Bürgerinformationssystem
Sachverhalt:
Die Gruppe Die Partei/Die Linke hat den beigefügten Antrag gestellt.
Die Verwaltung nimmt dazu wie folgt Stellung:
Die Verwaltung teilt grundsätzlich das Ansinnen, weitere Tempo-30-Zonen einzurichten. Allerdings kann sie den Antrag an dieser Stelle nicht unterstützen, weil er einen Vorgriff auf die Erstellung des Lärmaktionsplanes in seiner 4. Stufe und daraus resultierende nachgelagerte Prüfungen bedeuten würde. Die Fertigstellung des Lärmaktionsplanes (LAP) ist insoweit Grundlage weiterer Untersuchungen, ob in besonders von Verkehrslärm betroffenen Straßenabschnitten lärmreduzierende Maßnahmen ergriffen werden sollten und welche Maßnahmen nach einer Einzelfallabwägung hierfür in Betracht kommen.
Verkehrsbeschränkungen aus Lärmschutzgründen wie das mit dem Antrag verfolgte Tempolimit in den genannten Straßen sind rechtlich grundsätzlich möglich, aber gemäß § 45 Abs. 9 Straßenverkehrsordnung (StVO) nur dort, wo dies aufgrund der besonderen Umstände zwingend geboten ist. Insbesondere dürfen Beschränkungen und Verbote des fließenden Verkehrs nur angeordnet werden, wenn aufgrund der besonderen örtlichen Verhältnisse eine Gefahrenlage besteht, die das allgemeine Risiko einer Beeinträchtigung der in § 45 StVO genannten Rechtsgüter erheblich übersteigt.
Auf Hauptverkehrsstraßen (häufig Bundes- und Landesstraßen) hat das Interesse des fließenden Verkehrs besonderes Gewicht, weil diese Straßen ihre Aufgabe, dichten Verkehr auch über längere Entfernungen zügig zu ermöglichen und das übrige Straßennetz zu entlasten, nur erfüllen können, wenn möglichst wenige Verkehrsbeschränkungen vorhanden sind. Nach ihrem Widmungszweck dienen gerade die sog. klassifizierten Straßen der Aufnahme der überregionalen Verkehrsströme.
Nach den Richtlinien für straßenverkehrsrechtliche Maßnahmen zum Schutz der Wohnbevölkerung vor Lärm (Lärmschutz-Richtlinien StV) des Bundesverkehrsministeriums ist vor Anordnung straßenverkehrsrechtlicher Maßnahmen der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu beachten und insbesondere das Erfordernis nach § 45 Abs. 9 StVO festzustellen. In die Abwägung der Vor- und Nachteile von Einzelmaßnahmen ist u.a. das quantitative Ausmaß der Lärmbeeinträchtigungen einzustellen.
Der Begründung des Antrages liegt eine Lärmkarte zugrunde, die im Ausschuss für Umwelt, Klima, Grünflächen und Forsten am 22.05.2024 vorgestellt wurde. Es handelt sich dabei um eine Übersichtskarte, erstellt auf der Grundlage eines Berechnungsverfahrens der EU. Sie soll ein Instrument sein, um besonders von Lärm betroffene Straßenabschnitte und die Anzahl der dort wohnenden Menschen in einem ersten Schritt zu identifizieren und im Einzelnen zu betrachten.
Die Lärmaktionsplanung soll mögliche Maßnahmen zur Lärmreduzierung als reine Steuerungselemente nennen. Im Vorwege ist die Öffentlichkeit zu beteiligen. Nach fünf Jahren ist in der nächsten Stufe des dann zu erarbeitenden Lärmaktionsplanes eine Wirksamkeit von vorgeschlagenen Maßnahmen zu betrachten. Ein auf rechtlicher Grundlage herzuleitender Anspruch auf Lärmschutz entsteht aus einem Lärmaktionsplan heraus nicht.
Die straßenverkehrsrechtliche Anordnung einer im Antrag genannten dauerhaften Reduzierung der Geschwindigkeit in geschlossenen Ortschaften aufgrund von Lärm bedarf einer umfangreichen straßenverkehrsrechtlichen Bewertung und Abwägung. Eine entsprechende Anordnung ist rechtlich angreifbar.
Bei der behördlichen Prüfung sind verschiedene Aspekte sorgfältig abzuwägen. Ein wesentlicher Aspekt ist eine konkrete, gebäudescharfe Analyse der Auswirkungen des Lärms mittels eines spezifischen, dem deutschen Recht entsprechenden Berechnungsverfahrens. Es ist zum Beispiel eine Häuserfront über die einzelnen Etagen bzw. verschiedene Höhen zu betrachten. Bauleitplanerische Aspekte sind einzuarbeiten (Wohnen, Gewerbe, Industrie). Ferner ist zu prüfen, inwieweit ein allgemein lärmreduzierender Verkehrsfluss gestört werden würde oder durch entstehende neue Verkehrsströme bzw. Verkehrsverlagerungen Dritte zusätzlich durch Verkehrslärm belastet werden. Im Folgenden sind unter anderem Polizei und Straßenbaulastträger zu beteiligen. In der Summe einzelner Aspekte soll nach den Lärmschutz-Richtlinien-StV mit einer straßenverkehrsrechtlichen Maßnahme – hier der Anordnung eines Tempolimits – mindestens eine Pegelminderung von mindestens 3 dB(A) erreicht werden.
Diese differenzierte Betrachtung kann im Rahmen der Erstellung des Lärmaktionsplanes nicht geleistet werden. Dieser soll Anregungen und Hinweise für weitere Betrachtungen darlegen, ohne einzelne Maßnahmen festzulegen, die einer eingehenden rechtlichen Prüfung möglicherweise nicht standhalten.
Der Deutsche Städtetag hat sich bereits dafür eingesetzt, die Möglichkeiten von Kommunen, das Tempo auf Straßen zu reduzieren, zu erleichtern. Bei der Aktualisierung des Straßenverkehrsgesetzes im November 2023 wurde seitens des Gesetzgebers diesem Ansinnen jedoch nicht in gewünschtem Umfang gefolgt. Es ist geboten, die derzeitige 4. Phase der Lärmaktionsplanung gemäß den Vorgaben des Immissionsschutzrechtes durchzuführen und die Empfehlungen für besonders von Verkehrslärm betroffene Straßenabschnitte zu sichten, bevor verkehrsrechtliche Prüfungen im Sinne des Antrages angestoßen werden.
Folgenabschätzung:
A) Auswirkungen auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs
B) Klimaauswirkungen
a) CO2-Emissionen (Mehrfachnennungen sind möglich)
□ Neutral (0): durch die zu beschließende Maßnahme entstehen keine CO2-Emissionen □ Positiv (+): CO2-Einsparung (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
und/oder □ Negativ (-): CO2-Emissionen (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
b) Vorausgegangene Beschlussvorlagen
□ Die Klimaauswirkungen des zugrundeliegenden Vorhabens wurden bereits in der Beschlussvorlage VO/__________ geprüft.
c) Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur nachhaltigen Beschaffung (Beschaffungsrichtlinie)
□ Die Vorgaben wurden eingehalten. □ Die Vorgaben wurden berücksichtigt, sind aber nur bedingt anwendbar. oder □ Die Beschaffungsrichtlinie ist für das Vorhaben irrelevant.
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten (in €) a) für die Erarbeitung der Vorlage: aa) Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: c) an Folgekosten: d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Nein Teilhaushalt / Kostenstelle: Produkt / Kostenträger: Haushaltsjahr:
e) mögliche Einnahmen:
Anlagen: Antrag "Tempolimit 30 in der Schießgrabenstraße umsetzen", Antrag der Gruppe die Partei/Die Linke vom 25.05.2024
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