Bürgerinformationssystem

Auszug - Resolution: Aus für Atomkraft in Deutschland - Gorleben verhindern (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 09.09.2008, eingegangen am 10.09.2008)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 30.10.2008    
Zeit: 17:00 - 19:55 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/2989/08 Resolution: Aus für Atomkraft in Deutschland - Gorleben verhindern (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 09.09.2008, eingegangen am 10.09.2008)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr MEIHSIES blickt auf die in Kürze in Gorleben stattfindende Versammlung tausender Menschen, um gegen die Atompolitik zu protestieren. Die von seiner Fraktion eingebrachte Resolution verfolge zwei Zielrichtungen: Zum einen das Bekenntnis zum Atomausstieg – er hoffe, dass die SPD im Stadtrat noch zu ihrem Wort stehe – und zum anderen die Unterstützung des friedlichen Protestes in Gorleben. Es gehe aber auch darum, von der Landesregierung in Hannover ein Signal einzufordern, mit dem Endlager Asse verantwortungsvoll umzugehen und den dort illegal eingelagerten Müll zu entfernen.

Im Sommer 2008 habe die CDU in Berlin das atompolitische Kriegsbeil ausgegraben durch den Ausspruch ihres Generalsekretärs Pofalla „Atomenergie ist Ökoenergie“ und des bayerischen Staatsministers Huber „Atomenergie ist zu einhundert Prozent eine heimische Energiequelle“. Dies sei eine Kampfansage der CDU an eine ökologische Wende in Deutschland. Die CDU spreche sich für die Bewahrung der Schöpfung aus, sie bewahre in Wirklichkeit aber nur die Einnahmen der Atomindustrie. Das Geld auf den Konten der Energiekonzerne sei der CDU wichtiger als der Schutz der Menschen vor einem Atomunfall. Die Kernaussage aus Berlin laute: „Profit geht vor Sicherheit, Schutz und vor einer vernünftigen Energiewende“.

Er wolle aufzeigen, wie die Union mit der Situation der Menschen zu diesem Thema umgehe. Innenminister Schäuble erzähle jeden Tag, man müsse Angst haben vor terroristischen Angriffen in Deutschland. Trotzdem lasse er die Atomkraftwerke weiterhin laufen ohne ein vernünftiges Sicherheitskonzept. Sieben Atomkraftwerke in Deutschland seien nicht gegen einen Flugzeugabsturz geschützt. Wenn es eine terroristische Gefahr wirklich gebe, müssten die unsicheren Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Die Forderung nach einer Laufzeitverlängerung für die Kraftwerke bedeute eine jährliche Produktion von 450 Tonnen Atommüll, dessen Lagerung nicht geklärt sei.

In Gorleben habe sich eine politische Willkür Bahn gebrochen, als die damalige CDU-Landesregierung den Ort als Lagerstätte für Atommüll ohne ausreichende Prüfung ausgesucht habe. Die Menschen dort wurden mit dieser Entscheidung überfahren. Gorleben sei aber gleichzeitig ein Ort des politischen Widerstands von Menschen, die sich dagegen wehren, einfach etwas vor die Tür geworfen zu bekommen, was die Gegend auf ewig verstrahlt. Die CDU habe es seither nicht geschafft, ein sicheres Endlager in Deutschland aus dem Boden zu stampfen. Die CDU müsse sich entscheiden, ob sie auch künftig der Atomindustrie das Wort reden, oder eine ökologische Energiewende herbeiführen wolle, die ohne Atomstrom und mit weniger Kohlekraftwerken auskomme. Angesichts des hohen Stromexportes könne man in Deutschland sofort vier oder fünf Atomkraftwerke abschalten, ohne dass hierzulande die Lichter ausgingen.

 

Ratsherr POLS ist sich sicher, die Bewerbungsrede von Herrn Meihsies für den Parteitag der Grünen gehört zu haben. Mit den bevorstehenden Nominierungsparteitagen für die Bundestagswahl habe nun wohl der Wahlkampf begonnen. Diesen sollte man aber aus dem Rat heraushalten, denn es gebe in Lüneburg genug eigene Themen, die abgearbeitet werden müssten.

Zur beantragten Resolution sei zu sagen, dass auch die CDU-Ratsfraktion am Atomausstieg festhalte und damit zu den Vereinbarungen der großen Koalition in Berlin stehe. Gleichzeitig spreche man sich aber auch für die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke und deren Ertüchtigung aus, sobald erkennbar werde, dass Stromlücken entstehen, also die Deckung des Energiebedarfes aus anderen Quellen nicht sichergestellt sei. Die weitergehende Unterstützung der Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien werde auch von seiner Partei getragen, um einmal in der Lage zu sein, ganz auf Atomstrom in Deutschland verzichten zu können. Mittelfristig sei das jedoch nicht möglich.

Es sei richtig, dass die Frage nach einem Endlager für den hochradioaktiven Abfall weiterhin nicht gelöst sei. Der Müll sei aber nun einmal da und eine Entsorgung müsse stattfinden. Eine Lösung könne durch die Wiederaufnahme der Erkundung des Salzstockes Gorleben als Endlager gefunden werden. Da die Erkundungen am Standort Gorleben sehr weit fortgeschritten seien, sollten sie endlich einmal zum Abschluss gebracht werden. Sofern sich Gorleben – trotz der bisherigen Untersuchungsergebnisse – als ungeeignet erweise, sei ein neues Standortauswahlverfahren durchzuführen.

Den friedlichen Protest gegen das Atommülllager und für den Atomausstieg halte auch seine Fraktion für demokratisch legitimiert, er weise aber den Vorwurf aus der Resolution zurück, wonach die Polizei sehr aggressiv und unter Nichteinhaltung elementarer Grund- und Bürgerrechte agiere. Die Aussage könne so nicht stehen bleiben, daher werde seine Fraktion der Resolution nicht zustimmen.

 

Beigeordnete LOTZE bedauert, dass man sich die Beschäftigung mit Bundeswahlkampfthemen im Rat nicht ersparen könne, da der Antrag nun einmal vorliege. Der Resolution könne ihre Fraktion wegen etlicher darin enthaltener Aussagen und Forderungen ebenfalls nicht zustimmen. Man sei durchaus etwas anderer Auffassung als der Koalitionspartner auf Bundesebene, die SPD stehe ohne Wenn und Aber zum verbindlichen Atomausstieg. Die SPD sei überzeugt, dass Atomenergie teuer sei und eine hochriskante Technologie darstelle, mit der die energiepolitischen Herausforderungen der Zukunft nicht gewonnen werden können. Sie sei auch gegen eine Laufzeitverlängerung, weil damit neuer Müll produziert werde, bei dem man heute noch gar nicht wisse, wo er gelagert werden solle.

Erst ein Fünftel des Salzstockes in Gorleben sei überhaupt erkundet. Wenn das Moratorium beendet werde, bedeute dies nicht automatisch eine Wiederaufnahme der Erkundung, da diese erst wieder vom Bundestag beschlossen werden müsse. Die Erfahrungen mit Asse haben zudem gezeigt, dass Salz nicht unbedingt die vollkommene Sicherheit biete. Selbst wenn man Gorleben abschließend erkunde, dauere dies noch etliche Jahre. Daher müsse, auch nach Aussagen von Fachleuten, zwingend ein alternativer Standort unter Berücksichtigung der vorhandenen Mineralien und Gesteine erkundet werden. Wer sich für Atomenergie ohne die Forderung nach einer gründlichen Standortsuche  ausspreche, sei unglaubwürdig.

Im Hinblick auf den Castor-Transport sage sie klar, dass sie den friedlichen Protest unterstütze, weil ihre Partei damit zum Ausdruck bringe, dass sie am Atomausstieg festhalte und sich gegen eine Vorfestlegung auf Gorleben ausspreche. Sie setze sich für eine Steigerung der Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien ein.

 

Ratsherr SOLDAN stellt fest, dass in einem Rechtsstaat wie der Bundesrepublik Deutschland glücklicherweise jeder das Recht habe, seine Meinung friedlich und frei zu äußern. Die Betonung liege dabei auf friedlich, wie es auch in der beantragten Resolution gefordert werde.

Er wundere sich darüber, woher Herr Meihsies wisse, wie die CDU-Landesregierung seinerzeit zu ihrer – angeblich völlig willkürlichen – Entscheidung über den Standort Gorleben gekommen sei. Das Beispiel des Endlagers Gorleben zeige, wie feige manchmal die Politik sei, denn kein Umweltminister – auch kein Grüner – habe sich getraut, in dieser Frage eine Entscheidung zu fällen. Fachleute würden immer kontrovers diskutieren, man werde immer welche finden, die einen Salzstock als ideal ansehen, ebenso fände man welche, die einen Salzstock als miserabel bezeichnen. Dennoch müsse ein verantwortlicher Politiker die konträren Meinungen unter einen Hut bringen und letztlich eine Entscheidung fällen. Der Atomabfall sei nun einmal vorhanden und er falle auch an, wenn man sofort aus der Atomenergie ausstiege. Selbst der Abbau von Kernkraftwerken produziere neuen radioaktiven Abfall, der endgelagert werden müsse. Daher müsse ein geeigneter Standort für ein Endlager so schnell wie möglich gefunden werden. Hierzu sei es wichtig, das Moratorium endlich zu beenden, ohne sich im Vorfeld auf einen Standort festzulegen.

 

Ratsherr MEIHSIES bietet an, Änderungswünsche der SPD sogleich zu beraten, um eine gemeinsam getragene Resolution verabschieden zu können. Er wolle aber auch eine Antwort geben auf den Vorwurf, dass sich kein Umweltminister an das Thema Endlager herangetraut habe. Der grüne Umweltminister Trittin habe versucht, einen gesellschaftspolitischen Konsens herbeizuführen, indem er im Jahre 2001 einen ‚Arbeitskreis Endlager’ eingerichtet habe, an dem neben verschiedenen Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Gruppen auch Vertreter der CDU teilgenommen haben. Dabei seien Kriterien und Rahmenbedingungen entwickelt worden, nach denen eine neue Endlagersuche durchgeführt werden sollte. Der Arbeitskreis habe über mehrere Jahre getagt. Die Unterlagen dazu finde man im Internet beim Bundesamt für Strahlenschutz. Seine Partei wollte keine Entscheidung von oben herab gegen die Menschen in einer Region herbeiführen, sondern eine breit getragene basisdemokratische Entscheidung von unten. Darin bestehe der Unterschied zur CDU.

 

Ratsherr KUNATH unterstützt den Antrag der Grünen, gerade angesichts der jetzt aufgedeckten, skandalösen Schlampereien in Asse. Er wundere sich nicht, dass SPD und CDU einen Untersuchungsausschuss im Landtag verhindern wollten, da beide Parteien während des Betriebs von Asse zeitweise Regierungsverantwortung getragen haben. Erschreckend seien die Aussagen eines CDU-Politikers, wonach die CDU wegen steigender Energiepreise und wegen Klimaschutz auf längere Laufzeiten der Atomkraftwerke dränge.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE ab.

 

(01)