Bürgerinformationssystem

Auszug - Jedermann-Konto (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 29.11.2006)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 6.4
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Do, 18.01.2007    
Zeit: 17:00 - 19:45 Anlass: Sitzung
VO/2149/06 Jedermann-Konto (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 29.11.2006)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Fraktion DIE LINKE
Verfasser:Herr Bodendieck
Federführend:Bereich 53 - Frühkindliche Bildung und Betreuung Beteiligt:Bereich 50 - Service und Finanzen
Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter DÖRBAUM schlägt die Überweisung des Antrages zur weiteren Behandlung in den Sozial- und Gesundheitsausschuss vor. Der Rat sei zwar nicht zuständig, man wolle aber über das Thema diskutieren und im Ausschuss nähere Informationen einholen.

 

Ratsherr RIECHEY erläutert, dass die Selbstverpflichtung der Banken zustande gekommen sei, um einer Gesetzesinitiative zuvorzukommen. Im letzten Sachstandsbericht im Jahre 2006 kam die Bundesregierung zu dem Schluss, dass die Umsetzung nur sehr mangelhaft vorangehe. Ein Girokonto sei im heutigen Alltagsleben unabdingbar. Die Sparkasse Lüneburg habe die Selbstverpflichtung unterzeichnet, die Bereitstellung des Kontos sei jedoch gebührenpflichtig und koste 48 Euro pro Jahr. Dies könne von sozial Schwachen kaum finanziert werden. Der Ansatz für Kontoführungsgebühren liege bei einem Hartz-IV-Empfänger bei monatlich 36 Cent. Zu diskutieren sei sowohl die Umsetzung der Selbstverpflichtung, als auch die Frage der Gebühren, dies müsse separat betrachtet werden. Schuldnerberatungsstellen hätten immer wieder beobachtet, dass Kunden ein solches Konto verwehrt werde, allein in Hamburg habe es in einem Zeitraum von zehn Monaten vierhundert unbegründete Verweigerungen gegeben. Der Rat müsse durch Einbringung in die Gremien der Sparkasse ein Zeichen setzen, dass die Umsetzung der Selbstverpflichtung verbessert werde. Die Forderung von Gebühren sei ungerecht, wenn man bedenke, dass Kunden mit einem Einkommen über eintausend Euro oftmals ein Girokonto kostenlos zur Verfügung gestellt werde. Gerade Menschen mit einem Einkommen unter dieser Grenze müsse ein kostenloses Konto gewährt werden. Die Finanzierung sei ohne weiteres möglich. Selbst wenn sich die Zahl der derzeit existierenden 1.700 solcher Konten verdoppeln würde, führte dies zu Kosten in Höhe von 160.000 Euro. Im Vergleich dazu weise der letzte Geschäftsbericht der Sparkasse einen Überschuss in Höhe von 3,3 Millionen Euro aus. Über die Gebührenhöhe entscheide zwar der Vorstand der Sparkasse, eine Einflussnahme der Stadt als Träger mit einem 40prozentigen Anteil halte er aber für möglich. Die Beteiligungsvertreter der Stadt im Zweckverband könnten im übrigen über die Verwendung der Überschüsse entscheiden.

 

Ratsherr SRUGIS bestätigt die Notwendigkeit, in der heutigen Zeit über ein Konto zu verfügen. Allerdings habe beispielsweise die Agentur für Arbeit für Menschen ohne Konto eine Möglichkeit in Form einer Auszahlung zur Verrechnung geschaffen. Dies werde leider nur minimal genutzt, die meisten Berechtigten wüssten davon nichts. Wichtiger sei aber, dass die Sparkasse schon lange vor der Selbstverpflichtung solche Konten angeboten habe. Die Banken könnten die Einrichtung eines Kontos ablehnen, wenn es unzumutbar sei. Das Oberlandesgericht Bremen habe in diesem Zusammenhang gerade kürzlich den Antrag eines Klägers gegen die Bremer Sparkasse abgewiesen. Gegen die Gebührenfreiheit gebe es zwei wichtige Gründe. Die Satzung der Sparkasse besage, dass es nicht vorrangiges Ziel des Unternehmens sei, Gewinne zu erzielen, daher kalkuliere die Sparkasse gerade im Bereich der Konten durchaus knapp, gerade einmal kostendeckend. Die Überschüsse dienten zur Schaffung einer ausreichenden Eigenkapitalbildung als Grundlage für die Vergabe von Krediten. Wichtiger noch für die Stadt sei die Unterstützung durch die Sparkasse im wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Bereich. Eine Belastung im Einnahmebereich bedeute, dass für diese Aufgaben weniger Geld zur Verfügung stünde. Die soziale Marktwirtschaft erlaube den Unternehmen, ihre Preise selbständig zu kalkulieren, die Politik dürfe nur indirekt bei lebensnotwendigen Gütern oder Diensten eingreifen. Es müsse eher dafür Sorge getragen werden, den Ansatz für Kontoführungsgebühren in den Sozialleistungen anzuheben, wenn dieser tatsächlich nur bei 36 Cent liege. Dennoch sei es sinnvoll, im Sozialausschuss den Vorstand der Sparkasse oder auch der Volksbank zu diesem Thema zu hören.

 

Beigeordnete BAUMGARTEN wendet ein, dass gerade die Sparkasse Lüneburg hier hervorragende Arbeit leiste. Die Umsetzung der Selbstverpflichtung werde von Geschäftsbanken sicherlich restriktiver gehandhabt. In der Antragsbegründung werde auf die Praxis der Hamburger Sparkasse eingegangen, dies sei nicht auf das Vorgehen in Lüneburg zurück zu führen. Auf die Situation in Lüneburg werde überhaupt nicht Bezug genommen, es werde auch kein einziger Beispielfall für die Ablehnung eines Guthabenkontos in Lüneburg angegeben. Die Verweigerung eines Kontos sei möglich, wenn triftige Gründe für die Ablehnung vorlägen. Ansonsten werde jeder von der Sparkasse angenommen. Die Preispolitik sei alleinige Angelegenheit des Sparkassenvorstandes, der Verwaltungsrat sei hier nicht zuständig. Man müsse bedenken, dass ein Konto bei der Sparkasse Kosten in Höhe von 60 bis 80 Euro verursache, ein Guthabenkonto für 48 Euro werde bereits über Erträge in anderen Bereichen subventioniert. Befreie man eine Kundengruppe von Gebühren, müsse eine andere Kundengruppe diese Ausfälle über Gebührenerhöhungen oder schlechtere Konditionen kompensieren. Dies bedeute einen sozialen Ausgleich ohne Rücksicht darauf, ob die höher belasteten Kunden sich dies denn überhaupt leisten könnten. Für die Gebühr von vier Euro würden erhebliche Leistungen gebracht wie die Nutzung der über 22.000 Geldautomaten, für viele weitere Leistungen fielen keine Zusatzkosten an. Das Argument, man könne auf Gewinne verzichten, sei falsch, da die Gewinne für die Bildung von Eigenkapital benötigt würden. Hierzu sei die Sparkasse verpflichtet, um Kredite vergeben zu können. Da zunehmend ein erhöhter Kreditbedarf bestehe, müsse auch das Eigenkapital gesteigert werden. Der Betrag von 100.000 Euro entgangenem Gewinn bedeute eine Verringerung des Kreditspielraumes um 1,6 Millionen Euro. Die vorgebrachten Argumente könne man sich im Ausschuss von den Experten bestätigen lassen.

 

Beigeordneter BLANCK wirft ein, hier werde mit Kanonen auf Spatzen geschossen. Es gebe geeignetere Argumente, als die Gefährdung der Versorgung der mittelständischen Wirtschaft mit Krediten in Zusammenhang mit dem Gebührenverzicht bei Guthabenkonten zu bringen. Es tauchten immer wieder Berichte auf von Menschen, die ein Guthabenkonto nicht bekommen hätten. In seiner Zeit als Verwaltungsratsmitglied der Sparkasse seien wiederholt Personen an ihn herangetreten und hätten die Verweigerung eines Kontos beklagt. Es habe sich jedoch ausnahmslos herausgestellt, dass sachliche Gründe für die Ablehnung gegeben waren. Der Antrag suggeriere, dass der Rat die Möglichkeit habe, eine Entscheidung herbeizuführen. Dies sei aber nicht so, die Kompetenz liege ausschließlich beim Vorstand der Sparkasse. Auch im Verwaltungsrat könne man so nicht vorgehen, da der Verwaltungsrat zum Wohle der Sparkasse zu entscheiden habe. Er werde aber als Anregung mitnehmen, die Grundgebühr von zwei Euro, die für Altkunden möglich sei, auch auf Neukunden anzuwenden. Eine Beratung im Sozialausschuss unter Einladung von Vertretern der Sparkasse werde der Komplexität des Themas gerecht.

 

Ratsherr SOLDAN betont, dass es nicht in Frage käme, eine Bevölkerungsgruppe ohne triftigen Grund von der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr auszuschließen. Ebenso sei es selbstverständlich, für eine Leistung Gebühren zu nehmen. Die Beratung im Sozialausschuss befürworte er, es müsse jedoch darauf geachtet werden, welche Kreditinstitute eingeladen würden, da man keine Empfehlungen hinsichtlich der Konditionen der Institute abgeben dürfe.

 

Oberbürgermeister MÄDGE ergänzt, dass die Kontoführung für alle Menschen bis zum 21.Lebensjahr generell frei sei. Die Gebühren lägen bei Altverträgen bei zwei, für Neukunden bei vier Euro monatlich. Aus dem Regelsatz bei ALG II-Beziehern seien im Warenkorb für den Bereich Dienstleistungen 20,16 Euro im Westen vorgesehen, hierzu gehörten auch Kontoführungsgebühren. Dass der Ansatz insgesamt bei Hartz-IV-Leistungen knapp bemessen ist, sei allgemein bekannt, das Bundesverfassungsgericht habe ihn aber gerade kürzlich für ausreichend befunden. Er erinnere ausdrücklich daran, dass die Sparkasse Lüneburg über 500.000 Euro jährlich im Bereich der Stiftungen für soziale und kulturelle Zwecke ausgebe. Eine Verringerung auf der Einnahmeseite würde sich unmittelbar auf diesen Betrag auswirken. Jeder Empfänger von Sozialleistungen werde auf die Möglichkeit hingewiesen, ein Guthabenkonto einzurichten. Auch ihm sei kein Fall bekannt, in dem jemandem die Einrichtung eines Kontos ohne Vorliegen sachlicher Gründe verweigert worden sei. Sinnvoller, als an jene Institute heranzutreten, die diesen Service bereits anböten und sich dadurch belasteten, sei es, darauf hinzuwirken, dass Guthabenkonten gleichermaßen von allen Banken und Sparkassen zur Verfügung gestellt würden.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg beschließt einstimmig:

 

Der Antrag wird zur weiteren Beratung in den Sozial- und Gesundheitsausschuss überwiesen.

 

(5)