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Auszug - Einrichtung einer "aktuellen Stunde" (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.01.2007, eingegangen am 25.01.2007)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 7.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 19.04.2007    
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/2244/07 Einrichtung einer "aktuellen Stunde" (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 22.01.2007, eingegangen am 25.01.2007)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr POLSTER führt aus, dass seine Fraktion diesen Antrag gestellt habe, um Themen dann im Rat diskutieren zu können, wenn sie noch aktuell seien. Man wolle zudem Transparenz für die Bürgerinnen und Bürger fördern, diese erreiche man nicht bei kaum in der Öffentlichkeit stehenden Fachausschusssitzungen. Themen für eine aktuelle Stunde müssten so gewählt werden, dass sie für den ganzen Rat interessant seien. Entgegen der Behauptung der Verwaltung würde sich die Zahl der Dringlichkeitsanträge verringern. Man stelle die Redezeiten der Geschäftsordnung nicht in Frage, wolle aber gleichwohl eine ausführliche Diskussion der Themen. Die Diskussion aktueller politischer Themen behindere nicht die ergebnisorientierte Arbeit des Rates. Der Rat sei ein demokratisch gewähltes Organ in herausgehobener Stellung, daher werde die Themenauswahl auf kommunalpolitische Themen beschränkt, die die Bürgerinnen und Bürger in Lüneburg bewegten. Hinsichtlich der Verständigung zwischen den Fraktionen sei anzunehmen, dass selten mehr als drei Anträge zu einer aktuellen Stunde vorliegen würden, eher werde maximal ein Antrag gestellt. Es sei nicht mit einer Abstimmung über das zu behandelnde Thema, sondern eher mit einer vorherigen Einigung der Fraktionsvorsitzenden zu rechnen. Hierbei käme es besonders auf das Verhalten der Gruppe SPD/CDU an, um den Minderheitenschutz zu gewährleisten. Eine besondere Vorbereitung sei nicht notwendig, da lediglich ein aktueller Meinungsaustausch ermöglicht werden solle. Für tiefere Diskussionen stünden anschließend die Fachausschüsse zur Verfügung. Eine aktuelle Stunde sei eine Bereicherung für den Rat, er appelliere an die Ratsmitglieder, dieses Instrument zumindest einmal auszuprobieren.

 

Beigeordneter DÖRBAUM stellt fest, dass der Antrag sich einreihe in die zuletzt immer wieder gestellten Anträge zur Änderung der Geschäftsordnung. Es werde unterstellt, dass die kleinen Fraktionen nicht ausreichend Gelegenheit hätten, sich im Rat darzustellen und am demokratischen Prozess teilzuhaben. Dem widerspreche er, niemand sei gehindert, sich im Rat einzubringen und seine Meinung zu artikulieren. Hierzu gebe es bereits jetzt die Instrumente der Einwohnerfragestunde, des Dringlichkeitsantrages und der aktuellen mündlichen Anfragen. Es sei problematisch, das Thema zu bestimmen, zu formulieren und zielgerichtet zu argumentieren, wenn eine ausreichende Vorbereitungszeit nicht gegeben sei. Nach seiner Meinung habe der Antrag, wie schon die vorherigen Anträge, lediglich das Ziel, den Rat zu instrumentalisieren für populistische Auseinandersetzungen. Dafür sollte der Rat nicht benutzt werden. Ein Blick auf die heutige Tagesordnung zeige statt dessen, dass der Rat in der Lage sei, sich mit ernsthaften Themen auseinander zu setzen, die für die Bürgerinnen und Bürger relevant seien.

 

Beigeordnete BAUMGARTEN erinnert daran, dass sich der Rat zu Beginn einer jeden Wahlperiode eine Geschäftsordnung gebe, in die jeweils die Erfahrungen der letzten Jahre eingebracht würden. Es habe übereinstimmend viele Maßnahmen gegeben, um die Arbeit im Rat zu erleichtern und zu verbessern, so die Regelungen zur Redezeit und zur Überweisung von Anträgen in die Ausschüsse. Der Antrag auf Einrichtung einer aktuellen Stunde führe genau zum Gegenteil. Die zeitliche Abfolge bedeute zunächst eine Abstimmung im Rat über die Themen und ihre Reihenfolge, der Antragsteller glaube doch sicher nicht, dass es immer nur eine Anfrage zu einer aktuellen Stunde gebe, diese Illusion könne sie ihm jetzt schon rauben. Wenn sie die Zeit einrechne, die stets für Diskussionen über die Dringlichkeit von Anträgen anfalle, würde allein hierfür vermutlich eine halbe Stunde benötigt. Ein Meinungsaustausch von einer weiteren halben Stunde bedeute, dass lediglich acht Ratsmitglieder zur Sache sprechen könnten. Sofern anschließend  noch Einwohnerfragen beantwortet werden müssten, blieben für die Behandlung der wichtigen Anträge und Anfragen im Rat kaum mehr als dreißig Minuten übrig. Dies sei das genaue Gegenteil von effektiver Arbeit, eine schnellere Bearbeitung von Anträgen sei hier absolut nicht zu sehen. Zudem nähmen Bürgerinnen und Bürger an Ratssitzungen teil, weil sie zu einem bestimmten Punkt die Meinung und Entscheidung des Rates hören wollten. Sollte es dazu kommen, dass nur noch ein Antrag und eine Anfrage in jeder Sitzung behandelt werden können, würde das zu einer weiter zurückgehenden Zahl interessierter Besucher führen. Wenn man bis drei Tage vor einer Ratssitzung noch nicht wisse, mit welchem Thema man sich befasse und worauf man sich vorzubereiten habe und nur höchstens acht Ratsmitglieder reden könnten, bekäme man kein vernünftiges Meinungsbild. Eine aktuelle Stunde sei daher für die Ratsarbeit nicht förderlich.

 

Ratsherr REINECKE ist ebenfalls gegen die Einrichtung einer aktuellen Stunde. Der Rat der Stadt Lüneburg sei von sachorientierter Arbeit geprägt und es sei in den letzten Sitzungen gelungen, die emotionale Ladung auf ein Minimum zu begrenzen. Er befürchte, dass durch das Einbringen aktueller Themen in dieser Form die Emotionen sehr stark aufwallen würden. Die anderen Themen, die nicht weniger aktuell und dringlich seien, würden darüber hinaus automatisch in den Hintergrund rücken. Die eigene Vorarbeit in den Fraktionen und Ausschüssen würde unter den Teppich gekehrt. In einer aktuellen Diskussion seien immer diejenigen im Vorteil, die das Thema ausgewählt und eingebracht hätten, die Anderen wären nicht ausreichend in der Lage, vorher interfraktionell zu diskutieren oder Rat von Dritten einzuholen. Er schlage vor, sich in den Redebeiträgen auf das sachlich Notwendige zu beschränken, alles unnötige Beiwerk und alle Effekthascherei wegzulassen, dann habe man auch Zeit, Themen in den laufenden Ratssitzungen abzuarbeiten. Allein die Verfahrensweise über die Themenauswahl würde derart aufhalten, dass man gar nicht dazu käme, lange über das eigentliche Thema zu sprechen. Eine aktuelle Stunde könne schon aus organisatorischen Gründen nicht funktionieren.

 

Ratsherr RIECHEY mache seine Entscheidung davon abhängig, ob die Zeit für die aktuelle Stunde von der Antragszeit abgehe oder zusätzlich gewährt werde. Dies gehe aus dem Antrag nicht deutlich hervor. Er habe sich immer für eine zeitnahe Bearbeitung von Anträgen und für eine stärkere Bürgerbeteiligung stark gemacht, dies sei aber mehrheitlich nicht gewollt. Wenn der Antrag nicht zu Lasten der politischen Anträge gehe, könne er ihn unterstützen.

 

Ratsherr MEIHSIES erläutert, dass die aktuelle Stunde eine Option in der Geschäftsordnung darstellen solle. Es läge seiner Fraktion daran, eine Aktualität zu ermöglichen zu Themen, die in der Bevölkerung diskutiert würden. Er unterstelle, dass die aktuelle Stunde mit wirklich wichtigen Themen gefüllt werde und nicht nur mit Allgemeinplätzen. Die halbe Stunde solle nicht von der üblichen Zeit abgehen, sondern angehängt werden. Er habe festgestellt, dass die Dringlichkeit von Anträgen mit Unterstützung der Verwaltung so instrumentalisiert worden sei, dass die Dringlichkeit nach Gutdünken und nach politischer Interessenlage festgelegt werde. Eine aktuelle Stunde sei ein geeignetes Instrument, offen zu debattieren.

 

Oberbürgermeister MÄDGE verwahrt sich dagegen, dass die Verwaltung die Dringlichkeit nach Gutdünken auslege, sie arbeite ausschließlich nach Recht und Gesetz.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion bei 9 Ja-Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE ab.

 

(01/R)