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Beratungsinhalt: Beigeordneter
ALTHUSMANN macht
deutlich, dass nur etwa 300.000, also 4,5% der rd. 6,6 Mio. Schwerbehinderten
in Deutschland von Geburt an behindert seien. Dies zeige, dass eine Behinderung
einen jeden jederzeit treffen könnte. Das Behindertengleichstellungsgesetz des
Bundes vom 01.05.2002 verpflichte dazu, eine gleichberechtigte und
barrierefreie Teilhabe von behinderten Menschen am Leben in unserer
Gesellschaft zu ermöglichen. Die niedersächsische Landesregierung plane im
nächsten Jahr ein eigenes Gleichstellungsgesetz zu verabschieden. Eine Stadt
wie Lüneburg mit ihrer historischen Baustruktur könne natürlich nicht alle
gegebenen baulichen Probleme beseitigen, aber sie sollte zumindest den Anspruch
haben, bei der Erstellung oder dem Bezug von Immobilien und der Ausweisung von
Neubaugebieten die Behindertengerechtigkeit verstärkt in den Mittelpunkt zu
rücken. Dies erfordere nicht zwangsläufig immer erhöhte Haushaltsansätze, z. B.
auch des Landes. Die in diesem Jahr von der Landesregierung vorgenommene
Kürzung der Landesblindenhilfe und die 0-Runde bei den Leistungsvergütungen der
Einrichtungen der Behindertenhilfe seien auf Grund der schlechten Haushaltslage
notwendig geworden und bedeuteten keineswegs eine Geringschätzung Behinderter.
Es seien zur Zeit einfach keine Tarifsteigerungen möglich, was faktisch zu
einer Einsparsumme von 14 Mio. € führe. Verglichen mit dem Gesamtansatz des
Landes Niedersachsen für Behinderte von 1,2 Milliarden € sei das allerdings nur
eine Einsparung von 1,27%. Die Kürzung der Landesblindenhilfe, bzw. deren
Anpassung an das Niveau anderer Bundesländer, bedeute für die Leistungsempfänger
im Endeffekt keine direkten finanziellen Einbußen, die nicht durch Leistungen
nach dem Bundessozialhilfegesetz wieder aufgefangen würden. Die CDU-Fraktion
meine es mit dem Antrag ernst. Lüneburg leiste bereits viel auf diesem Gebiet,
könne sich aber in anderen Bereichen durchaus noch steigern. Ratsherr
BÖSCHEN zitiert aus
den Zielen der Erklärung von Barcelona. Es würde allerdings nicht ausreichen,
diese einfach zu unterschreiben, man müsse überlegen, wie man diese Ziele in
der Realität umsetzen könne. In Lüneburg sei man schon auf dem richtigen Weg,
hier würden bei Baumaßnahmen für Gebäude und Straßen bereits barrierefreie
Zugänge mit eingeplant. Es gebe Institutionen und Schulen, die sich um die
Integration von behinderten Menschen kümmerten. Wichtig sei dabei immer, dass
die Betroffenen in die Planungen einbezogen würden, was bereits über den
Behindertenbeirat bei der Stadt geschehe. Problematisch sei allerdings meist
die Finanzierung der Maßnahmen und Projekte, die immer seltener von der
Landesregierung bezuschusst würden. Die Landesregierung habe mit der Kürzung
des Blindengeldes um 20% und der 0-Runde in der Behindertenhilfe leider weitere
Probleme für die Diakonie und Lebenshilfe aufgeworfen. Die SPD-Fraktion sehe es
als eine Aufgabe des Rates an, sich für die Gleichberechtigung von Behinderten
in dieser Stadt einzusetzen, mit oder ohne Erklärung von Barcelona, werde dem
Antrag aber selbstverständlich zustimmen. Ratsherr
NOWAK weist auf
viele themenbezogene Veranstaltungen in Lüneburg im Jahr der Behinderten hin,
die das übergroße Engagement der Beteiligten dokumentierten und an dieser
Stelle nochmals entsprechend gewürdigt werden sollen. Selbstverständlich
verdiene die Erklärung von Barcelona vollste Unterstützung. Die Inhalte seien
jedoch in der gängigen Planungspraxis längst nicht mehr unbekannt und würden
bereits größtenteils so weit wie möglich umgesetzt. Dass die CDU-Fraktion jetzt
diesen Antrag einbringe, lasse vielleicht aber doch noch auf eine Rücknahme der
geplanten finanziellen Kürzungen für Behindertenhilfen auf Landesebene hoffen,
auf Grund derer mit einer Verschlechterung des Angebotes der Hilfen für Behinderte
durch verschiedene Hilfsorganisationen zu rechnen sei. Für die Umsetzung des
Gleichstellungsgesetzes, das auf einem verfassungsmäßigen Anspruch beruhe,
seien bereits viele andere Gesetze entsprechend geändert worden, was
verdeutliche, dass auf vielen Ebenen längst damit gearbeitet werde. Ratsfrau
MEINS weist
nochmals darauf hin, dass die Kürzungen bei der Blindenhilfe lediglich eine
Zahlung beträfen, die durch eine andere Leistung nach dem
Bundessozialhilfegesetz wieder ausgeglichen werde. Insofern resultiere für die
Empfänger daraus keine direkte finanzielle Verschlechterung. Sie appelliert an
alle Ratsmitglieder und Bürgerinnen und Bürger, einen kleinen Teil ihrer Zeit
zu opfern und sich selbst ehrenamtlich für Behinderte einzusetzen. Bürgermeisterin
SCHELLMANN meint
ebenfalls, in Lüneburg seien schon sehr viele vorbildliche Projekte zur
Integration und Gleichstellung von Behinderten ausgeführt worden. Inhaltlich
könne sie der Erklärung von Barcelona auch voll und ganz zustimmen.
Problematisch sei allerdings, dass die Umsetzung all der darin aufgeführten
Forderungen finanziell für die Stadt Lüneburg momentan nicht tragbar wäre. Sie
fürchte, dass daraus möglicherweise eine Art Rechtsanspruch entstehen könnte.
Dem Antrag könne sie daher nur mit der Einschränkung zustimmen, dass die
Umsetzung der Forderungen nur im Zuge von Neuplanungen oder notwendigen
Sanierungsmaßnahmen stattfinden könne. Stadtdirektor
KOCH erklärt,
Lüneburg verfüge über eine in Niedersachsen einmalig hohe Zahl an qualitativ
hochwertigen Einrichtungen der Behindertenhilfe, daraus erkläre sich auch der etwas
höhere Finanzbedarf in diesem Bereich. Das Gleichstellungsgesetz des Bundes sei
ein Rahmengesetz für kommende Landesgesetzgebung und bisher nur für
bundeseigene Einrichtungen unmittelbar verbindlich. Die Umsetzung auf
Landesebene z.B. in niedersächsisches Baurecht usw. stehe bisher noch aus. Die
künftig mit der Umsetzung verbundenen Aufwendungen seien – unabhängig von den
begrüßenswerten ideellen Zielsetzungen - zwar nicht zu vernachlässigen,
rechneten sich aber. Das dafür investierte Geld werde langfristig erhebliche Kosten
für die jetzt noch notwendige Begleitung und Hilfestellung für Menschen mit
Behinderungen ersparen. Beschluss: Der Rat
der Stadt Lüneburg stimmt dem Antrag der CDU-Fraktion einstimmig zu. (V) |
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