Bürgerinformationssystem
Sachverhalt: Die Mobilitätswende erfordert eine neue Aufteilung des Verkehrsraumes mit Blick auf alle Verkehrsteilnehmenden und Verkehrsmodi. In dem Zusammenhang sind neue Standards baulicher Anlagen wie zum Beispiel Gehwege und Radwege zu berücksichtigen. Dies betrifft in der Regel vor allem die Breiten, welche bei neu errichteten Anlagen zu realisieren sind und einen Sicherheitsgewinn und höheren Nutzungskomfort bei der aktiven Mobilität bedeuten. Es ist dennoch wichtig anzumerken, dass der zur Verfügung stehende Verkehrsraum regelmäßig begrenzt ist oder sich wegen unterschiedlicher Faktoren nur mit unvertretbarem Aufwand erweitern lässt; daher müssen bei der Gestaltung der Mobilitätswende immer wieder Kompromisse geschlossen und Prioritäten gesetzt werden.
Der Entfall von Stellplätzen im öffentlichen Raum bedeutet zwar Einbußen für den sogenannten ruhenden Verkehr, ist aber oft die einzige Möglichkeit, um die o.g. Standards zugunsten des Rad- oder Fußverkehrs umsetzen zu können und nach Abwägung der Vor- und Nachteile die notwendige Maßnahme zur Förderung des Radverkehrs. Für die nachfolgend beschriebenen vier Abschnitte sind seitens der Verwaltung verschiedene Maßnahmen zur Neuaufteilung des Verkehrsraums vorgesehen, die bei Umsetzung zu einer Reduzierung von Stellflächen im öffentlichen Verkehrsraum führen.
Damit eine Fortsetzung der Planung bzw. Umsetzung erfolgen kann, bittet die Verwaltung um grundsätzliche Zustimmung zu dieser Vorgehensweise.
1. Wallstraße Seit dem Herbst 2020 ist die Wallstraße als Bestandteil des künftigen Fahrradstraßenrings offiziell eine Fahrradstraße. Die Hansestadt hat mit der Einrichtung und den seitdem erfolgten baulichen Veränderungen den ersten Abschnitt des künftigen Fahrradstraßenrings (vgl. VO/9298/20) umgesetzt.
Dennoch hat sich in dem Straßenzug die Bevorrechtigung des Radverkehrs bisher nicht durchsetzen können. Der Autoverkehr ist trotz der bisherigen einschränkenden Maßnahmen sehr stark als Durchgangs- und Parksuchverkehr vertreten. Es sind zudem auch gut 550 Busbewegungen pro Tag zu verzeichnen. Ziel muss es sein, den motorisierten Verkehr und die Einfahrtsbeschränkung restriktiver zu regeln.
Im Kern bedeutet dies, dass Parksuchverkehre zu vermeiden und damit die Parkraumbewirtschaftung mittels Parkscheinautomaten aufgegeben werden muss. Die Wallstraße wird damit eine Anliegerstraße, das Bewohnerparken bleibt freigeben. Zu einer Entlastung der Waagestraße vom ÖPNV ist die Verwaltung bereits im Austausch mit dem Landkreis als Aufgabenträger des ÖPNV. Der aktuelle Sachstand wird in der Sitzung mündlich vorgetragen.
Unabhängig hiervon wird eine Gesamtbetrachtung einschließlich der umliegenden Straßen zu erfolgen haben, da die verkehrsrechtliche Regelung "Anlieger frei" auch Auswirkungen auf diese Verkehrsbeziehungen hat. Dies betrifft vor allem die Gummastraße, Ritterstraße und An den Reeperbahnen, da diese Straßen über die Wallstraße als Anliegerstraße rechtlich nicht mehr angefahren werden dürfen. In diesem Zuge können auch Überlegungen für die Einrichtung von Parkbereichen für den Hol- und Bringverkehr der Heiligengeist-Schule einfließen sowie eine mögliche Durchgängigkeit vom Theaterparkplatz.
Die skizzierten Veränderungen werden aufgrund der o.g. Überlegungen die Verdrängung des Verkehrs und der Parkplatzsuchenden in andere Straßen zur Folge haben. Ebenso muss die Anfahrbarkeit der umliegenden Straßen möglich bleiben.
In der Wallstraße liegen auf der Südseite insgesamt 50 Parkplätze, inklusive zwei Behindertenparkplätze und auf der Nordseite, neben 8 Stellplätzen für Krafträder und zwei Behindertenparkplätze, 32 Parkplätze. Mit Ausnahme der Stellplätze für Menschen mit Behinderungen und der Krafträder werden die genannten Stellplätze in der Wallstraße in Zukunft nur noch mit Bewohnerparkausweis genutzt werden können.
Der Wegfall dieser bewirtschafteten Stellflächen hat eine Veränderung in der Parkraumbewirtschaftung zu Folge. Dieser Wegfall an Parkraum muss in der Konsequenz an anderer Stelle kompensiert und neu strukturiert werden. Dies wird bei der Erstellung des Parkraumbewirtschaftungskonzeptes berücksichtigt.
Hinweis: Einnahmen durch zwei Parkscheinautomaten (PSA) in der Wallstraße im Jahr 2021 = 29.713,48 €
2. Haagestraße In diesem Jahr soll zudem der zweite Bauabschnitt des Fahrradstraßenrings in der Haagestraße in Fortsetzung der Fahrradstraße Wallstraße erfolgen. Hierfür wurde im Rahmen des Förderprogramms "Perspektive Innenstadt!" eine 90%ige Förderung eingeworben. Derzeit sind die Stellflächen in der Haagestraße noch Querparkplätze, welche aus Sicherheitsgründen in einer Fahrradstraße nicht vorgesehen werden können.
In der Haagestraße befinden auf der Südseite neben der Ladezone derzeit 29 Parkplätze inklusive einem Parkplatz für mobilitätseingeschränkte Personen und vier Ladepunkte für Elektroautos. Nach dem Umbau werden noch 12 Parkplätze in Längsparkweise zur Verfügung stehen, exklusive der Ladepunkte.
Der Abschnitt der Haagestraße soll in der Folge ausschließlich im Rahmen der Parkraumbewirtschaftung betrieben werde, ohne dass Anwohnerparken vorgehalten wird, da die Erreichbarkeit der dort ansässigen verschiedenen Praxen aus dem Gesundheitsbereich und die Volkshochschule sichergestellt werden soll und weniger Wohnbebauung vorhanden ist. Zur Sicherstellung einer angemessenen Quote für das Bewohnerparken muss auch bei dieser Maßnahme das direkte Umfeld mitbetrachtet werden und hinsichtlich der zu erwartenden Auswirkungen der Parkraumreduzierung bewertet werden.
Hinweis: Einnahmen durch einen PSA im Jahr 2021 = 41.977,31 €
3. Auf dem Kauf Die Straße Auf dem Kauf ist Bestandteil des Fahrradstraßenrings. Gemäß VO/9298/20 ist zur Umsetzung des Fahrradstraßenrings die Freigabe der Einbahnstraße für den Radverkehr in Gegenrichtung notwendig. Auch wenn es sich (noch) um einen isolierten Abschnitt handelt, hat die Umsetzung der Maßnahme eine eigenständige Verkehrsfunktion mit Anschluss an die Ilmenaustraße und Verkehrsbeziehungen in Richtung Norden und Westen jeweils über die Lüner Straße.
Derzeit ist die Straße Auf dem Kauf eine Richtung Norden gerichtete Einbahnstraße mit Parkgelegenheiten an der Westseite. Die Straße ist im Gesamtverlauf bereits schmal und verjüngt sich in Südrichtung, weshalb sie im aktuellen Zustand noch nicht für den Radverkehr in Gegenrichtung freigegeben ist bzw. darf. Zudem gilt aktuell die innerörtliche Geschwindigkeit von 50 km/h. Anwohner:innen, Patient:innen, Lieferverkehr und Besucher:innen der Innenstadt, des Seniorenheims oder der Gastronomie nutzen derzeit vornehmlich die Parkmöglichkeiten. Dies geschieht regelmäßig vorschriftswidrig auch im Halteverbot.
Um die Straße für den Radverkehr in Gegenrichtung freigeben zu können, müssen nach der Straßenverkehrsordnung und den hierzu erlassenen Verwaltungsvorschriften folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- zulässige Höchstgeschwindigkeit von hächstens 30 km/h, - ausreichende Begegnungsbreite mit Ausnahme von kurzen Engstellen, - übersichtliche Verkehrsführung im Streckenverlauf sowie an Kreuzungen und Einmündungen, - erforderlichenfalls Anlage von Schutzraum, wo orts- und verkehrsbezogen erforderlich.
Eine ausreichende Begegnungsbreite Autoverkehr - Radverkehr ist im Bestand nicht gegeben. Um diese Voraussetzung zu erfüllen, müssen in jedem Fall die Parkgelegenheiten im öffentlichen Raum reduziert werden, weil es sich nach Bewertung der Verwaltung und Polizei nicht um eine kurze Engstelle im Sinne der Vorschrift handelt. Bei dieser Einschätzung müssen die Grundstücksausfahrten außer Betracht bleiben, da es den Eigentümer:innen der Grundstücke gestattet ist vor denselben zu parken. Dies wird hier auch durchaus genutzt. Die Freigabe des Radverkehrs entgegen der Einbahnstraße ist hier demnach nur bei Wegfall aller Parkplätze, Einrichtung von Tempo 30 und, nach Anregung der Polizeiinspektion, mit baulichen Anpassungen der Engstellen und des Einmündungsbereichs Bei der Abtspferdetränke / Auf dem Kauf möglich. Außerdem muss auch die sich dadurch verändernden Verkehrsbeziehung an der Kreuzung Auf dem Kauf, Lüner Straße, Im Wendischen Dorfe unter Umständen neu bewertet werden.
Vor diesem Hintergrund schlägt die Verwaltung vor, dass, um einen eindeutigen und übersichtlichen Verkehrsraum zu schaffen, die öffentlichen Stellplätze in der Straße Auf dem Kauf gänzlich aufgehoben werden. Für Anlieferungen an die Gewerbetreibenden kann die Beladungszone in der Straße Bei der Abtspferdetränke genutzt werden, nachts sind dort Taxistände eingerichtet. Von dieser Maßnahme sind insgesamt neun Parkplätze und die Stellplätze für Motorräder betroffen. Maßnahmen zu baulichen Anpassungen im südlichen Einmündungsbereich sind noch zu prüfen.
Hinweis: Einnahmen durch einen PSA im Jahr 2021 = 4.696,52 €
4. Hindenburgstraße Die derzeitigen Fahrspurbreiten in der Hindenburgstraße erlauben es, nach der diesjährig anstehenden Deckensanierung einen Schutzstreifen oder Radfahrstreifen auf der südlichen Seite zu markieren und gleichzeitig dieselbe Anzahl der derzeit vorhandenen Fahrspuren für den motorisierten Verkehr bedienen zu können. Allerdings sind die Flächen zwischen den Bäumen nicht breit genug für Stellplätze inklusive des anzulegenden Sicherheitstrennstreifens. Daher muss zwar einerseits die südliche Parkreihe (18 Parkplätze und 1 Behindertenparkplatz) entfallen, anderseits entsteht so ein klar aufgeteilter und sicherer Verkehrsraum mit mehr Platz für den Rad- und Fußverkehr. Sicherer ist er, da keine Dooring-Unfälle mehr auftreten können. Die Flächen zwischen den Bäumen können als Konsequenz entsiegelt und bepflanzt werden. Der derzeit baulich und farblich abgesetzte Radweg auf dem Gehweg auf der Südseite muss entfernt werden.
Die durch diese Maßnahme entfallenen Parkflächen sollen durch eine Bewirtschaftung der öffentlichen Parkfläche an der Ecke Hindenburgstraße / Langer Jammer sowie der Nordseite der Hindenburgstraße ausgeglichen werden.
Die Erweiterung der Parkraumbewirtschaftung auf der Nordseite der Hindenburgstraße ist kurzfristig und ohne Änderung der Parkgebührenordnung möglich. Berücksichtigung muss bei der Reduzierung der Stellflächen im westlichen Bereich der Hindenburgstraße die Erreichbarkeit der Kindertagesstätte bzw. des Kinderhauses finden. Maßnahmen zur Kompensation in Form von Kurzzeithaltemöglichkeiten im Umfeld sind zu prüfen.
Für jede andere Erweiterung der Parkraumbewirtschaftungszonen (z.B. Langer Jammer o.ä.) ist eine Anpassung der Parkgebührenordnung durch den Rat erforderlich. Diese sollte nach Vorlage des Verwaltungsvorschlages für ein neues Parkraumbewirtschaftungskonzept erfolgen.
Hinweis: Einnahmen durch zwei PSA in der Hindenburgstraße im Jahr 2021 = 13.531,34 €
Grundsätzliches Die genannten Änderungen haben nicht nur weniger allgemein verfügbare Parkplätze im Innenstadtgebiet, sondern auch weniger Einnahmen durch die Bewirtschaftung derselben zur Konsequenz. Hier sind Prüfungen anzustellen, diese Reduzierung zu kompensieren oder die Inanspruchnahme von anderem Parkraum attraktiver gestalten.
Es ist allerdings wichtig darzustellen, dass die Parkraumbewirtschaftung auch zur verkehrsgestalterischen Lenkung von Verkehrsflüssen dient.
Da der Wegfall bewirtschafteter Stellflächen eine Veränderung gerade in den umliegenden Straßenzügen zur Folge hat, muss auch dieser Auswirkung Rechnung getragen werden. Eine Kompensation und damit Neustrukturierung wird angestrebt. Parallel wird die Verwaltungen gemeinsam mit der städtischen Lüneburger Parkhaus und Parkraum Verwaltungs GmbH die derzeitige Auslastung der Parkhäuser untersuchen, um ggf. mit einem neuen attraktiveren Preismodell mehr Parkende in die Parkhäuser statt in den öffentlichen Raum zu lenken.
Es wird in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass für den Gesamtbereich der Hansestadt derzeit ein Gutachten zur Parkraumbewirtschaftung (auch unter Berücksichtigung der Parkhäuser) erstellt wird, das im Spätsommer vorliegen soll. Die sich hieraus ergebenden Erkenntnisse und ggf. neuen Ansätze und Empfehlungen für die Bewirtschaftung des Parkraumes und der Bewohnerparkzonen werden in die weiteren Maßnahmenschritte einfließen.
Bestreben der Hansestadt ist es, diesen dynamischen und veränderungsreichen Prozess einer Mobilitätswende unter Würdigung der Bedürfnisse aller Verkehrsteilnehmer, der Anlieger und Gewerbetreibenden umzusetzen. Eingriffe in bestehende verkehrliche Strukturen sollen unter Berücksichtigung des Gesamtziels einer Neuaufteilung des Verkehrsraumes sorgfältig abgewogen und unter angemessener Einbindung der Anwohnerschaft stattfinden. Dabei ist ein schrittweises Vorgehen im Stadtgebiet mit verträglichen und kompensierbaren Auswirkungen im Quartier das Ziel.
Folgenabschätzung:
A) Auswirkungen auf die Ziele der nachhaltigen Entwicklung Lüneburgs
B) Klimaauswirkungen
a) CO2-Emissionen (Mehrfachnennungen sind möglich)
□ Neutral (0): durch die zu beschließende Maßnahme entstehen keine CO2-Emissionen X Positiv (+): CO2-Einsparung (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
und/oder □ Negativ (-): CO2-Emissionen (sofern zu ermitteln): ________ t/Jahr
b) Vorausgegangene Beschlussvorlagen
□ Die Klimaauswirkungen des zugrundeliegenden Vorhabens wurden bereits in der Beschlussvorlage VO/__________ geprüft.
c) Richtlinie der Hansestadt Lüneburg zur nachhaltigen Beschaffung (Beschaffungsrichtlinie)
□ Die Vorgaben wurden eingehalten. □ Die Vorgaben wurden berücksichtigt, sind aber nur bedingt anwendbar. oder X Die Beschaffungsrichtlinie ist für das Vorhaben irrelevant.
Finanzielle Auswirkungen:
Kosten (in €) a) für die Erarbeitung der Vorlage: 150,00 € aa) Vorbereitende Kosten, z.B. Ausschreibungen, Ortstermine, etc. b) für die Umsetzung der Maßnahmen: c) an Folgekosten: d) Haushaltsrechtlich gesichert: Ja Teilhaushalt / Kostenstelle: Produkt / Kostenträger: Haushaltsjahr:
e) mögliche Einnahmen:
Anlagen:
Beschlussvorschlag:
Der Umsetzung der vorgestellten Maßnahmen wird dem Grunde nach zugestimmt und die Verwaltung damit beauftragt, die Planungen zur Neuaufteilung des Verkehrsraumes mit der Notwendigkeit zur Umsetzung von Kompensationsmaßnahmen fortzusetzen. Über den Fortschritt der Einzelmaßnahmen wird dem Fachausschuss berichtet.
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