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Auszug - Beitritt zur Initiative "Vermögenssteuer Jetzt" (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 05.07.2012, eingegangen am 05.07.2012)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 15.11.2012    
Zeit: 17:00 - 20:40 Anlass: außerordentliche Sitzung
Raum: Feuerwehr-Mitte, Großer Sitzungssaal
Ort: 21337 Lüneburg, Lise-Meitner-Straße 12
VO/4711/12 Beitritt zur Initiative "Vermögenssteuer Jetzt" (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 05.07.2012, eingegangen am 05.07.2012)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Fraktion DIE LINKE
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:DEZERNAT II
Bearbeiter/-in: Kibscholl, Stefanie   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter PAULY führt zu TOP 7.1 und 7.2 aus, dass es in beiden Anträgen um eine Verbesserung der Einnahmesituation der Hansestadt Lüneburg gehe.

Mehrere Städte und Landkreise haben sich der Initiative „Vermögenssteuer Jetzt“ angeschlossen. Der Antrag werde vor dem Hintergrund eines unterschriebenen Entschuldungsvertrags, der ein Spardiktat und einen sozialen Kahlschlag darstelle, gestellt. Die Vermögenssteuer stelle ein Instrument dar, um die Finanzsituation dauerhaft zu verbessern.

In der Hansestadt Lüneburg seien über Jahre Millionen von Steuern durch eine nicht sachgemäße und nicht hinreichende Steuerprüfung hinterzogen worden. Das Land stehe in der Pflicht, die kommunalen Steuern wie Gewerbesteuer einzutreiben. Er empfinde es als unglaublich, dass das Land Niedersachsen mit den wenigsten Steuerprüfern pro Kopf werbe. Dieser Einladung zur Steuerhinterziehung müsse aktiv widersprochen werden.

Den Änderungsantrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen verstehe er als Zusatzantrag und stimme diesem zu.

 

Ratsherr SRUGIS teilt mit, dass die SPD-Fraktion dem Beitritt zur Initiative „Vermögenssteuer Jetzt“ nicht zustimmen werde.

Laut FAZ würden 10 Milliarden Euro durch den Staat eingenommen werden, wenn die Vermögen mit über 1 Mio. € mit einem Prozent besteuert würden. Damit könnte die durchschnittliche Klassenstärke in Schulen halbiert oder ausreichend KITA-Plätze zur Verfügung gestellt werden. Zudem gebe es eine erhebliche Schieflage in Einkommens- und Vermögensverteilung. 10 % der Reichsten haben 53% des Gesamtvermögens. Leistungslose Einkommen z.B. aus Zinsen werden niedriger besteuert als Einkommen aus Arbeit. Dies vertrage sich nicht mit dem Begriff der Leistungsgesellschaft. Auch sei in den letzten Jahren das Vermögen des Staates um 800 Mio. € gesunken, Privatvermögen hingegen auf 5 Billionen € angestiegen. Die Wiedereinführung der Vermögenssteuer sei daher unbedingt notwendig, aber nicht der Beitritt zur Initiative.

 

Ratsherr KUHN erklärt, dass die Anträge nicht in einem Stadtrat beraten werden müssen, da es Landes- bzw. Bundesthemen seien.

1996 sei die Vermögenssteuer letztmalig erhoben worden, seit 1997 ruhe die Steuer. Der Stadtrat habe nicht zu entscheiden, ob diese Steuer wiedereingeführt werden soll.

Die zusätzliche Einstellung von Betriebsprüfern habe ebenfalls nicht der Stadtrat zu entscheiden.

 

Ratsfrau SCHELLMANN trägt zum Antrag der Fraktion Die Linke vor, dass der Initiative jeder einzelne Bürger beitreten könne und sie nicht für alle Lüneburger Bürger die Entscheidung treffen werde.

Auch den Änderungsantrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen könne sie nicht unterstützen. Es werde nie gesagt, wer die Reichen seien und dies könne vor Ort auch nicht geklärt werden. Laut Studie des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sei vermögend, wer nach Abzug von Schulden über Vermögen von 220.000 € verfüge, also jeder der sein Eigenheim abbezahlt habe. Diese Grenze sei nicht vermittelbar. Schwierig sei darüber hinaus, Vermögen überhaupt zu bewerten. Nach der Studie seien Unternehmer mit 10 Angestellten die wohlhabendste Bevölkerungsgruppe, mit im Durchschnitt 1,1 Mio. €.

In einer zweiten Studie des deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung sei zum normalen Vermögen der individuelle Wert der Renten- und Pensionsansprüche mitbewertet worden. Danach liegen auf dem zweiten Platz die Pensionäre mit einem durchschnittlichen Gesamtvermögen von über 0,5 Mio. €. Es sei nicht populär die Handwerksmeister und Pensionäre zu besteuern und daher sei die Vermögenssteuer ausgesetzt worden.

Zudem seien mit den Vermögenden die sehr reichen Bürger gemeint.

Der Stadtrat könne nicht über die Wiedereinführung der Vermögenssteuer entscheiden, da die erwähnten Details nicht geklärt seien.

 

Beigeordneter BLANCK erläutert, dass auch Aufgabe des Stadtrates sei, sich mit Problemen, die die gesamte Gesellschaft betreffen, zu beschäftigen. Die Hansestadt Lüneburg sei ein Teil der gesamten Gesellschaft. Ein großes Problem seien die Fiskalprobleme, die im Laufe der Banken- und Finanzkrise die Kommunen getroffen haben. Daher müsse nicht nur die Kosteneinsparung sondern auch die Verbesserung der Einnahmesituation diskutiert werden. Die Kommunen und so auch die Hansestadt Lüneburg müssen darauf hinwirken, dass die formal Zuständigen die Voraussetzungen zur Verbesserung der Einnahmesituation schaffen.

In den nächsten Jahren werde Deutschland eine Verschärfung der Finanzkrise erwarten. Um der Verschärfung entgegensteuern zu können, müssen die Substanzsteuern wie Vermögenssteuer und Grundsteuer erhoben und erhöht werden.

Bei der Wiedereinführung der Vermögenssteuer müsse geprüft werden, was die Steuer umfassen solle. Die Vermögenssteuer führe zu einem Ausgleich, da momentan die Umverteilung nicht von reich zu arm stattfinde. Durch diese Steuer würde die Entwicklung wieder in die richtige Bahn gelenkt werden.

 

Ratsherr KIESEL sehe in dem Beitritt zur Initiative eine gewisse Symbolkraft. Die RRP setze sich für eine vernünftige Besteuerung von Vermögen ein. Die RRP fordere die Wiedereinführung der Vermögenssteuer für Reiche, womit nicht das selbst bewohnte Haus gemeint sei sowie die Wiedereinführung des Spitzensteuersatzes auf 50 %, die Abschaffung der Steuervergünstigungen für Kapitalerträge und eine Reform der Erbschaftssteuer.

Er befürworte den Antrag der Fraktion Die Linke.

 

Ratsherr BARTELS pflichtet Ratsherrn Srugis bei und erklärt, dass sich die Fraktion Piraten Niedersachsen dem Änderungsantrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen anschließen werde. Den Antrag der Fraktion Die Linke werde die Fraktion Piraten Niedersachsen ablehnen, da aufgrund der Anfrage nach Mitgliedschaften in Vereinen/Organisationen/Verbänden sichtbar geworden sei, welche Kosten die Hansestadt Lüneburg jährlich für diese Mitgliedschaften tragen müsse.

 

Ratsherr SALEWSKI zeigt auf, dass aus Gründen der Steuergerechtigkeit und zur Verbesserung der Situation der öffentlichen Haushalte es dringend geboten sei, durch mehr Steueraußenprüfungen mehr Steuereinnahmen zu erzielen. Dazu werde mehr Personal benötigt. Die SPD-Fraktion werde sich daher der Resolution der Fraktion Die Linke anschließen.

 

Ratsherr DR. SCHARF sieht die Ansicht von Ratsherrn Kuhn durch die schwierige Diskussion bestärkt.

An Beigeordneten Blanck gewandt erklärt er, dass ihm nicht klar sei, was die Finanzkrise mit der Vermögenssteuer zu tun habe.

Er stimme Ratsfrau Schellmann zu, dass im Stadtrat keine Definition von Reich getroffen werden könne.

Es sei nicht richtig, dass sich die öffentlichen Haushalte in den letzten Jahren deutlich verschlechtert haben. Der Bund habe noch nie so viele Steuereinnahmen wie in den letzten Jahren verzeichnet. Eine weitere Tatsache sei, dass mehr Steuereinnahmen zu mehr Ausgaben führen. Er wäre sofort für die Wiedereinführung der Vermögenssteuer, wenn diese nur zur Schuldentilgung verwandt werden würde. Da die Einnahmen aber in den Gesamthaushalt fließen würden, sei dies nicht möglich.

 

Ratsherr HEILMANN widerspricht Ratsherrn Dr. Scharf. Die Einnahmen aus der Wiedereinführung der Vermögenssteuer können auch zur Schuldentilgung, zur Reduzierung der Nettoneuverschuldung verwandt werden. Daher sollte auch dieses Thema im Stadtrat behandelt werden und nicht vor dem Hintergrund das Mehreinnahmen zu Mehrausgaben führen könnten, undiskutiert bleiben.

 

Beigeordnete LOTZE teilt mit, dass 140.000 Deutsche mit einem Vermögen von über 2 Mio. € von einer Vermögenssteuer betroffen wären. Die Mehreinnahmen wüsste sie auch auszugeben und erinnert an den Ausflug der Delegation in die dänische Partnerstadt. Die dänischen Kommunen bieten viele kostenfreie Angebote an und in Dänemark leben die glücklichsten Menschen, obwohl sie die höchsten Steuern zahlen. Aus ihrer Sicht bestehe hier ein Zusammenhang, da die Dänen nämlich wissen, dass die Steuergelder der Gesellschaft zugute kommen. Sie würde die Mehreinnahmen für 1. Bildung, 2. Bildung und 3. Bildung ausgeben.

 

Beigeordneter PAULY erklärt Ratsherrn Dr. Scharf, dass die Finanzkrise und die Vermögenssteuer einen engen Zusammenhang aufweisen. Um Schulden tilgen zu können, müsse Vermögen reduziert werden.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Änderungsantrag der Gruppe SPD / Bündnis90/Die Grünen wird mehrheitlich bei 7 Gegenstimmen der CDU-Fraktion und einer Gegenstimme von Ratsfrau Schellmann angenommen.

 

(II, 2, 21)