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Protokollinformationen sind noch vorläufig! - Weiterentwicklung Antidiskriminierungsberatungsnetzwerk  

 
 
Sitzung des Integrationsbeirates
TOP: Ö 4
Gremium: Integrationsbeirat für Hansestadt und Landkreis Lüneburg Beschlussart: (offen)
Datum: Mi, 18.09.2019    
Zeit: 17:00 Anlass: Sitzung
Raum: Sitzungsraum, Bildungs und Integrationsbüro
Ort: Am Schwalbenberg 18, 21337 Lüneburg
 
Wortprotokoll
Beschluss

Frau Simkes, Bereichsleiterin Asyl der Hansestadt Lüneburg, stellt die Publikation „Ankommen und Teilhaben r ein lebendiges Miteinander“ vor, die in 2. Auflage im April 2019 herausgegeben wurde, und die das Integrationskonzept der Hansestadt beschreibt. Für dieses Konzept wurden die Erkenntnisse aus der täglichen Arbeit mit unterschiedlichen Zielgruppen und die Ergebnisse der Workshops zusammengetragen, die sich als Folge eines Integrationskongresses, der von der Hansestadt 2018 ausgerichtet worden war, gebildet hatten. Es waren insgesamt ca. 50 interne und externe Personen an der Fortschreibung des Konzeptes beteiligt manche durch schriftliche Beiträge, z.B. durch Berichte über Projekte. Dem Konzept liegen folgende Leitfragen zu Grunde: Wie kann Integration gut gelingen? Welche Probleme gilt es zu lösen? Welche Lösungen bieten sich an? Der maßgebliche Unterschied zur ersten Auflage besteht in der Beschreibung der Zielgruppe: die zweite Auflage des Konzeptes legt den Fokus nicht nur auf Neuzugewanderte, sondern auf alle Migrant*innen. Außerdem fußt das Konzept auf der Erkenntnis, dass viele Fragen sich nicht auf Problematiken aufgrund von Kultur, Herkunft und Religion reduzieren lassen, da sie sich so auch bei Deutschen darstellen lassen. Ihnen liegen gesamtgesellschaftliche Problemlagen zu Grunde.  Ziel des Konzeptes sei, partnerschaftliches Handeln zu fördern, Netzwerke auszubauen und neue Vernetzungen zu schaffen. Frau Simkes erläutert anhand der Publikation den inhaltlichen Aufbau des Konzeptes und verweist auf vier Schwerpunkte:  1. Stadtteilhäuser sollen als Anlaufstellen für alle Bürger gestaltet werden. 2. Durch das „Rucksack-Projekt“ sollen verstärkt Mütter angesprochen werden. 3. Die Zusammenarbeit mit den Kammern und den BBSen soll weiter ausgebaut werden. 4. Neuzugewanderten sollen bessere Teilhabechancen an der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung ermöglicht werden.  Der Publikation seien zahlreiche Beispiele zu entnehmen, in denen bereits Zusammenarbeit stattfindet. Trotz bisher gegenläufiger Ankündigung habe man bei der Hansestadt erkannt, dass der zweite Integrationskongress, der für das Jahr 2019 geplant gewesen sei, überflüssig sei. Stattdessen setze man nun auf das Stadtteilkonzept, das im Rahmen eines breit aufgestellten Beteiligungsprozesses am 4.12.2019 entwickelt werden soll. An diesem Konzept seien die Stadtteilhäuser maßgeblich beteiligt. Integration sei als Teil dieser Entwicklung zu betrachten und nicht gesondert davon. Frau Simkes kündigte eine Einladung an die Mitglieder des Integrationsbeirates zu der Konferenz am 4.12.2019 an.

In der sich anschließenden Diskussion hinterfragen die Mitglieder des Integrationsbeirates kritisch, warum der Beirat nicht in die Entwicklung des Integrationskonzeptes einbezogen worden sei. Auch die Beteiligung von Migrant*innen würde fehlen insbesondere der Migrant*innen, die schon lange in Lüneburg zur „normalen Bevölkerung“ gehörten und eben nicht in Stadtteilhäusern anzutreffen seien. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass die Zielgruppe Migrant*innen/Neuzugewanderte größer gefasst werden müsse, da Integration nicht an Stadtgrenzen aufhören würde, und viele Menschen zwischen Stadt und Landkreis pendeln. Auch sei der Landkreis im Rahmen von freiwilligen Leistungen und als Geldgeber an der Integration in der Hansestadt wesentlich beteiligt. Dies sei im Konzept nicht ersichtlich oder für die weitere konzeptionelle Planung der Integration nicht ausreichend berücksichtigt. Hinterfragt wird auch die Beteiligung des Bildungs- und Integrationsbüros, dem die Geschäftsführung des IBRs obliegt. Hier hatte es den Auftrag der Stadt gegeben, eine „kurze Eigenpräsentation“r die Publikation zu verfassen eine weitere Einbeziehung hat nicht stattgefunden trotz des Angebotes zur Mitwirkung. Letztendlich war seitens der Stadt telefonisch angekündigt worden, dass der gelieferte Beitrag wieder aus dem Konzept herausgenommen würde und das Bildungs- und Integrationsbüro lediglich in die Adress-Liste aufgenommen würde. Außerdem regen die Beiratsmitglieder an, Integration zukünftig noch stärker als eine ganzheitliche Aufgabe zu betrachten. Dabei müsse ein Konzept nicht nur Informationen zu bestehenden Richtlinien, Institutionen und ihren Projekten und Angeboten benennen, sondern auch konzeptionell in die Zukunft gerichtete Zielformulierungen und eine dazu passende, aussagekräftige Maßnahmeplanung enthalten, wie die aufnehmende Gesellschaft zu besseren Integrationsvoraussetzungen und zur eigenen Öffnung beitragen könne. Es wird angemerkt, dass die in der Publikation verwendete Sprache und die langen Texte für Menschen, die noch keine guten Deutschkenntnisse haben, zu schwierig zu lesen und zu verstehen seien. Außerdem sei es wünschenswert, nicht nur leichte Sprache, sondern auch vermehrt mit Bildern und Symbolen zu arbeiten, um die Orientierung im Text und die Attraktivität der Publikation zu steigern. Inhaltlich werden vertiefende und konzeptionelle Ansätze zum Thema Wohnen vermisst. Auch dem ehrenamtlichen Engagement von Migranten für Migranten sei kein ausreichender Raum gewidmet worden. Es wird die Forderung gestellt, dieses Engagement stärker sichtbar werden zu lassen. Es wird angeregt, gerade für die beiden letztgenannten Themen im Rahmen einer Arbeitsgruppe, die Migranten beteiligt, konzeptionelle Lösungen zu finden.

Im Jahr 2018 wurde im Landkreis Lüneburg im Rahmen eines vier Monate dauernden Modellprojektes das erste Netzwerk Antidiskriminierung in Niedersachsen realisiert. Dieses Pilotvorhaben war vom Land Niedersachsen aus Mitteln des Programms „Demokratie leben“ gefördert und von einer Netzwerkspezialistin begleitet worden. Imrz 2019 präsentierte sich das Netzwerk erstmals der Öffentlichkeit. Dabei wurde auch eine Dokumentation des Entstehungsprozesses als Handreichung überreicht, die anderen Landkreisen als Orientierungsleitfaden für eigene Netzwerkgründungen dienen kann. Das Vorhaben war auf Initiative des Bildungs- und Integrationsbüros des Landkreises Lüneburg und mit Unterstützung der politischen Gremien auf Kreisebene gestartet worden. Der Aufbau des lokalen Netzwerkes in den Themenfeldern des AGG wurde außerdem seitens des Bundes unterstützt durch eine fachliche Begleitung/Beratung durch den ADVD (Antidiskriminierungsverband des Bundes). Der Entstehungsprozess wurde wissenschaftlich von diversu e.V. begleitet und evaluiert. Dabei wurde deutlich, dass es sinnvoll und notwendig ist, dass sowohl von Diskriminierung Betroffene als auch sie begleitende und unterstützende Organisationen „kurze Wege“ und den „direkten Draht“ brauchen als ein wohnortnahes Beratungsangebot mit guter Kenntnis über die örtlichen Strukturen auch um weitere Unterstützung und Begleitung zu gewährleisten.  Seither ist das Netzwerk auf fast 40 Partner angewachsen, die in ihrer institutionellen Ausrichtung alle unterschiedlichen Diversitätskriterien repräsentieren. Das Ziel, bis Ende 2019 übergangsweise zumindest eine funktionierende Klärungs- und Verweisstruktur aufzubauen, damit Fälle von Diskriminierung nach dem AGG (Allgemeinen Gleichstellungsgesetz) fachlich qualifiziert erkannt und unterstützend begleitet werden können, wurde bereits zum Juli 2019 erreicht. Inzwischen wenden sich mehr und mehr von Diskriminierung Betroffene selbst, aber auch die Partner-Institutionen aus dem Netzwerk an die im Bildungs- und Integrationsbüro vorläufig angesiedelte Clearingstelle und bitten um Unterstützung. Zunehmend gibt es außerdem Anfragen aus benachbarten Kommunen, die über Institutionen, die regional übergreifend aufgestellt sind, durch die Auftaktveranstaltung zur Netzwerkgründung im März 2019 und durch die Handreichung auf das Lüneburger Modell „Netzwerk Antidiskriminierung“ aufmerksam geworden sind. Allerdings fehlt bisher eine ortsnahe, professionelle Antidiskriminierungsberatungsstelle mit qualifizierten AD-Expert*innen, die die Beratung der von Diskriminierung Betroffenen vor Ort gewährleisten. Daher hat das Land Niedersachsen über den Landespräventionsrat einem Antrag des Landkreises stattgegeben, das Netzwerk um eine AD-Beratungsstelle als Modellprojekt mit Pilotcharakter für Niedersachsen zu erweitern. Sie soll neben der Beratung auch öffentlichkeitswirksame Maßnahmen zur Sensibilisierung durchführen und den Ausbau des Netzwerkes weiter vorantreiben. Die Idee ist, dabei die den Landkreis Lüneburg umgebenden Landkreise in den folgenden Jahren nach und nach mit einzubeziehen und die ADBeratungsstelle Lüneburg als Fachkompetenzzentrum Nord-Ost-Niedersachsen weiterzuentwickeln. Damit würde langfristig in Lüneburg ein Knotenpunkt geschaffen, der AD-Beratung mit kurzen Wegen und schneller Erreichbarkeit auch für die Menschen in den umliegenden Nachbarkreisen Uelzen, Harburg, Heidekreis, Lüchow-Dannenberg und Celle ermöglicht. Schon jetzt übernimmt es die AD-Clearing-Stelle des Landkreises Lüneburg, Informationsveranstaltungen für Interessierte aus den benachbarten Kommunen zu öffnen und Fortbildungen (z.B. über den Niedersächsischen Integrationsrat (NIR) und über den KMN sowie über die aktive Beteiligung an der Jahrestagung des Landespräventionsrates Niedersachsen) überregional auszugestalten. Das Land Niedersachsen wird von Januar 2020 die Einrichtung einer professionellen Antidiskriminierungsberatungsstelle mit einer Kostenübernahme von 80%, voraussichtlich 70.000,00 €,  fördern aus Mitteln,  die durch den Landespräventionsrat aus dem Bundesprogramm Demokratie leben! weitergeleitet werden. Der Landkreis ko-finanziert das Vorhaben im Jahr 2020 durch die Bereithaltung von Räumen und Personalstunden von Verwaltungsmitarbeiter*innen.  Ziel ist es, für 2019 zwei halbe Stellen an die Verwaltung des Landkreises anzugliedern. 

 

r die Jahre 2020 bis 2022 sind folgende Maßnahmen geplant: 

 

Maßnahmen 2020

(1) Eine professionelle Antidiskriminierungsberatungsstelle wird übergangsweise kommunal in den Räumen des Landkreises angesiedelt. Sie soll mit zwei halben Stellen besetzt werden, davon soll eine Person bereits als AD-Berater*in Berufserfahrung einbringen. Die/der andere Stelleninhaber*in wird in 2020 zur zweiten AD-Berater*in durch Teilnahme an der in Lüneburg stattfindenden Ausbildung des advd qualifiziert. Diese Fachkraft wird zunächst vorwiegend nicht schwerpunktmäßig in der AD-Beratung eingesetzt, sondern das Netzwerk-Management des Lüneburger Netzwerkes übernehmen und Dokumentation, Öffentlichkeitsarbeit und Fortbildungsmaßnahmen initiieren und begleiten. Dazu gehört auch der Ausbau der Kontakte in die umliegenden Landkreise und die Verantwortungsübernahme für die Abwicklung des Projektes im Sinne der Richtlinie. 

(2) Beide Fachkräfte werden unterstützt von einer Verwaltungskraft im Bildungs- und Integrationsbüro, die ihnen in Teilzeit zuarbeitet.

(3) In Lüneburg soll eine modulare Qualifizierungsreihe des advd angeboten werden, um die Fachkompetenz der Netzwerkpartner*innen in Lüneburg zu stärken, die sich bisher aufgrund von fehlender AD-Beratungskompetenzen lediglich in der Rolle der Unterstützer*innen/Begleiter*innen sehen.

(4) Fachkräfte aus den umliegenden Landkreisen, die später das Fachkompetenzzentrum Nord-OstNiedersachsen bilden werden, werden in die Fortbildung einbezogen, um sie im Sinne wichtiger Ankerpersonen und Multiplikator*innen zu fördern. Um sie in die Lage zu versetzen, in ihren Landkreisen Unterstützernetzwerke zu bilden, könnte die AD-Qualifizierung ggfs. um das Modul „Netzwerke gründen und betreuen“ ergänzt werden. Inhaltlich sollen so erste Schritte in Richtung einer Gründung eigener Vernetzungsstrukturen in ihren jeweiligen Landkreisen auf den Weg gebracht werden.

(5) Ausgestaltung eines Fachtages (z.B. Intersektionalität“)

 

Maßnahmen 2021

(1) In den Landkreisen, die sich dem Fachkompetenzzentrum AD Nord-Ost-Niedersachsen anschließen, werden Netzwerke gegründet.

(2) In der ersten Jahreshälfte werden die bisherigen Erfahrungen bzgl. der Trägerschaft der ADB in kommunaler Verantwortung ausgewertet.

(3) In der zweiten Jahreshälfte wird gemeinsam mit den neuen Partnern entschieden, ob und wie die ADB in eine zivilgesellschaftliche Organisationsform überführt werden kann, oder ob sie weiterhin an der öffentlichen Verwaltung angegliedert bleiben soll. 

(4) Die ADB nimmt Verhandlungen mit den umliegenden Landkreisen auf, wie das Beratungsangebot in die Fläche getragen werden kann.

(5) Es bilden sich landkreisübergreifende Strukturen aus, die erprobt werden. 

(6) Es wird ein Niedersachsen-weiter Fachtag veranstaltet, um sich über die Erfahrungen auszutauschen und zur Einrichtung weiterer Fachkompetenzzentren zu ermutigen.

 

Maßnahmen 2022

Mitarbeit an der Konzeption für eine Landesarbeitsgemeinschaft  Antidiskriminierung Ggfs. Überführung der ADB in eine andere Trägerschaft Maßnahmen zur Verstetigung  Überlegungen zur Finanzierung des Fachzentrums Antidiskriminierung Nord-Ost Niedersachsen durch die beteiligten Partnerlandkreise