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Stadtbaurätin Gundermann berichtet, dass 2016 die Gruppe SPD/Bündnis 90/Die Grünen einen Antrag zum Klimagutachten in den Rat eingebracht hätte, der in den Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung verwiesen wurde. Nach Bereitstellung der erforderlichen Mittel sei im Mai 2017 das Büro Geo-Net mit der Erstellung der Klimaanalyse beauftragt worden. Sie begrüßt den Geschäftsführer, Herrn Peter Trute, der auch das Ergebnis der im 130 Seiten umfassenden Entwurf zusammengestellten Klimaanalyse vortragen werde. Sich aus der heutigen Sitzung ergebende Punkte sollen noch eingearbeitet werden. Danach werde das Gutachten dem Rat zur Verfügung gestellt. Herr Trute sei gebeten worden, die bisherigen Ideen zum Digital-Campus in die Betrachtung einzubeziehen und hierzu vorzutragen. Planungshinweise sollen in die Bauleitplanung einfließen. Gerade in den Randbereichen Lüneburgs werde deutlich, dass ein Klimagutachten stets über die Gemarkungsgrenzen hinaus betrachtet werden müsse. Sie begrüßt die Vertreter der Nachbargemeinden, die zu dieser Sitzung mit eingeladen worden sind. Sie verweist darauf, dass das Gutachten städtische Strukturen abbilde, kritische Bereiche darstelle und gegensteuernde Maßnahmen aufzeige. Daraus abgeleitet werde vorgeschlagen, ein Förderprogramm aufzulegen. Dies soll Dritten einen Anreiz geben, klimaförderliche Maßnahmen auf privatem Grund umzusetzen.
Herr Trute, Geschäftsführer des Büros Geo-Net, erläutert anhand der beigefügten Präsentation zunächst die Ausgangssituation, das genutzte Datenmaterial und die Untersuchungsmethodik. Er erläutert ausführlich die Modellergebnisse hinsichtlich der Lufttemperaturen und der Kaltluftströmungen. Deutlich ablesbar sei hier eine Überwärmung im Altstadtbereich sowie in Gewerbe- und Industriegebieten. Dies läge an den hohen vorhandenen Baumassen. Große, vollständig versiegelte, unverschattete Freiflächen würden ebenfalls zur Erwärmung beitragen. Die Klimaanalysekarten Nacht und Tag werden an den Beispielgebieten „Ebensberg“ und „Digital-Campus“ beschrieben. Aus der Ist-Analyse habe man Planungshinweise erarbeitet, die aufzeigen, wie sich die bioklimatische Situation in Siedlungsräumen sowie die Bedeutung der Ausgleichsräume darstelle. In hochbelasteten Bereichen solle man vorsichtig mit Nachverdichtungen umgehen. Nachverdichtungen sei aber immer der Vorzug vor Neuversiegelung zu geben. Konfliktbereiche im Hinblick auf die demographische Betroffenheit sehr junger oder sehr alter Menschen in Quartieren mit ungünstiger oder sehr ungünstiger thermischer Situation wurden ermittelt. Daraus resultierten Maßnahmen, die man zur Reduzierung von Hitzeinseln durchführen könne. Bereits kleine Maßnahmen, z. B. Dach- und Fassadenbegrünung, „Pocket Parks“ oder die Teilentsiegelung von Parkplätzen könnten zu Verbesserungen führen. Wasser im öffentlichen Raum wäre z. B. dort denkbar, wo aufgrund des Denkmalschutzes an den Gebäuden keine Veränderung möglich sei. Zur Betrachtung des Digital-Campus erläutert Herr Trute, dass man die von der Verwaltung entwickelte Nutzungsidee als Grundlage genommen hätte. Die Funktionsfläche sei sensibel gegenüber Umnutzungen, so dass man Vorschläge für offene Leitbahnen entwickelt habe. Suchräume für Wohnraum und Nutzungen ohne Strömungsbeeinträchtigung seien ebenso ermittelt worden wie eine Begrenzung der bebauten Gebiete zur Aufrechterhaltung der Kaltluftentstehung und –leitung. Dies sei aber nur ein Vorentwurf, der im Rahmen der Planungen weiter überarbeitet und konkretisiert werden müsste.
Die Nachfragen der Ausschussmitglieder werden von Herrn Trute beantwortet.
Insbesondere wird bestätigt, dass auch die Geschwindigkeit der Kaltluftmassen berücksichtigt wurden und hohe Gebäude und damit hohe Baumassen die Luftströme negativ beeinflussen würden.
Er erklärt, dass das Datenmaterial für die Modellrechnungen quasi zu einem „Redaktionsschluss“ eingefroren worden sei. Einbezogen wurden auch die bis zu diesem Zeitpunkt ausgearbeiteten städtebaulichen Entwürfe. Er empfehle, derartige Analysen alle fünf bis zehn Jahre zu überarbeiten statt jede Veränderung in der Stadtstruktur einzurechnen. Das jetzt vorhandene Modell sei auch von Dritten nutzbar. Hinsichtlich der Definition der Konfliktbereiche gäbe es keine festgelegten Standards insbesondere da jede Stadt anders zu bewerten sei. Objektivier- und vergleichbar wären die Werte der Belastungsstufen zur Bioklimatischen Situation (PET).
Die HotSpots werden noch einmal dargestellt. Die für das Hanseviertel wichtigen Luftströme, aus den Landesforsten kommend, werden erläutert. Wälder seien zwar Hindernisse aber durchströmbar.
Hinsichtlich der Entsiegelung von Parkplätzen verweist Herr Trute auf die Tatsache, dass viele Maßnahmen nur von privaten Dritten durchgeführt werden könnten. Die Stadt könne lediglich auf öffentlichen Flächen durch Erhöhen des Grünvolumens tätig werden.
Für den Digital-Campus empfiehlt Herr Trute das Offenhalten von Strukturen, sodass die Kaltluftleitbahnen die zukünftige Bebauung durchströmen könne. Die weiter südlich gelegene Bebauung am Mittelfeld sei nicht betrachtet worden, eine Beeinträchtigung sei nicht auszuschließen. Die Empfehlungen würden die Freihaltung einer breiten Schneise zwischen Reppenstedt und Lüneburg anstreben.
Das Modell gehe von einer Temperatur von 26° C aus. Eine Anpassung auf die Temperaturen des außergewöhnlichen Sommers 2018 sei nicht sinnvoll. Das Datenmaterial des Landes zum lokalen Klima gebe es nur in einem Raster von 11 x11 km. Lüneburg wäre darüber nicht detailliert darstellbar. Die Anpassung sei aufwendig und zeitlich wie finanziell umfangreich. Sinnvoller sei eine Zukunftsprognose, z. B. 2050 + in Verbindung mit einem Szenario der zukünftigen Siedlungsentwicklung.
Zu den Effekten von Dachbegrünungen bei einer Messhöhe von 2 m über Grund erläutert Herr Trute, dass zwar keine bodennahen Auswirkungen gegeben seien, aber ein positiver Effekt für das Gebäude. Dies führe zu Synergien bei anderen Aspekten. Die Kühlungseffekte von Dachbegrünungen würden sich auswirken, wenn große Flächen, z. B. in Gewerbegebieten, begrünt würden.
Detaillierte Aussagen hinsichtlich bestimmter förderlicher Maßnahmen einzelner Gebiete seien nicht möglich, hierzu müsste man das Raster von 25 x 25 m verändern und näher in das Gebiet zoomen. Mit der derzeitigen Analyse könnten die Auswirkungen einzelner Dachbegrünungen nicht dargestellt werden. Für das Baugebiet Hanseviertel III könne er feststellen, dass das neue Baugebiet die bestehende Situation vor Ort nicht verschlimmern würde.
Die Modellgestützte Analyse für den Digital-Campus erlaube einen Abgleich der Ist-Situation mit den Veränderungen durch die Planung, so dass eine optimale bauliche Variante ermittelt werden könnte. Um detailliertere Aussagen zum Digital-Campus treffen zu können sei ein städtebauliches Konzept nötig, was so noch nicht vorläge.
Zur Belastung in den westlichen Stadtteilen führt Herr Trute aus, dass die Analyse über das ganze Stadtgebiet gelegt worden sei. Detailbetrachtungen seien grundsätzlich möglich. Wo welche Maßnahmen ergriffen werden, müsste von Seiten der Stadt ermittelt werden.
Der Vergleich von Städten in Bezug auf die klimatischen Belastungen sei schwierig. Dennoch würde er der Stadt Lüneburg ein eher gutes Klimaniveau attestieren.
Stadtbaurätin Gundermann sagt zu, dass das Gutachten für jedermann zugänglich ins Netz gestellt werde. Sie bittet zu beachten, dass man ein Fachgutachten diskutiere. Das Klima sei nur ein Belang von vielen anderen, die in der Bauleitplanung gegeneinander abgewogen werden müssten. Die unter Artenschutz stehende Haubenlerche würde sich z. B. auf entsiegelten Parkplätzen mit Baumbestand nicht wohlfühlen. Außerdem könne man nicht nur durchströmbare Einzelhaussiedlungen in den Randbereichen bauen. Die Wohnungsnot erfordere auch Geschosswohnungsbau in der Nachverdichtung. Im Hanseviertel sei eine große Hitzeinsel der Behördenparkplatz, der aber nicht der Stadt gehöre. Die übrigen in der Planung berücksichtigten Maßnahmen der Entsiegelung, Begrünung und vor allem den Gründächern hätten bereits dazu geführt, dass das Hanseviertel nicht violett dargestellt werden müsste. Die beispielhafte Betrachtung der Flächen „Ebensberg“ und „Digital-Campus“ resultiere daraus, dass hier noch keine baulichen Strukturen vorgeplant seien. Hier könne frühzeitig auf die Plannung Einfluss genommen werden. Teilräumliche Fachgutachten müssten künftig in die Bauleitplanung eingebracht werden. Auch ein Stadtentwicklungskonzept wäre mit den Ergebnissen der Klimaanalyse abzugleichen. Die vorgetragenen Beschlussvorschläge würden die Arbeit der Bauverwaltung positiv unterstützen.
Die weiteren Nachfragen der Ausschussmitglieder zu klimaförderlichen Baumaterialien und Innenverdichtung werden von Herr Trute dahingehend beantwortet, dass die Innenverdichtung stets das Mittel der Wahl wäre. Bei den Materialien gäbe es keine konkreten Vorschläge, helle Gebäudeoberflächen seien förderlicher, Dämmung wäre zu beachten.
Wasserspiele im öffentlichen Raum sollten hochverdunstungsfähig sein, z. B. durch Fontänen oder Verneblung. Ein solches Wasserspiel, ergänzt Stadtbaurätin Gundermann, sei Anfang des Jahres im Umwelt- und Kulturausschuss vorgestellt worden. Es soll vor der IHK entstehen.
Die Anmerkung, dass die Klimaanalyse auch in den Landschaftsplan einfließen müsste, greift Stadtbaurätin Gundermann auf und erklärt, dass ihre Mitarbeiter den Prozess begleitet hätten und das beauftragte Büro bereits auf die Endfassung der Klimaanalyse warte.
Oberbürgermeister Mädge stellt noch einmal heraus, dass die Klimaanalyse ein Prozess sei, der weiter begutachtet werden müsste. Dieses Gutachten sei nicht statisch. Die Analyse habe gezeigt, dass verschiedene Flächen zu betrachten seien und das Gespräch mit den Nachbargemeinden dringend erforderlich ist. Es sei wünschenswert, wenn Klima auch in das Raumordnungsprogramm des Landkreises einbezogen würde. Die Analyse diene außerdem als Grundlage für den Flächennutzungsplan, den Landschaftsplan und die Stadtentwicklung. Für das Hanseviertel habe man zahlreiche Verbesserungen durch die Bebauungspläne festgesetzt. Zur Entwicklung des Behördenparkplatzes sei er im Gespräch mit dem Land. Eine Entsiegelung und Baumpflanzungen wären förderlich. Dies seien aber Maßnahmen auf privatem Grund. Die Privateigentümer müssten einbezogen werden. Bei der Entwicklung des Hanseviertels solle dies über eine Energieberatung sichergestellt werden. Die Höhe des unter Punkt 3 vorgeschlagenen Förderprogrammes habe man für haushalterische Betrachtungen gewählt. Der Betrag entspreche vergleichbaren Programmen z. B. in Hannover. Mit diesem Förderprogramm wolle man ein Signal setzen, die Richtlinien müssten noch erarbeitet werden. Das Gutachten werde zeitnah veröffentlicht, Fragen bittet er, direkt an das Baudezernat zu stellen.
Auf Wunsch des Ausschusses wird die Beschlussfassung zu Ziffer 2 des Beschlussvorschlags zurückgestellt. Beschluss:
Abstimmungsergebnis:
Ja-Stimmen: 17 Nein-Stimmen: 0 Enthaltungen: 0
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