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Sachverhalt:
s. Antrag "Umwelt und Haushalt entlasten - Einwegsteuer jetzt!" (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18.05.2023, eingegangen am 08.06.2023)
Die ursprüngliche Vorlage VO/10716/23 wird für die Beratung des Auschusses für Umwelt, Klima, Grünflächen und Forsten fortgeschrieben und um eine umweltfachliche Stellungnahme unter I. ergänzt. Die Stellungnahme des Bereichs Steuern zur Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, städtische Beteiligungen und Digitalisierung am 24.03.2025 findet sich in dieser Vorlage unter II.
I. Stellungnahme des Bereichs Umwelt zur Sitzung des Ausschusses für Umwelt, Klima, Grünflächen und Forsten am 23.04.2025.
Ziel des Kreislaufwirtschaftsrechtes ist es, Abfälle zu vermeiden und Produkte und Stoffe möglichst im Kreislauf zu führen. Der gesamte Lebenszyklus von Produkten soll dabei betrachtet werden. Verpackungen haben in der Regel einen kurzen Lebenszyklus. Diese zu reduzieren ist daher sinnvoll.
Es wurde und wird über die EU und nationale Vorschriften der gesamte Lebensweg von der Herstellung bis zur Entsorgung betrachtet und zunehmend geregelt. Das betrifft zum einen die stoffliche Zusammensetzung des Produktes (Mindestrecycleanteile bis 2030/2040, Verbot bestimmter Stoffe, Minimierung der Größe und Verpackungsarten). Außerdem wird das Abfallmanagement (Recycling-Quote, Behandlung und die Produktverantwortung) geregelt. Die Herstellerverantwortung wurde erweitert und das Einwegkunststoffgesetz eingeführt.
Das Einwegkunststofffondsgesetz konkurriert von der Zielrichtung, Abfälle zu vermeiden , prinipiell mit einer kommunalen Verpackungssteuer, ebenso die Mehrwegpflicht nach dem Verpackungsgesetz.
Um auch die Hersteller in die Verantwortung zu nehmen, ist das Einwegkunststofffondsgesetz der letzte Baustein zur Umsetzung der Einwegkunststoffrichtlinie. Ziel ist das achtlose Wegwerfen von Plastikabfällen in die Umwelt zu begrenzen und die Ressource „Kunststoff“ grundsätzlich nachhaltiger zu bewirtschaften. Mit der Regelung werden nach dem Verursacherprinzip die Hersteller dieser Kunststoff enthaltenen Einwegprodukte mit in die Verantwortung genommen. Sie sollen die Kosten für Maßnahmen der Abfallbewirtschaftung, der Reinigung des öffentlichen Raums sowie von Sensibilisierungsmaßnahmen decken.
Das Gesetz tritt seit dem 16.05.2023 stufenweise in Kraft, wobei die Pflicht der Hersteller von Kunststoff enthaltenden Produkte zur Registrierung und zur Leistung der Abgabe in den Fonds später greifen wird. Es ist praktisch eine Sonderabgabepflicht. Hersteller von bestimmten Einwegkunststoffprodukten werden in die Verantwortung genommen, indem sie für diese Produkte eine entsprechende Abgabe in einen speziellen Fonds einzahlen. Die Registrierungspflicht gilt ab 2024, die Pflicht zur Leistung der Abgabe ab 2025. Die Höhe der Abgabe bemisst sich je nach der von ihnen in Verkehr gebrachten Art und Menge von Einwegkunststoffprodukten. Auf der anderen Seite erhält die öffentliche Hand aus dem Fonds Ersatz der ihr entstandenen Kosten für die Abfallbewirtschaftung.
Die Mehrwegpflicht verpflichtet den Letztvertreiber von Einweglebensmittelverpackungen aus Kunststoff und von Einweggetränkebechern aller Materialien, die jeweils erst beim Letztvertreiber mit Waren befüllt werden. Die Regelung greift also beim Verkauf von Speisen und Getränken zum Sofortverzehr oder zur Mitnahme. Verpflichtet sind daher alle Unternehmen, bei denen Speisen und Getränke zum Sofortverzehr vor Ort oder als Mitnahmegericht (To-Go-Bereich) in Einweglebensmittelkunststoffverpackungen oder Getränkebecher verpackt bzw. abgefüllt und an Endverbraucher*innen abgegeben werden. Beispiele hierfür sind Lieferdienste, Bäckereien, Restaurants, Bistros, Eiscafés, Kantinen, Cateringanbieter, Cafés, Imbisse aber auch Supermärkte, Tankstellen oder Lebensmittelgeschäfte. Letztvertreiber können aber auch Kinos oder Salatbars im Einzelhandel sein.
Kunden muss die Möglichkeit gegeben werden, ihre Speisen und Getränke neben der Einweglebensmittelverpackung aus Kunststoff und Einweggetränkebechern aller Art auch in einer Mehrwegverpackung bzw. einem Mehrwegbecher angeboten zu bekommen.
Gleichzeitig sind die Letztvertreiber verpflichtet, die Endverbraucher*innen in der Verkaufsstelle deutlich sicht- und lesbar durch Informationstafeln oder -schilder auf die Mehrwegmöglichkeit hinzuweisen. Im Falle einer Lieferung von Waren ist dieser Hinweis in den jeweils verwendeten Darstellungsmedien entsprechend zu geben.
Die Mehrwegangebotspflicht gilt auch, wenn die Speisen und Getränke direkt vor Ort verzehrt werden. Sofern ein Betrieb weniger als 5 Mitarbeiter*innen und weniger als 80 m² Verkaufsfläche hat und keine Mehrwegverpackungen bereitstellen möchte, muss die Möglichkeit angeboten werden, die Speisen und Getränke in eigene Mehrwegbehältnisse befüllen lassen zu können.
Dennoch besteht auch hier die Verpflichtung, die Endverbraucher*innen in der Verkaufsstelle darauf hinzuweisen, dass die Möglichkeit des Verpackens in eigene Behältnisse besteht. Für Lieferdienste gilt dies entsprechend für die genutzten Darstellungsmedien.
Festzuhalten ist, dass der Aufwand zur Beseitigung der stetig zunehmenden Mengen an Einwegverpackungen auf kommunaler Ebene zunimmt. Das gilt sowohl mit Blick auf achtlos weggeworfenen Müll wie auch für die Reinigungsintervalle der öffentlich bereitgestellten Müllbehälter, die durch großvolumige Einwegverpackungen schneller gefüllt sind. Mit den Einnahmen aus einer Verpackungssteuer könnten diese erhöhten Reinigungskosten zum Teil abgefedert werden.
Für eine bundeseinheitliche Regelung hat sich der Deutsche Städtetag ausgesprochen und will sich hierfür gegenüber der neuen Bundesregierung einsetzen, um kommunale Insellösungen und damit verbundene Wettbewerbverzerrungen zu vermeiden.
Abschließend wird auf das gemeinsame Schreiben des DEHOGA-Bezirksverbandes Lüneburg, des Handelsverbandes Harz-Heide e.V., der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stadt wowie der IHK Lüneburg-Wolfsburg vom 05.03.2025 hingewiesen (Anlage 3). In ihm warnen die Verbände vor der Einführung einer kommunalen Verpackungssteuer und schlagen alternative Maßnahmen vor, um das Ziel der Abfallvermeidung effektiv und wirtschaftsfreundlich zu gestalten.
II. Stellungnahme des Bereichs Steuern zur Sitzung des Ausschusses für Wirtschaft, städtische Beteiligungen und Digitalisierung am 24.03.2025.
Ergänzend zur Stellungnahme vom 20.06.2023 möchte der Bereich Steuern der Stadtverwaltung folgende Aktualisierung beifügen:
Aktuelle Rechtsprechung Mit Beschluss vom 27.11.2024 (BvR 1726/23) hat der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts die Verfassungsbeschwerde gegen die Satzung der Universitätsstadt Tübingen über die Erhebung einer Verpackungssteuer (Verpackungssteuersatzung) zurückgewiesen.
Mit der Verpackungssteuersatzung erhebt die Universitätsstadt Tübingen seit dem 1. Januar 2022 eine Steuer auf den Verbrauch nicht wiederverwendbarer Verpackungen sowie nicht wiederverwendbaren Geschirrs und Bestecks, sofern Speisen und Getränke darin bzw. damit für den unmittelbaren Verzehr an Ort und Stelle oder als mitnehmbares take-away-Gericht oder -Getränk verkauft werden. Zur Entrichtung der Steuer ist der Endverkäufer von entsprechenden Speisen und Getränken verpflichtet.
Die Beschwerdeführerin betrieb ein Schnellrestaurant im Gebiet der Universitätsstadt Tübingen. Gegen die Besteuerung des Verbrauchs der von ihr verwendeten Einwegartikel stellte sie einen Normenkontrollantrag, den das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 24. Mai 2023 im Wesentlichen abgelehnt hat.
Die gegen diese Entscheidung gerichtete Verfassungsbeschwerde blieb ohne Erfolg. Insbesondere handelt es sich bei der Verpackungssteuer auch insoweit um eine „örtliche“ Verbrauchsteuer im Sinne des Art. 105 Abs. 2a Satz 1 Grundgesetz (GG), als der Verbrauch von Einwegartikeln beim Verkauf von „mitnehmbaren take-away-Gerichten oder -Getränken“ besteuert wird. Der mit der Verpackungssteuersatzung bezweckte Anreiz zur Verwendung von Mehrwegsystemen widerspricht auch keiner seit ihrem Inkrafttreten maßgeblichen Konzeption des bundesrechtlichen Abfallrechts.
Umsetzung im Stadtgebiet der Hansestadt Lüneburg Die Umsetzung einer Verpackungssteuer im Stadtgebiet der Hansestadt Lüneburg ist grundsätzlich durch die aktuelle Rechtsprechung möglich bzw. rechtmäßig. Ziel wäre, die Einwegverpackungen und somit das Gesamtvolumen von Abfällen im Stadtgebiet der Hansestadt Lüneburg nachhaltig zu reduzieren.
Eine Einführung der neuen Verpackungssteuer erfordert als komplexer und langfristiger Prozess eine sorgfältige Planung und intensive Vorbereitung. Neben den rechtlichen und administrativen Aspekten spielt dabei insbesondere die Öffentlichkeitsarbeit sowie das Stakeholdermanagement eine entscheidende Rolle.
Eine neue Steuer trifft immer auf unterschiedliche Interessen und Betroffenheiten. Um Akzeptanz in der Gesellschaft zu schaffen und Widerstände zu minimieren, ist eine frühzeitige und transparente Kommunikation essenziell. Diese sollte die Information der Öffentlichkeit über die Notwendigkeit und Zielsetzung der Steuer beinhalten und auch den Dialog mit relevanten Stakeholdern, wie Interessenverbänden (IHK, HWK, Dehoga etc.) sowie betroffene Betriebe. Insbesondere die Interessenverbände positionieren sich bereits gegenüber den Kommunen und Spitzenverbänden und bitten von einer Verpackungssteuer Abstand zu nehmen. Umso wichtiger wäre, durch umfassende Aufklärung und einen konstruktiven Austausch Vertrauen aufzubauen und Verständnis für die Maßnahme zu schaffen.
Folgende Betriebe könnten insbesondere von der Verpackungssteuer betroffen sein:
Dabei ist immer zu beachten, um welche Speise (sofortiger Verzehr möglich) und um welchen Garzustand (kalt, warm) es sich handelt, wie diese verpackt ist (Einweg oder Mehrweg) und ob Speise im Stadtgebiet oder auswärtig konsumiert wird.
Bedeutsam ist, dass die Verpackungssteuer vermutlich auch die Endkunden belasten könnte. Die betroffenen Betriebe würden zwar die Verpackungssteuer an die Hansestadt abführen, sie aber ggf. auf die Endkunden umlegen. Die Betriebe sind nicht verpflichtet, Mehrwegsysteme im Prozess zu etablieren. Dies könnte gesellschaftlich und wirtschaftlich sensible Auswirkungen haben, da sich Steuererhöhungen direkt auf das Konsumverhalten auswirken können.
Das finanzielle Steueraufkommen ist zum jetzigen Zeitpunkt schwer zu prognostizieren, da die Höhe in Abhängigkeit zum Konsumverhalten steht. Es werden Erträge aus der Verpackungssteuer von rd. 750.000 € analog der Stadt Tübingen erwartet.
Im Hinblick auf die Etablierung der Verpackungssteuer ist festzuhalten, dass sie zusätzlich personelle Ressourcen seitens der Hansestadt erfordern würde. Die Prozesse zur Erhebung, Kontrolle und Durchsetzung der Verpackungssteuer müssen effizient und praktikabel gestaltet werden, um eine reibungslose Umsetzung für alle Betroffenen zu gewährleisten.
Insgesamt zeigt sich, dass die Entscheidung über eine Einführung der neuen Verpackungssteuer weit über die reine Etablierung hinausgeht. Sie erfordert einen strategischen, gut durchdachten Ansatz, der sowohl die verwaltungsinternen Herausforderungen als auch die öffentliche Wahrnehmung aktiv berücksichtigt.
Der Fachbereich Finanzen wird entsprechend am 24.03.2025 im Ausschuss für Wirtschaft, städtische Beteiligungen und Digitalisierung zum Thema Verpackungssteuer präsentieren.
Anlagen:
1. Antrag "Umwelt und Haushalt entlasten - Einwegsteuer jetzt!" (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 18.05.2023, eingegangen am 08.06.2023) 2. Stellungnahme der Verwaltung vom 20.06.2023 3. Schreiben DEHOGA, Handelsverband Harz-Heide, Handwerkskammer und IHK Lüneburg-Wolfsburg vom 05.03.2025
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