftigkeit der Demokratie. Der Anlass für die Resolution sei durch die Abmeldung der NPD-Kundgebung überholt. Dennoch habe man das geplante Fest für Demokratie veranstaltet, bei dem neben vielen Gruppen auch alle Fraktionen vertreten gewesen seien und mit dem man ein schönes Zeichen gesetzt habe. Sie erinnere zudem an den kürzlich stattgefundenen, ungenehmigten und unangemeldeten Aufmarsch der Neonazis und danke dem Oberbürgermeister, dass er sich dem Aufmarsch entgegengestellt habe. Die NPD habe zwischenzeitlich erklärt, Lüneburg zu einem Aktionsstandort machen zu wollen. Man dürfe nicht denken, dass es sich hier nur um paar irregeleitete Menschen handle. Das Problem werde sich nicht von alleine erledigen. Der Verfassungsschutz habe in den letzten Jahren einen Anstieg der Straftaten mit rechtsextremistischem Hintergrund verzeichnet. Obwohl sich Mitglieder und Sympathisanten der NPD als Biedermänner gäben, sei die Partei ein Sammelbecken für Rechtsextreme. Die NPD sage selber von sich, sie sei verfassungsfeindlich und lehne das Grundgesetz ab. Sie verherrliche das NS-Regime, relativiere den Holocaust, strebe einen völkischen Führerstaat an, rufe zu Gewalt auf und sei rassistisch und fremdenfeindlich. Man selbst habe die Aufgabe, den Rechtsextremismus mit allen zur Verfügung stehenden rechtsstaatlichen und demokratischen Mitteln zu bekämpfen, sowie die Menschenrechte, die Demokratie und die Solidarität zu fördern. Man müsse für Toleranz und Respekt eintreten, dürfe die Verharmlosung der NS-Verbrechen nicht zulassen und müsse Antisemitismus und Gewalttätigkeit ächten. Die demokratischen Parteien müssten gemeinsam gegen rechtsextremistische Positionen Stellung beziehen und zeigen, dass Deutschland eine weltoffene, auf Frieden und Freiheit begründete Demokratie sei. Hierzu müssten breite gesellschaftliche Bündnisse geschmiedet werden. Die vorliegende Resolution bliebe ein Papiertiger, wenn ihr nicht das dauerhafte gesellschaftliche Engagement gegen den Rechtsextremismus folge.

 

Bürgermeister DR. SCHARF betont, dass der Rat der Stadt Lüneburg trotz aller sachlichen Diskrepanzen, die sich auch heute wieder gezeigt hätten, bereit und in der Lage sei, in dieser wichtigen Frage einhellig und gemeinsam zusammen zu stehen. Es sei hervorragend, dass sich alle demokratischen Parteien zu dieser Resolution bekannt hätten. Der Rat bekenne sich damit, wie schon in den vorhergehenden Resolutionen, einmütig und eindeutig zur Demokratie und zur Ablehnung aller extremistischen Parteien und Gruppierungen. Es sei notwendig und wichtig, solche Zeichen zu setzen. Dies habe sich beim Fest für Demokratie am Sande gezeigt, an dem viele Institutionen und Bürgerinnen und Bürger teilgenommen hätten und das ein eindeutiger Erfolg gewesen sei. Ebenso wichtig sei es jedoch, den extremistischen Gruppierungen den Boden zu entziehen, indem man Jugendlichen Perspektiven und Chancen aufzeige. In Lüneburg geschehe dies beispielsweise durch die hervorragende parteiübergreifende Stadtteilarbeit und durch die Unterstützung der Sportvereine. Er danke der Verwaltung und dem Oberbürgermeister, die immer wieder versuchten, rechtsextremistische Demonstrationen zu unterbinden, wenngleich dies nicht immer gelinge.

 

Ratsherr POLSTER nennt zwei große Fehler, die Politiker und Parteien im Kampf gegen Rechtsextremismus begehen könnten: Es wäre eine politische Torheit, wenn sich die demokratischen Parteien in der Auseinandersetzung mit Verfassungsfeinden auseinanderdividieren ließen und sich gegenseitig Blindheit und Ignoranz vorwerfen würden. Solche Schuld- und Vorwurfsrituale seien ebenso dumm wie ermüdend und nützten nur den Extremisten. Es sei offenkundig, dass es in Deutschland ein rechtsextremistisches Problem gebe. Dies zeigten die Wahlergebnisse, die Straftatenstatistik und die Zunahme rechtsextremer Einstellung der Bevölkerung. Der zweite große Fehler wäre eine Verharmlosung des Rechtsextremismus durch einzelne demokratische Parteien oder Politiker, mehr noch die Polarisierung oder gar die partielle Zusammenarbeit. Wer sich so verhalte, sei ein politischer Opportunist und gefährlicher Verharmloser. Ein überzeugter Demokrat, Patriot und Christ dürfe nicht mit bekennenden Rechtsextremen paktieren und diese hoffähig machen. Keine andere Ideologie habe mehr Leid über dieses Land und die Menschen gebracht als der Nationalsozialismus. Die NPD jedoch glorifiziere Krieg und Gewaltherrschaft, daher dürfe es keine Zweckbündnisse mit ihr geben. Jeder im politischen Geschäft wisse, wie schwer und aufreibend manchmal die Suche nach Mehrheiten sei, es dürfe aber dennoch keine gemeinsame Sache mit Demokratiefeinden gemacht werden. Man müsse mit der notwendigen Gelassenheit aber mit klarer Konsequenz gegen Rechtsextremismus streiten.

 

Beigeordnete SCHELLMANN begrüßt, dass es in all den Jahren ihrer Zugehörigkeit zum Rat stets einen gemeinsamen Konsens gegen Rechtsextremismus gegeben habe. Als unangenehm empfinde sie, dass man immer nur auf vorherige Aktionen reagieren könne. Früher sei sie der Meinung gewesen, es genüge, diese Gruppen nicht wahrzunehmen um ihnen dadurch keine Bedeutung zukommen zu lassen. Dies sei falsch gewesen. Die rechtsextreme Szene arbeite ausgesprochen gut im Hintergrund, was man an der bedrohlichen Entwicklung im Osten sehe. Es sei vielmehr richtig, geschlossen aufzutreten und zu sagen, dass man diese Gruppe in Lüneburg nicht haben wolle. Jeder der in Lüneburg Politik betreibe wisse aber, dass man diese Leute nun einmal vor Ort habe und dies bedeute, dass man mehr tun müsse, als eine Resolution zu verabschieden. Man stehe vor ganz anderen Aufgaben, nämlich den Kindern und Jugendlichen Chancen für die Zukunft zu schaffen. Man müsse sie viel früher erreichen, schon in Schule und Kindergarten, um vorhandene Defizite zu registrieren und zu beheben. Kein Jugendlicher dürfe dabei verloren gehen, jeder müsse aufgefangen werden, dann sei man auf dem richtigen Weg. Die Politiker seien gerade in Zeiten aufgerufen, in denen es einigen gut und vielen anderen immer schlechter gehe, diese Kluft zu überwinden.

 

Ratsherr RIECHEY macht deutlich, dass die verschiedenen demokratischen Parteien naturgemäß unterschiedliche Ziele und Vorstellungen bei der Gestaltung der Gesellschaft hätten. Abseits aller politischen Auseinandersetzungen verbinde die demokratischen Parteien jedoch die Bejahung der Bürger- und Menschenrechte wie sie im Grundgesetz verankert seien. All jene Personen und Gruppen, die Menschen aufgrund ihres Geschlechtes, ihrer Religion, ihrer Nationalität oder Herkunft oder aller anderen denkbaren persönlichen Umstände ausgrenzten, benachteiligten oder mit Gewalt bedrohten, müssten von allen Demokraten gemeinsam bekämpft werden. Dies habe das Lüneburger Netzwerk gegen Rechts am Wochenende eindrucksvoll unter Beweis gestellt. Es dürfe sich nicht wiederholen, dass zweihundert Neonazis ungehindert durch Lüneburgs Innenstadt marschierten, wie dies am 2.Juni unerwartet geschehen sei. Er spreche dem Oberbürgermeister für dessen Entgegentreten seinen Dank aus. Man werde sich den Neonazis beim nächsten Aufmarsch friedlich aber entschieden entgegenstellen. Seine Fraktion habe unmittelbar nach Bekanntwerden des für den 24.Juni geplanten und dann glücklicherweise ausgefallenen Aufmarsches der Neonazis eine Resolution gegen Rechtsextremismus auf den Weg gebracht. Man habe sodann Kontakt zu den anderen Fraktionen aufgenommen, um einen gemeinsamen Resolutionstext zu vereinbaren. Man habe nicht auf den sehr guten Textvorschlag des DGB bestanden, sondern auch einen nicht so weitreichenden Text akzeptiert, um mit allen demokratisch gesinnten Ratsmitgliedern eine gemeinsame Resolution zu verabschieden. Er sei sehr froh darüber, wie die heutige Diskussion im Stadtrat gelaufen sei und dass man es geschafft habe, sich auf einen Text zu einigen. Leider sei die Inszenierung der CDU im Kreistag ein Armutszeugnis für die Demokratie gewesen, bei der es mit einem dubiosen fraktionslosen Kreistagsmitglied nur einen Gewinner gegeben habe. Hier und heute wolle man alle parteitaktischen Erwägungen im Interesse der Sache zurückstellen und sich auch nicht um den Begriff Extremismus streiten. Hier gehe es um eine Verurteilung des Rechtsextremismus, den es mit allen demokratischen Kräften zu bekämpfen gelte. Es müsse deutlich gemacht werden, dass er in der Mitte unserer Gesellschaft und ganz besonders in Lüneburg, nichts zu suchen habe.

 

Ratsherr ALTHUSMANN möchte zum Ausdruck bringen, dass es ihm Bauchschmerzen bereite, gemeinsam mit der Linkspartei eine Resolution gegen Rechtsextremismus zu unterschreiben. Er sei überzeugter Demokrat und habe großen Respekt vor der Geschichte der sozialdemokratischen Parteien. Den gleichen Respekt erbitte er aber auch für die Geschichte seiner Partei, die ihre Wurzeln im wesentlichen im Widerstand habe. Insofern sage er ganz deutlich, dass es ihm aus seiner christlich-demokratischen Grundüberzeugung heraus ausgesprochen schwer falle, mit jenen eine Resolution gegen Rechtsextremismus zu unterzeichnen, die Nachfolgepartei der PDS seien und für ein Regime in der DDR stünden, das Tausende unterdrückt und Menschen an der Mauer und an der Grenze getötet habe. Es gehe darum, eine klare Grenze zu ziehen, nachdem die Fraktion DIE LINKE sich gerade in einem Atemzug mit den anderen demokratischen Parteien genannt habe. Nach den Ereignissen von Heiligendamm müsse man sich auch mutig allen Linksextremisten entgegen stellen, die Polizisten durch die Straßen getrieben und bewusst deren Leib und Leben gefährdet hätten. Als überzeugter Demokrat werde er es nicht zulassen, dass der Rechtsstaat von links oder von rechts gefährdet werde. Die Zahlen des Verfassungsschutzberichtes sprächen eine deutliche Sprache. Es gebe einen ebenso hohen Anstieg der Straftaten bei den Linksautonomen wie bei den Rechtsextremisten. Es müsse ihm als demokratisch gewähltem Vertreter erlaubt sein, sich gegen beide Seiten abzugrenzen. Wer auf seinen Vereinigungsparteitagen Kommunisten aus Kuba begrüße, sei keine demokratische Partei. Hiervon sollte sich auch die Sozialdemokratie deutlich abgrenzen.

 

Ratsherr MEIHSIES hat für eine solch demagogische Rede, wie Herr Althusmann sie gehalten habe, kein Verständnis. Man habe im Vorfeld vereinbart, sich in der Debatte auf das zu beschränken, was in dieser Stadt passiert sei. Es sei ein Stück aus dem Tollhaus, auf eine demokratisch verfasste und gewählte Partei einzuschlagen, die mit den Sozialdemokraten in Berlin eine Koalition eingegangen sei. Es müsse zur Kenntnis genommen werden, dass die Linkspartei im Osten Deutschlands eine große Mehrheit habe und dort eine Volkspartei sei. Links und Rechts seien eben nicht gleichzusetzen, es sei bedauerlich, dass man sich in dieser Frage immer auseinanderdividieren lasse. Was in Heiligendamm passiert sei, habe nichts mit der PDS zu tun, auch er distanziere sich von den Steinewerfern. Er wolle sich mit der Linkspartei als einem demokratisch gewählten Mitbewerber argumentativ auseinandersetzen und nicht  auf eine demagogische Art und Weise.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg beschließt einstimmig die gemeinsame Resolution gegen Rechtsextremismus.

 

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