Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Beigeordneter
DÖRBAUM schlägt die
Überweisung des Antrages zur weiteren Behandlung in den Sozial- und
Gesundheitsausschuss vor. Der Rat sei zwar nicht zuständig, man wolle aber über
das Thema diskutieren und im Ausschuss nähere Informationen einholen. Ratsherr
RIECHEY erläutert,
dass die Selbstverpflichtung der Banken zustande gekommen sei, um einer
Gesetzesinitiative zuvorzukommen. Im letzten Sachstandsbericht im Jahre 2006
kam die Bundesregierung zu dem Schluss, dass die Umsetzung nur sehr mangelhaft
vorangehe. Ein Girokonto sei im heutigen Alltagsleben unabdingbar. Die
Sparkasse Lüneburg habe die Selbstverpflichtung unterzeichnet, die
Bereitstellung des Kontos sei jedoch gebührenpflichtig und koste 48 Euro pro
Jahr. Dies könne von sozial Schwachen kaum finanziert werden. Der Ansatz für
Kontoführungsgebühren liege bei einem Hartz-IV-Empfänger bei monatlich 36 Cent.
Zu diskutieren sei sowohl die Umsetzung der Selbstverpflichtung, als auch die
Frage der Gebühren, dies müsse separat betrachtet werden.
Schuldnerberatungsstellen hätten immer wieder beobachtet, dass Kunden ein
solches Konto verwehrt werde, allein in Hamburg habe es in einem Zeitraum von
zehn Monaten vierhundert unbegründete Verweigerungen gegeben. Der Rat müsse
durch Einbringung in die Gremien der Sparkasse ein Zeichen setzen, dass die
Umsetzung der Selbstverpflichtung verbessert werde. Die Forderung von Gebühren
sei ungerecht, wenn man bedenke, dass Kunden mit einem Einkommen über
eintausend Euro oftmals ein Girokonto kostenlos zur Verfügung gestellt werde.
Gerade Menschen mit einem Einkommen unter dieser Grenze müsse ein kostenloses
Konto gewährt werden. Die Finanzierung sei ohne weiteres möglich. Selbst wenn
sich die Zahl der derzeit existierenden 1.700 solcher Konten verdoppeln würde,
führte dies zu Kosten in Höhe von 160.000 Euro. Im Vergleich dazu weise der
letzte Geschäftsbericht der Sparkasse einen Überschuss in Höhe von 3,3
Millionen Euro aus. Über die Gebührenhöhe entscheide zwar der Vorstand der
Sparkasse, eine Einflussnahme der Stadt als Träger mit einem 40prozentigen
Anteil halte er aber für möglich. Die Beteiligungsvertreter der Stadt im
Zweckverband könnten im übrigen über die Verwendung der Überschüsse
entscheiden. Ratsherr
SRUGIS bestätigt
die Notwendigkeit, in der heutigen Zeit über ein Konto zu verfügen. Allerdings
habe beispielsweise die Agentur für Arbeit für Menschen ohne Konto eine
Möglichkeit in Form einer Auszahlung zur Verrechnung geschaffen. Dies werde
leider nur minimal genutzt, die meisten Berechtigten wüssten davon nichts.
Wichtiger sei aber, dass die Sparkasse schon lange vor der Selbstverpflichtung
solche Konten angeboten habe. Die Banken könnten die Einrichtung eines Kontos
ablehnen, wenn es unzumutbar sei. Das Oberlandesgericht Bremen habe in diesem
Zusammenhang gerade kürzlich den Antrag eines Klägers gegen die Bremer
Sparkasse abgewiesen. Gegen die Gebührenfreiheit gebe es zwei wichtige Gründe.
Die Satzung der Sparkasse besage, dass es nicht vorrangiges Ziel des
Unternehmens sei, Gewinne zu erzielen, daher kalkuliere die Sparkasse gerade im
Bereich der Konten durchaus knapp, gerade einmal kostendeckend. Die Überschüsse
dienten zur Schaffung einer ausreichenden Eigenkapitalbildung als Grundlage für
die Vergabe von Krediten. Wichtiger noch für die Stadt sei die Unterstützung
durch die Sparkasse im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich. Eine
Belastung im Einnahmebereich bedeute, dass für diese Aufgaben weniger Geld zur
Verfügung stünde. Die soziale Marktwirtschaft erlaube den Unternehmen, ihre
Preise selbständig zu kalkulieren, die Politik dürfe nur indirekt bei
lebensnotwendigen Gütern oder Diensten eingreifen. Es müsse eher dafür Sorge
getragen werden, den Ansatz für Kontoführungsgebühren in den Sozialleistungen
anzuheben, wenn dieser tatsächlich nur bei 36 Cent liege. Dennoch sei es
sinnvoll, im Sozialausschuss den Vorstand der Sparkasse oder auch der Volksbank
zu diesem Thema zu hören. Beigeordnete
BAUMGARTEN wendet
ein, dass gerade die Sparkasse Lüneburg hier hervorragende Arbeit leiste. Die
Umsetzung der Selbstverpflichtung werde von Geschäftsbanken sicherlich
restriktiver gehandhabt. In der Antragsbegründung werde auf die Praxis der
Hamburger Sparkasse eingegangen, dies sei nicht auf das Vorgehen in Lüneburg
zurück zu führen. Auf die Situation in Lüneburg werde überhaupt nicht Bezug
genommen, es werde auch kein einziger Beispielfall für die Ablehnung eines
Guthabenkontos in Lüneburg angegeben. Die Verweigerung eines Kontos sei
möglich, wenn triftige Gründe für die Ablehnung vorlägen. Ansonsten werde jeder
von der Sparkasse angenommen. Die Preispolitik sei alleinige Angelegenheit des
Sparkassenvorstandes, der Verwaltungsrat sei hier nicht zuständig. Man müsse
bedenken, dass ein Konto bei der Sparkasse Kosten in Höhe von 60 bis 80 Euro
verursache, ein Guthabenkonto für 48 Euro werde bereits über Erträge in anderen
Bereichen subventioniert. Befreie man eine Kundengruppe von Gebühren, müsse
eine andere Kundengruppe diese Ausfälle über Gebührenerhöhungen oder
schlechtere Konditionen kompensieren. Dies bedeute einen sozialen Ausgleich
ohne Rücksicht darauf, ob die höher belasteten Kunden sich dies denn überhaupt
leisten könnten. Für die Gebühr von vier Euro würden erhebliche Leistungen
gebracht wie die Nutzung der über 22.000 Geldautomaten, für viele weitere
Leistungen fielen keine Zusatzkosten an. Das Argument, man könne auf Gewinne
verzichten, sei falsch, da die Gewinne für die Bildung von Eigenkapital
benötigt würden. Hierzu sei die Sparkasse verpflichtet, um Kredite vergeben zu
können. Da zunehmend ein erhöhter Kreditbedarf bestehe, müsse auch das
Eigenkapital gesteigert werden. Der Betrag von 100.000 Euro entgangenem Gewinn
bedeute eine Verringerung des Kreditspielraumes um 1,6 Millionen Euro. Die
vorgebrachten Argumente könne man sich im Ausschuss von den Experten bestätigen
lassen. Beigeordneter
BLANCK wirft ein,
hier werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Es gebe geeignetere Argumente,
als die Gefährdung der Versorgung der mittelständischen Wirtschaft mit Krediten
in Zusammenhang mit dem Gebührenverzicht bei Guthabenkonten zu bringen. Es
tauchten immer wieder Berichte auf von Menschen, die ein Guthabenkonto nicht
bekommen hätten. In seiner Zeit als Verwaltungsratsmitglied der Sparkasse seien
wiederholt Personen an ihn herangetreten und hätten die Verweigerung eines
Kontos beklagt. Es habe sich jedoch ausnahmslos herausgestellt, dass sachliche
Gründe für die Ablehnung gegeben waren. Der Antrag suggeriere, dass der Rat die
Möglichkeit habe, eine Entscheidung herbeizuführen. Dies sei aber nicht so, die
Kompetenz liege ausschließlich beim Vorstand der Sparkasse. Auch im
Verwaltungsrat könne man so nicht vorgehen, da der Verwaltungsrat zum Wohle der
Sparkasse zu entscheiden habe. Er werde aber als Anregung mitnehmen, die
Grundgebühr von zwei Euro, die für Altkunden möglich sei, auch auf Neukunden
anzuwenden. Eine Beratung im Sozialausschuss unter Einladung von Vertretern der
Sparkasse werde der Komplexität des Themas gerecht. Ratsherr
SOLDAN betont, dass
es nicht in Frage käme, eine Bevölkerungsgruppe ohne triftigen Grund von der
Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr auszuschließen. Ebenso sei es
selbstverständlich, für eine Leistung Gebühren zu nehmen. Die Beratung im
Sozialausschuss befürworte er, es müsse jedoch darauf geachtet werden, welche
Kreditinstitute eingeladen würden, da man keine Empfehlungen hinsichtlich der
Konditionen der Institute abgeben dürfe. Oberbürgermeister
MÄDGE ergänzt, dass
die Kontoführung für alle Menschen bis zum 21.Lebensjahr generell frei sei. Die
Gebühren lägen bei Altverträgen bei zwei, für Neukunden bei vier Euro
monatlich. Aus dem Regelsatz bei ALG II-Beziehern seien im Warenkorb für den
Bereich Dienstleistungen 20,16 Euro im Westen vorgesehen, hierzu gehörten auch
Kontoführungsgebühren. Dass der Ansatz insgesamt bei Hartz-IV-Leistungen knapp bemessen
ist, sei allgemein bekannt, das Bundesverfassungsgericht habe ihn aber gerade
kürzlich für ausreichend befunden. Er erinnere ausdrücklich daran, dass die
Sparkasse Lüneburg über 500.000 Euro jährlich im Bereich der Stiftungen für
soziale und kulturelle Zwecke ausgebe. Eine Verringerung auf der Einnahmeseite
würde sich unmittelbar auf diesen Betrag auswirken. Jeder Empfänger von
Sozialleistungen werde auf die Möglichkeit hingewiesen, ein Guthabenkonto
einzurichten. Auch ihm sei kein Fall bekannt, in dem jemandem die Einrichtung
eines Kontos ohne Vorliegen sachlicher Gründe verweigert worden sei.
Sinnvoller, als an jene Institute heranzutreten, die diesen Service bereits
anböten und sich dadurch belasteten, sei es, darauf hinzuwirken, dass Guthabenkonten
gleichermaßen von allen Banken und Sparkassen zur Verfügung gestellt würden. Beschluss: Der
Rat der Stadt Lüneburg beschließt einstimmig: Der
Antrag wird zur weiteren Beratung in den Sozial- und Gesundheitsausschuss
überwiesen. (5) |
||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||||