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Auszug - Stärkung der politischen Information durch Änderung der Sondernutzungsgebührensatzung (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 17.03.2009)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 6.1
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 25.06.2009    
Zeit: 17:00 - 20:10 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/3238/09 Stärkung der politischen Information durch Änderung der Sondernutzungsgebührensatzung (Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vom 17.03.2009)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:Bereich 32 - Ordnung und Verkehr
Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Beigeordneter LÖB erwartet Einigkeit darüber, dass die Innenstadt nicht mit Werbetafeln zugestellt werden soll, um ein touristisch ansprechendes Bild zu bieten, daher sei eine hohe Sondernutzungsgebühr für Plakate und dergleichen zu erheben. Politische Parteien, gemeinnützige Organisationen oder Gewerkschaften dürften dafür aber nicht im gleichen Maße herangezogen werden. Die Aufgabe der Parteien erschöpfe sich nicht in einer Darstellung gegenüber dem Bürger in den kurzen Wahlkampfzeiten, sondern sollte durch laufende Informationen darüber hinausgehen. Dazu sei es erforderlich, mittels Plakatständern auf Veranstaltungen aufmerksam zu machen. Angesichts der hohen Kosten biete die Veröffentlichung in der Presse nur eine sehr begrenzte Alternative. Es sei jedoch wichtig, die Bevölkerung mit möglichst wenig Aufwand auf politisch wichtige Dinge aufmerksam zu machen. Die Sondernutzungsgebührensatzung sei für gewerbliche Nutzer durchaus vernünftig, für politische Parteien jedoch nicht angemessen. Im Hinblick auf die immer wieder beklagte Politikmüdigkeit der Bevölkerung sollte die Möglichkeit eröffnet werden, sehr viel einfacher und billiger als bisher Information durch Plakatwerbung zu schaffen. Die derzeitigen hohen Kosten seien nicht angemessen für den zu erzielenden Nutzen. Für problematisch halte er die Stellungnahme der Verwaltung, die in einem sehr polemischen Unterton gehalten sei und die Rücknahme des Antrages vorschlage. Ein solcher Vorschlag könne nicht Gegenstand einer Antwort der Verwaltung sei.

Von falschen Zahlen sei seine Fraktion im Antrag deswegen ausgegangen, weil aktualisierte Fassungen des Ortsrechts nicht mehr an die Ratsmitglieder verteilt würden. Um die exakten Zahlen selbst gehe es auch nur am Rande, die Intention des Antrages liege im vorgeschlagenen Verhältnis von 50 % der Kosten für gemeinnützige und politische Zwecke gegenüber gewerblichen Zwecken.

 

Ratsherr MANZKE möchte sich mit dem Thema nicht auseinandersetzen, weniger wegen des Inhalts des Antrages, als vielmehr aufgrund der Größenordnung der beantragten Kostensenkung. Im vorherigen Tagesordnungspunkt habe man über Millionenbeträge debattiert, eine Auseinandersetzung demgegenüber mit einzelnen Eurobeträgen lähme Kapazitäten. Eher könne man beschließen, Kleinstbeträge generell abzuschaffen, da Gebühren von einem oder zwei Euro einen erheblichen Verwaltungsaufwand bedeuteten, der ihre Erhebung eigentlich nicht rechtfertige. Er wolle die Verwaltung nicht mit der Auseinandersetzung über solche Kleinstbeträge belasten. Er schlage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen vor, Prioritäten zu setzen und den Antrag zurückzuziehen.

 

Ratsherr NEUBAUER möchte es sich nicht ganz so einfach machen, gleichwohl müsse er den Antrag ablehnen, da er verfassungswidrig sei. Es sei bedenklich, zwar mit der politischen Kultur zu argumentieren, sie im Antrag aber außen vor zu lassen. Nach Artikel 21 des Grundgesetzes seien Parteien genau so zu behandeln, wie alle anderen gesellschaftlichen Gruppen. Aus diesem Grunde sei auch eine allgemeine staatliche Finanzierung von Parteien verboten. Es gelte lediglich im Rahmen der bundesgesetzlich geregelten staatlichen Teilfinanzierung das Prinzip der Wahlkampfkostenerstattung, jedoch keine weitergehende legale Finanzierung. Aus diesem Topf hätten die Grünen im Vorjahr weit über 10 Millionen Euro erhalten – wie man dem Bericht der Bundestagsverwaltung entnehmen könne – und zwar ausdrücklich speziell für das Aufstellen von Wahlplakaten und Auslagenständen. Also genau für jenen Bereich, den die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit ihrem Antrag subventioniert haben wolle. Der Antrag ziele auf eine einseitige und damit verfassungswidrige Reduzierung der Sondernutzungsgebühren ab und müsse folglich kategorisch abgelehnt werden.

 

Ratsherr RIECHEY verdeutlicht, dass es im Antrag nicht nur um politische Parteien gehe, auf die sich die jetzige Diskussion ausschließlich beziehe. Vielmehr stelle der Antrag daneben auch auf Gewerkschaften und gemeinnützige Vereine ab. Es gehe hier keineswegs nur um Wahlkampf, dessen Kosten klar geregelt seien. Es gebe auch Parteien, die im Rahmen ihrer kontinuierlichen Arbeit Bürger informierten und zu diesem Zweck Plakate aufstellen. Die Verwaltung sage, dass kommerzielle Anbieter mit einem wirtschaftlichen Interesse über eine Vermarktungsagentur abgewickelt werden, was allerdings der Satzung nicht zu entnehmen sei. Wenn dem so sei, stelle die Differenzierung kein Problem dar. Nach Artikel 21 des Grundgesetzes seien die Parteien verpflichtet, an der politischen Willensbildung des Volkes mitzuwirken. An der Erfüllung dieser Verpflichtung werden die Parteien jedoch durch die Sondernutzungsgebührensatzung gehindert.

Wenn auch den Grünen bei der Formulierung des Antrages ein Fehler hinsichtlich der Beträge unterlaufen sei, gehe doch der Wille nach einer Halbierung der Beträge für die Gebühren aus dem Antrag eindeutig hervor. Im einzelnen handle es sich zwar nur um geringe Eurobeträge, diese summierten sich aber durch die Dauer des Aufstellungszeitraumes schnell ganz erheblich. Dabei müsse man beachten, dass selbst vermeintlich kleinere Beträge durch ehrenamtliche Organisationen oder durch kleine Parteien kaum aufzubringen seien. Aus den Fraktionskostenzuschüssen sei das kaum zu bestreiten. Die Lüneburger Regelung erscheine ihm nicht im Interesse des Gesetzgebers zu sein, der die Mitwirkung an der politischen Willensbildung im Grundgesetz hervorgehoben habe. Eine Zustimmung zu dem Antrag würde der politischen Kultur in Lüneburg gut tun und die Stadt beleben.

 

Beigeordneter BLANCK bittet darum, doch die Kirche im Dorf zu lassen und nicht die Verfassung dort zu bemühen, wo es keinen Sinn mache. Gemeinnützigen Vereinen und politischen Parteien werden in vielen Bereichen Sonderrechte eingeräumt, als Beispiel nenne er nur die Vergaben städtische Räume, bei denen es sich dann ja auch um schwerwiegenden Verfassungsbruch handeln müsste. Die Reduzierung der Gebühren für Parteien wäre keinesfalls eine Ausnahme speziell in Lüneburg, sie werde landauf, landab bereits praktiziert. Bei der Höhe der Sondernutzungsgebühren liege die Stadt Lüneburg sogar mit an der Spitze und es sei Fakt, dass damit gerade kleine Parteien nachhaltig an einer wirkungsvollen Öffentlichkeitsarbeit gehindert werden. Darunter leide auch die politische Diskussion, da es der Sinn politischer Veranstaltungen sei, mit dem Bürger in Kontakt zu treten. Das sei der Auftrag aus dem Grundgesetz, insofern sei es keinesfalls verfassungswidrig, dafür einen Vorrang gegenüber gewerblichen Nutzern einzuräumen. Die Hauptaufgabe der Sondernutzungsgebühr liege insbesondere nicht in ihrer Funktion als Einnahmequelle, vielmehr stelle sie ein ordnungspolitisches Instrument zur Begrenzung dar, um zu verhindern, dass das Aufstellen von Plakaten überhand nimmt.

 

Beigeordnete SCHELLMANN unterstreicht die Ausführungen von Herrn Neubauer zur Parteienfinanzierung. Diese diene nicht nur zur Finanzierung des Wahlkampfes, sondern der Abwicklung der gesamten politischen Arbeit einer Partei. Problematisch sei jedoch die Interessenabwägung. Das Interesse der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen an einer Gebührenreduzierung sei nachvollziehbar – diese liege durchaus auch im Interesse ihrer eigenen Partei – demgegenüber sei die Gebühr aber auch, wie von Herrn Blanck angeführt, ein ordnungspolitisches Instrument. Wie große Teile Bevölkerung empfinde auch sie selbst die vielen Plakate in Wahlkampfzeiten durchaus als störend und wünsche diesen Umfang nicht auch noch in der wahlkampffreien Zeit, wie eine Senkung der Gebühren befürchten lasse.

 

Beschluss:

 

Beschluss:

 

Der Antrag wird mehrheitlich abgelehnt mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE.

 

(32, V)