Bürgerinformationssystem

Auszug - Resolution - Kommunale Aufgaben im Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts sichern und stärken (Antrag der Gruppe SPD/CDU vom 08.11.2010, eingegangen am 11.11.2010)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 5.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: ungeändert beschlossen
Datum: Fr, 26.11.2010    
Zeit: 17:00 - 19:15 Anlass: Sitzung
Raum: Feuerwehr-Mitte, Großer Sitzungssaal
Ort: 21337 Lüneburg, Lise-Meitner-Straße 12
VO/3910/10 Resolution - Kommunale Aufgaben im Gesetz zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts sichern und stärken (Antrag der Gruppe SPD/CDU vom 08.11.2010, eingegangen am 11.11.2010)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Gruppe SPD/CDU
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr SCHULTZ stellt die Frage nach dem Ziel dieser Resolution und danach, was die Bürgerinnen und Bürger von der hiesigen Abfallwirtschaft erwarten. Zum einen wollen die Bürger ihren Hausmüll zuverlässig entsorgt haben, wobei die GfA als zuverlässiger Dienstleister vor Ort auftritt.

Darüber hinaus soll der Müll auch umweltbewusst entsorgt werden, das zeige sich u. a. durch die hohe Akzeptanz der Papiertonne und der Mülltrennung.

Laut einer aktuellen Forsa-Umfrage stimmen 83 % der Befragten der Einführung einer Wertstofftonne zu, da fast 64 % die Verfahrensweise mit der heutigen Gelben Tonne/dem Gelben Sack nicht nachvollziehen können.

Die Bürgerinnen und Bürger wollen u. a. auch wissen, wo ihr Müll bleibt, was damit geschieht und sind interessiert daran, dass eine hohe Wiederverwendung stattfindet.

Schlussendlich soll die Müllentsorgung kostengünstig und kostenstabil geschehen. Die Politik der Region sei sich ihrer Verantwortung bewusst und so habe sie die GfA implementiert, die sich mit ihrer u. a. mechanisch-biologischen Vorbehandlung sehr bewährt habe.

 

Ratsherr SCHULTZ stellt heraus, dass man aktiv die Position des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes unterstütze und sich für die Stärkung der kommunalen Abfallentsorgung einsetze. Hierbei soll die Fehlentwicklung, die durch den bekannt gewordenen Referentenentwurf eingeschlagen wurde, wieder korrigiert werden. Die kommunalen Entsorger seien fachlich und sachlich bestens aufgestellt und hätten vor Ort die beste Kenntnis. Daher fordere er, dass auch die Region selbst über die Hausmüllentsorgung entscheiden könne.

 

Er fordert alle Ratsmitglieder dazu auf, diese Resolution mit breiter Zustimmung zu verabschieden.

 

Ratsfrau HILLMER erläutert, dass durch die Novellierung des Gesetzes zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts erwartet wird, dass stoffgleiche Abfälle in einer sogenannten Wertstofftonne zusammengeführt werden. Sollte die Einführung einer Wertstofftonne geschehen, müsse die Sammlung dieses Mülls in kommunaler Hand bleiben, da nur so gewährleistet sei, dass die Gebühren stabil bleiben würden.

 

Ratsherr RIECHEY fragt an, ob es die Fraktionen der FDP und der CDU nicht nachdenklich stimmt, dass zum wiederholten Male mit einer lokalen Resolution gegen Beschlüsse und Vorhaben der eigenen Landes- und Bundesregierung protestiert werde. Die Folgen dieser katastrophalen Politik müssten stets vor Ort ausgebadet werden. Die Kernfrage bei der Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts sei, wer welchen Müll entsorgen dürfe.

 

Ratsherr RIECHEY zitiert folgenden Passus aus dem Referentenentwurf:

„…Absicherung der dualen Entsorgungsverantwortung von privater und öffentlich-rechtlicher Entsorgung, insbesondere der gewerblichen Sammlung von getrennt gehaltenen Haushaltsabfällen zur Verwertung…“

Im Grundsatz bedeutet dies, dass die Kommunen ihre Hoheit über die Abfallentsorgung entzogen werde und private Abfalldienstleister stärker ins Spiel gebracht werden. Nach Meinung der Fraktion DIE LINKE sei Abfall genau wie die Versorgung mit Energie und Wasser als auch die Bildung kommunale Daseinsvorsorge und gehöre damit in kommunale Hand. Die EU habe Verfahrensstufen für Abfall festgelegt. So sei Stufe 1 zunächst die Vermeidung von Abfall, Stufe 2 die Vorbereitung zur Wiederverwendung (Recycling) und die letzte Stufe die energetische Verwertung (Müllverbrennung).

 

Der vorliegende Referentenentwurf überlasse jedoch künftig dem Entsorgungsunternehmen selbst wie der Abfall verwertet wird und stellt damit eine klare Missachtung der EU-Abfallordnung dar. Sollte der Regierungsentwurf so umgesetzt werden, hätte dies fatale ökologische Folgen und erhebliche Auswirkungen auf die Abfallgebühren, die bei einem nicht gewinnorientierten kommunalen Energieversorger u. a. auch durch eine Mischfinanzierung niedrig gehalten würden.

 

Somit wünsche er sich eine kommunale öffentliche Abfallentsorgung aus einer Hand und wird daher dieser Resolution zustimmen.

 

Ratsherr SOLDAN bedauere, dass am 14.10.2010 der Deutsche Städte- und Gemeindebund diesen Resolutionstext unpolitisch erlassen habe und dass nun durch den Resolutionsantrag der Gruppe SPD/CDU hieraus eine politische Diskussion wird. Genau 4 Tage, nachdem das Präsidium des Niedersächsischen Städtetages getagt habe, in dem Oberbürgermeister Mädge als Vizepräsident Mitglied sei.

Er wertet die Forderungen der Resolution als gut für die kommunale Abfallentsorgung und wird dieser, wenn auch mit Schwierigkeiten, zustimmen.

Die Bürger verlangen niedrige Abfallgebühren und wollen eine verbindliche Entsorgung ihres Abfalls. Der FDP-Fraktion ist bekannt, dass mit dieser Resolution jede Privatkonkurrenz ausgeschlossen werde und auch private Recyclingbetriebe sich dagegen wehren werden.

In Deutschland würden pro Jahr Wertstoffe in Höhe von 7 Milliarden EUR umgesetzt. Es ist klar, dass dieses Gesetz dann auch mit dem Wettbewerbsrecht der EU gerichtlich abgestimmt werden wird. Kommunen sind in jedem Fall verpflichtet, sich um die Abfallentsorgung zu kümmern, unabhängig davon, ob sich damit Geld verdienen lasse oder nicht.

Die FDP-Fraktion werde dieser Resolution zustimmen, da sie sich für eine Entsorgung aus einer Hand ausspreche und „Rosinenpickerei“ ablehne.

 

Bürgermeister Dr. SCHARF weist darauf hin, dass in Deutschland verschiedene politische Ebenen vorzufinden sind und es durchaus legitim ist, dass diese Ebenen verschiedene Meinungen haben und diese auch kundtun dürften.

Mit der beabsichtigten Neuordnung des Abfallrechts wird dieses auf eine neue Basis gestellt und offenbar beabsichtigt, den Kommunen den Vorrang der Abfallentsorgung zu entziehen. Wie im Wortlaut der Resolution ausgeführt, könnten sich die Kommunen zunächst auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts stützen, welches ihnen die Zuordnung der Abfallentsorgung zugesprochen habe. Dieses schließe jedoch nicht aus, dass auch im Einzelfall private Müllentsorger hinzukämen.

Die Resolution ist zu bejahen, da diese ökologisch und auf Nachhaltigkeit ausgerichtet sei und verhindert werden müsse, dass aus dem Abfallbereich nur gewinnbringende Elemente für die private Entsorgungswirtschaft herausgezogen würden.

 

Ratsherr MEIHSIES äußert die Befürchtungen der Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN, dass mit der Umsetzung und des geplanten Referentenentwurfs die Zerstörung der kommunalen Abfallwirtschat eingeleitet werde. Darüber hinaus sei damit zu rechnen, dass die Standards der kommunalen Abfallentsorgung gesenkt würden, die Gebühren erhöht werden und ebenfalls Arbeitsplatzverluste in der kommunalen Abfallentsorgung eintreten werden. Daher werde die Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN diese Resolution unterstützen.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg verabschiedet einstimmig folgende Resolution:

 

„Der Rat beschließt in Übereinstimmung mit den Positionen des Deutschen Städtetages, des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes die nachstehende Resolution zur Zukunft der kommunalen Abfallwirtschaft in Deutschland. Der Rat fordert alle örtlichen Bundestagsabgeordneten auf, sich im Gesetzgebungsverfahren im Interesse der Bürgerinnen und Bürger für eine Stärkung der kommunalen Abfallentsorgung einzusetzen.

 

Resolution

zur Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts

 

„Die Kommunen tragen seit Jahrzehnten die Verantwortung für eine sichere, ökologisch hochwertige und ressourceneffiziente Abfallentsorgung in Deutschland. Das weltweit anerkannte hohe Niveau der Kreislaufführung von Abfällen und Wertstoffen haben die Kommunen – auch schon vor Inkrafttreten u. a. der Verpackungsverordnung – geprägt. Daher fordern sie:

 

1. Planungssicherheit sorgt für Gebührenstabilität

Bei der Umsetzung der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht erwarten die Kommunen in Deutschland von Bundestag und Bundesrat, dass sie auf die gewachsenen kommunalen Entsorgungsstrukturen, die Verpflichtung der Kommunen zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge vor Ort und ihre Verantwortung gegenüber den Abfallgebührenzahlern Rücksicht nehmen. Langfristige Investitionen der Kommunen in ihre Entsorgungsinfrastruktur dürfen nicht dadurch entwertet werden, dass den Kommunen Abfallströme entzogen werden, für die sie bisher verantwortlich waren und für die die Entsorgungsanlagen bei ihrer Errichtung auch ausgelegt waren.

 

2. Über die Hausmüllerfassung muss vor Ort entschieden werden

Die Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vor Ort wissen am besten, wie unter den jeweils gegebenen Verhältnissen Hausmüll erfasst werden muss, um die Ziele einer Kreislauf- und Abfallwirtschaft zu erreichen. Die Kommunen brauchen keine bundeseinheitliche Regelung der Frage, welche Erfassungssysteme zu verwenden sind und welche Abfallfraktionen wie erfasst werden. Daher wenden sich die Kommunen insbesondere gegen die im Referentenentwurf vorgesehene Einführung einer flächendeckenden getrennten Sammlung von Bioabfällen. Diese Fragen müssen wie bisher durch die Kommunalvertretungen vor Ort entschieden werden. Dort liegt auch die Gebührenverantwortung.

 

3. Keine „einheitliche Wertstofftonne“, und falls doch: Wertstofferfassung nur in kommunaler Verantwortung

Die Probleme der Verpackungsentsorgung – vor allem ausgelöst durch das weitgehend unregulierte Nebeneinander von neuen Systemen zur Entsorgung gebrauchter Verpackungsverpackungen – können nur durch eine Stärkung der kommunalen Verantwortung vor Ort gelöst werden. Dafür ist, entgegen dem Gesetzentwurf, keine bundesweite Einführung einer verpflichtenden Wertstofftonne notwendig. Ob und in welcher Form eine Wertstofferfassung durchgeführt wird, kann sinnvoll nur vor Ort entschieden werden. Insbesondere die bewährten Wertstoffhöfe müssen erhalten bleiben. Keineswegs akzeptabel ist, dass über die Einführung von Wertstofftonnen den Kommunen weiterer Hausmüll entzogen wird. Die Bürgerinnen und Bürger werden um die Gebührenvorteile gebracht, wenn die lukrativen Bestandteile des Abfalls auf eigene Rechnung durch Private verwertet werden und die Kommunen lediglich die unverwertbaren Abfälle zu entsorgen haben.

 

4. Abfälle aus privaten Haushalten sind der Kommune zu überlassen

Das Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.06.2009 zur Altpapierentsorgung klargestellt. Abfall, der in privaten Haushalten anfällt, ist grundsätzlich der Kommune zu überlassen. Das ist eine Grundvoraussetzung für eine gemeinwohlorientierte Abfallwirtschaft, die auch den Belangen der Ökologie, der öffentlichen Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung Rechnung trägt. Diese Überlassungspflicht darf nicht ausgehöhlt werden. Der privat initiierte Aufbau von Wertstoffsammlungen – parallel zu der kommunalen Wertstoffsammlung – soll nun wieder nahezu unbeschränkt ermöglicht und den Kommunen jegliche Steuerungsmöglichkeit entzogen werden. Dieser Versuch der Bundesregierung, das erwähnte Grundsatzurteil durch eine Änderung des geltenden Abfallrechts zu korrigieren, ist nicht hinnehmbar und europarechtlich nicht gebeten: Der Vertrag von Lissabon schützt die Kommunen sowohl dann, wenn sie n ach einer Ausschreibung Entsorgungsdienstleistungen an Private vergeben, als auch dann, wenn sie diese Leistungen selbst erbringen.

 

5 Gewerbliches „Rosinenpicken“ schadet allen Gebührenzahlern und auch privaten Konkurrenten

Die Erlöse aus „gewerblichen Sammlungen“ kommen nur ihren Veranlassern zugute. Sie fehlen im Gebührenhaushalt und/oder schmälern den Gewinn des privaten Entsorgungsunternehmens, das eine Kommune nach einer Ausschreibung mit der Wertstoffentsorgung beauftragt hat. Selbst dann, wenn ein Stadtrat, Gemeinderat oder Kreistag ausdrücklich beschlossen hat, von der Aufstellung von Tonnen für die Altpapierentsorgung abzusehen, etwa weil bei den betroffenen Haushalten der Platz für die Aufstellung der Tonnen fehlt, ist es den Kommunen nach en Vorstellungen des Umweltministeriums verwehrt, gegen Angebote eines Privatunternehmens vorzugehen, das den Bürgern und Bürgerinnen auf eigene Rechnung die Bereitstellung von Altpapiertonnen anbietet. Die jetzt vorliegenden Regelungen sind unpraktikabel und provozieren jahrelange Rechtsstreitigkeiten. Betroffen sind die Bürger und Bürgerinnen in Kommunen aller Größenordnungen: Der „Kampf ums Altpapier“ hat gezeigt, dass ein unkontrollierter Wettbewerb um Wertstoffe aus Privathaushalten den öffentlichen Straßenraum mit uneinheitlichen Sammelbehältern beeinträchtigt und die Anwohner mit zusätzlichen Abholfahrten belastet.

Wohngebiete dürfen nicht zu Wettkampfarenen privater Entsorgungsunternehmen werden.

 

6. Kommunen müssen selbst über die Untersagung gewerblicher Sammlungen entscheiden können

Die Kommunen wenden sich auch gegen die im Referentenentwurf vorgesehene Regelung, nach der die Entscheidung darüber, ob eine gewerbliche Sammlung zulässig ist oder nicht, auf eine „neutrale Stelle“ übertragen werden soll. Eine solche Regelung ist systemfremd und verfassungsrechtlich bedenklich.“

 

(01, GfA)