Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt:
Kulturreferent Herr LANDMANN stellt einleitend Herrn Dr. Pieper vom VDK vor. Herr Effinger, der das Projekt eigentlich vorstellen wollte, sei heute leider verhindert. Herr Dr. Pieper sei Schulreferent beim VDK und werde neben den geplanten Geschichts- und Erinnerungstafeln weitere Projekte vorstellen. Hintergrund für die geplante Aufstellung der Tafeln auf dem Zentralfriedhof war die Kritik, dass dort auch SS-Soldaten liegen könnten, derer mit den dortigen Veranstaltungen zum Volkstrauertag ebenfalls gedacht werde. Dazu habe Superintendentin Schmid in ihrer Rede zum Volkstrauertag klargestellt, dass dieser Tag kein Heldengedenktag sei, sondern ein mahnendes Gedenken an alle Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft bedeute. Dies solle durch die geplanten Geschichtstafeln ebenfalls verdeutlicht werden.
Herr DR. PIEPER stellt zunächst die Arbeit des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge vor, insbesondere die Schul- und Bildungsarbeit. Der VDK sei 1919 als Angehörigenorganisation gegründet worden, um die über 2 Millionen Gräber der deutschen Kriegstoten im Ausland zu erfassen, anzulegen, zu erhalten und zu pflegen und die Angehörigen zu beraten und zu unterstützen. Im Inland erfolge daneben auch die Beratung von Behörden und Friedhofsträgern in allen Kriegsgräberangelegenheiten gemäß dem Gräbergesetz von 1952, bzw. der aktuellen Fassung von 1965, aus dem der VDK auch einen Bildungsauftrag zur Durchführung von historisch-politischen Bildungsprojekten mit Jugendlichen bzw. Schülern ableite für Projekte nicht nur auf Friedhöfen. Es werde heute auch nicht mehr nur der gefallenen Soldaten gedacht, sondern der zivilen und militärischen Opfer beider Weltkriege und der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft. An erster Stelle in der Jugendarbeit des VDK stünden historisch-politische Bildungsprojekte mit internationalen Jugendbegegnungen in Europa. Zu diesem Zweck betreibe der VDK vier Jugendbegegnungsstätten in Lommel (Belgien), Ysselstein (Holland), Niederbronn (Frankreich) und Golm (Deutschland), die alle in Grenznähe und der Nähe großer Kriegsgräberfriedhöfe lägen, sodass dort leicht Jugendliche verschiedener Nationalitäten zusammen kommen könnten. Ziele der friedens-pädagogischen Projekte seien Vorurteile abzubauen, Toleranz zu lehren, demokratisches Bewusstsein zu fördern und den europäischen Gedanken zu stärken. Zum Projekt Geschichts- und Erinnerungstafeln in Lüneburg teilt Herr DR. PIEPER mit, in Niedersachsen seien auf 1.417 Kriegsgräberstätten und zivilen Friedhöfen ca. 250.000 Personen bestattet, die an diesen Orten als Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft ihre letzte und dauerhafte Ruhestätte erhalten haben. In den meisten Fällen seien diese Gräber in gutem Zustand und würden von Angehörigen oder dem VDK gepflegt. Meist fehle es aber an Informationen über die Toten und die historischen Hintergründe. Ziel der Erinnerungstafeln sei, die Erinnerung an die Toten im öffentlichen Bewusstsein wach zu halten und bei Schülern Interesse für lokalgeschichtliche Ereignisse zu wecken, indem sie den Spuren von Krieg und Gewaltherrschaft vor der Haustür nachgehen. Auf diese Weise könnten die Friedhöfe zu Lernorten werden über die Katastrophen, die das 20.Jahrhundert maßgeblich geprägt haben. Die Ausführung erfolge meist mit einer größeren einleitenden Erläuterungstafel und mehreren vertiefenden kleineren Pulttafeln, auf denen einzelne Biografien oder einzelne Opfergruppen thematisiert werden. Historische Ereignisse, die aus einem zeitlichen Abstand betrachtet eher abstrakt erscheinen, ließen sich anhand von Einzelschicksalen deutlicher darstellen und ihre direkten Auswirkungen auf die Menschen besser begreifbar machen. Für den Zentralfriedhof Lüneburg sei 2014/15 ein Projekt eines Geschichtskurses der Klasse 11 der Wilhelm-Raabe-Schule durchgeführt worden. Dort sollen eine große einleitende Tafel und 6 kleinere Pulttafeln zur Vertiefung aufgestellt werden. Für den Nord-West-Friedhof habe ein Projekt mit der „Euthanasie“-Gedenkstätte und Auszubildenden der Schule für Pflegeberufe und der Krankenpflegeschule stattgefunden. Hier solle eine Gedenktafel für die Opfer des „Euthanasie-Programms“ der Nationalsozialisten aufgestellt werden. Für beide Projekte seien die Inhalte von den Schülern selbstständig erarbeitet und von den Projektleitern redaktionell begleitet worden.
Ratsfrau NEUHAUS fragt nach der Beteiligung der Geschichtswerkstatt an den Projekten.
Herr DR. PIEPER antwortet, da er die Projekte nicht selbst begleitet habe, könne er das nicht mit Sicherheit beantworten, solche Organisationen würden aber eigentlich generell in die Arbeit mit einbezogen.
Herr BÖGERSHAUSEN möchte wissen, wie die Schüler motiviert werden, sich an den Projekten zu beteiligen.
Herr DR. PIEPER berichtet, die Angebote würden an die weiterführenden Schulen kommuniziert und bei Interesse der Schulen finde eine intensive Vorbereitung im Unterricht statt. Die Projekte würden generell von den Lehrern und Schülern sehr gut angenommen. Ein weiteres gut angenommenes Projekt in Zusammenarbeit mit der Gedenkstätte Bergen-Belsen sei z.B. auch die Anfertigung von Namensziegeln zum Gedenken an sowjetische Kriegsgefangene, die hier ums Leben gekommen seien.
Herr LANDMANN verteilt Kopien der Texte der geplanten Erinnerungstafeln.
Ratsherr VON MANSBERG lobt das Projekt. Sein Eindruck sei, dass Friedhöfe als Orte des Lernens und Begreifens von Geschichte sehr gut geeignet seien, aber leider zu selten dafür genutzt werden. Beschluss:
Der Kultur- und Partnerschaftsausschuss nimmt Kenntnis. |
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||