Bürgerinformationssystem

Auszug - Keine weitere Öffnung der Innenstadt zu besonderen kirchlichen Feiertagen und in der Adventszeit in Lüneburg (Antrag der CDU-Fraktion vom 28.02.05, eingegangen am 10.03.05, sowie Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP vom 21.04.05)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 6.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Mi, 27.04.2005    
Zeit: 17:00 - 19:30 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/1464/05 Keine weitere Öffnung der Innenstadt zu besonderen kirchlichen Feiertagen und in der Adventszeit in Lüneburg (Antrag der CDU-Fraktion vom 28.02.05, eingegangen am 10.03.05, sowie Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP vom 21.04.05)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der CDU-Fraktion
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:Bereich 32 - Ordnung und Verkehr
Bearbeiter/-in: Plett, Anke   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter ALTHUSMANN macht deutlich, wer den Sonntag abschaffe, mache alle Tage zu Werktagen. Er zeigt die allmähliche Verlängerung der Ladenöffnungszeiten seit den fünfziger Jahren auf. Für mehr Umsatz oder mehr Arbeitsplätze im Einzelhandel habe die Aufweichung des Ladenschlussgesetzes nicht gesorgt, im Gegenteil, laut offiziellen Gutachten zu dem Thema seien in vielen Kleinbetrieben Vollarbeitsplätze zu Gunsten von geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen verloren gegangen; viele könnten mit den großen Konzernen gar nicht mehr mithalten und hätten bereits schließen müssen. Der Sonntagsschutz habe im Übrigen Verfassungsrang, das sei auch durch das Bundesverfassungsgericht bestätigt worden. Die von der Werbe- und Parkgemeinschaft zur Sonntagsöffnung beantragten Sonntage seien zudem besondere kirchliche Feiertage, nämlich das Erntedankfest und ein Adventssonntag. Diese Pläne hätten der Fairness halber zuerst mit Rat und Verwaltung besprochen werden sollen. Die CDU-Fraktion plädiere eindeutig für eine Ladenöffnung von Montag bis Samstag bis zu 24 Stunden am Tag. An Sonntagen sollten dafür aber die Läden konsequent geschlossen bleiben, denn der Sonntag habe eine herausragende Bedeutung für die Familien, die gerade in der heutigen Gesellschaft, in der soziale und religiöse Bindungen abnähmen, wichtig sei. Auch die Kirchen beobachteten die Entwicklung der schleichenden Aushöhlung der Sonn- und Feiertage mit Sorge, insofern erstaune ihn die zustimmende Stellungnahme der hiesigen Kirchengemeinden zu dem Antrag der W+P.

 

Beigeordneter DÖRBAUM betont, auch für seine Fraktion habe der Sonntagsschutz einen sehr hohen Stellenwert, man habe sich die Entscheidung zu dem Änderungsantrag nicht leicht gemacht. Es gebe aber eine gesetzliche Vorgabe, die für 4 Sonntage im Jahr eine Ladenöffnung zulasse, wenn diese mit besonderen Veranstaltungen gekoppelt sei. Diese Möglichkeit sei in den letzten Jahren nie voll ausgeschöpft worden. Das Erntedankfest falle in diesem Jahr mit den Sülfmeistertagen zusammen, für die eine Sonntagsöffnung sehr sinnvoll erscheine, um den zahlreichen Besuchern das „Kaufhaus Innenstadt“ präsentieren zu können und sie zu weiteren Besuchen in Lüneburg anzuregen. Mit den Veranstaltern sei bereits besprochen worden, dass die Sülfmeistertage in den nächsten Jahren nicht mehr auf den Erntedanksonntag gelegt werden sollen, bzw. zum Erntedankfest künftig keine Sonntagsöffnungen mehr genehmigt werden. Die Adventssonntage sollten besonders geschützt sein, auch wenn sie nicht im Dezember lägen, deshalb könne für den 27.11.05 keine Zustimmung gewährt werden.

 

Bürgermeisterin SCHELLMANN erinnert daran, dass es mit der Sonntagsöffnung nicht darum gehe, mehr Umsatz durch die Einheimischen zu machen oder mehr Arbeitsplätze zu schaffen, sondern darum, Menschen aus der Region und von weiter her mit besonderen Veranstaltungen in die Innenstadt zu locken und deren Kaufkraft abzuschöpfen. Sie sei aber grundsätzlich eher für die Liberalisierung der Ladenöffnungszeiten an 6 Tagen in der Woche. Man sollte dem Kommerz jedoch nicht alles opfern, deshalb müsste der Sonntag weiterhin geschützt bleiben. Ausnahmen könne es natürlich wie bisher im gesetzlichen Umfang in geringem Maße geben, jedoch nicht an besonderen Feiertagen. Prinzipiell sollten die Kaufleute diese Regelungen in einem gewissen Rahmen selbst treffen können, das würde zur Entbürokratisierung beitragen. (Geändert nach Genehmigung der Niederschrift durch den Rat am 28.06.05)

 

Ratsfrau VERLINDEN teilt mit, Teile ihrer Fraktion unterstützten den Antrag der CDU-Fraktion in der Sache. Die genannten religiösen Gründe könne sie zwar akzeptieren, habe aber eher den Eindruck, dass mit den Sonntagsöffnungen Konsum als Selbstzweck und Freizeitbeschäftigung propagiert werde, was sie nicht politisch unterstützen wolle. Sie könne auch nicht nachvollziehen, wieso die Geschäfte zu den Sülfmeistertagen öffnen sollten, wenn die Menschen doch an den Veranstaltungen teilnehmen und nicht einkaufen sollten. Jährlich im November werde übrigens seit 11 Jahren weltweit der buy-nothing-day ausgerufen, an dem die Leute aufgefordert würden, gar nichts zu kaufen, sich eine Pause vom alltäglichen „Shopping-Terror“ zu gönnen und sich über die Auswirkungen des eigenen Konsumverhaltens zu informieren. Selbstverständlich brauche die Wirtschaft Abnehmer ihrer Waren, es sollte aber bewusster und verantwortungsvoller konsumiert werden. In diesem Sinne brauche die Stadt nicht noch mehr verkaufsoffene Sonntage, sondern der regionalen Wirtschaft würde eher ein Aktionstag zu regionalen, qualitativ hochwertigen und nachhaltigen Produkten gut tun.

 

Ratsherr FIRUS weist ebenfalls auf den hohen Stellenwert des Sonntags für die Gesellschaft hin. Mit dem Änderungsantrag bleibe die Gruppe SPD/FDP jedoch zu 50% unter den gesetzlichen Vorgaben. In anderen Tourismusorten werde das ganz anders gehandhabt und man müsse auch bedenken, dass in anderen Branchen Sonntagsarbeit ganz selbstverständlich sei, wie z.B. Polizei, Krankenhäuser und Gastronomie. Man sollte dem Einzelhandel in diesen schwierigen wirtschaftlichen Zeiten eine Chance geben und ihm die jetzt vorgeschlagene Lösung zubilligen. Im Übrigen sollte rigider bei der Sonntagsheiligung vorgegangen werden. Den Vorschlag, die Läden an 6 Tagen in der Woche rund um die Uhr öffnen zu lassen, halte er für eine soziale Marktwirtschaft allerdings für sehr problematisch und nicht angemessen.

 

Ratsherr SOLDAN meint zu den erweiterten Ladenöffnungszeiten, der Markt regele sich selbst nach den Bedürfnissen der Konsumenten. In der Stadt sei gegen 20.00 Uhr nichts mehr los, die Lebensmittelläden seien dann jedoch voll. Die Arbeitszeiten der Menschen würden immer flexibler, daran müssten sich die Geschäfte anpassen und deshalb wäre es sinnvoll die Ladenöffnungszeiten innerhalb der Woche freizugeben. Der Sonntag müsse davon allerdings ausgenommen werden, er gehöre der Familie und anderen Freizeitaktivitäten. Zu besonderen Anlässen könnten aber Ausnahmen gestattet werden, um die Stadt für Touristen noch interessanter zu machen. Dies werde aber eigentlich vom Ladenschlussgesetz geregelt und sollte nicht in der Hand des Rates liegen. Viele Menschen legten wenig Wert auf das Erntedankfest und andere kirchliche Feiertage und würden auch nicht in die Kirche gehen, wenn die Läden geschlossen blieben.

 

Ratsherr MAY ist der Ansicht, man sollte der Bevölkerung überlassen, wie sie den Sonntag nutzen wolle und könne sie weder zwingen, in die Kirche noch zum Einkaufen zu gehen. Die Einzelhändler würden die Sonntagsöffnung nur für Tage beantragen, an denen sie darin einen Nutzen sähen und dann sei der Bedarf doch offenbar gegeben. Ein Familientag könne auch gemeinsames Einkaufen beinhalten.

 

Beigeordneter ALTHUSMANN betont ausdrücklich, die CDU stehe uneingeschränkt zum Lüneburger Einzelhandel und würde jegliche Maßnahmen unterstützen, die ihm helfen könnten, mit Ausnahme der Sonntagsöffnung. Politik habe auch etwas mit Prinzipientreue, Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit zu tun, deshalb werde die CDU-Fraktion, die sich von Anfang an gegen die Ladenöffnung am Erntedankfest ausgesprochen habe, einer Ausnahme in diesem Fall nicht zustimmen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE zeigt auf, dass in einigen CDU-regierten Städten Sonntagsöffnungen sogar am ersten Advent zum Teil gegen den Widerstand der Kirchen und Gewerkschaften beschlossen worden seien. Wenn man sich als so konsequent darstelle, müsste man auch für die Gastronomie andere Öffnungszeiten durchsetzen, um Gleichheit für alle Menschen zu erreichen. Auch der Weihnachtsmarkt dürfte dann im Übrigen nicht an den Adventssonntagen öffnen. Das Problem sei ein gesamtgesellschaftliches, das sich nicht in Lüneburg allgemeingültig lösen lasse.

 

Ratsherr ZIEGERT merkt an, wer generell der Meinung sei, dass das Erntedankfest ein schützenswerter Feiertag sei, sollte auf das Missgeschick der Marketing GmbH, das Kopefest auf diesen Termin zu legen, nicht noch einen draufsetzen, indem er zusätzlich auch noch eine Sonntagsöffnung genehmigt. Den Vergleich mit dem Gaststättengewerbe würde er hier nicht ziehen, es gebe eine Reihe von Branchen, die ihren Umsatz größtenteils nur an den Wochenenden machen können. Im Umkehrschluss könnte man sonst auch fordern, dass alle Läden generell an den Wochenenden öffnen dürften.

 

Beigeordneter SRUGIS stellt klar, der Abbau von Arbeitsplätzen im Einzelhandel habe nichts mit Sonntagsöffnungen zu tun, sondern mit verstärkter Konzentration der Läden und der Einführung der Minijobs. Im Übrigen würde diese Konzentration im Einzelhandel mit Ladenöffnungszeiten an sechs Tagen rund um die Uhr, welche die CDU unterstütze, weiter gefördert. 

 

Ratsherr MEIHSIES würde es begrüßen, wenn die Vertreter der W+P und der Marketing GmbH sich künftig über Termine besser abstimmen würden. Er meine, beim Kopefest werde es in den Straßen so viele Attraktionen geben, dass die Kaufhäuser sich nicht füllen würden. Für den ersten Advent hätte er hingegen eine Sonntagsöffnung der Läden für sinnvoll gehalten.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg stimmt dem Änderungsantrag der Gruppe SPD/FDP mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/FDP gegen die Stimmen der CDU-Fraktion und der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen zu.

 

Der Ursprungsantrag der CDU-Fraktion ist damit im selben Stimmenverhältnis abgelehnt.

 

(32)