Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Ratsherr MEIHSIES blickt auf die in Kürze in Gorleben stattfindende
Versammlung tausender Menschen, um gegen die Atompolitik zu protestieren. Die
von seiner Fraktion eingebrachte Resolution verfolge zwei Zielrichtungen: Zum
einen das Bekenntnis zum Atomausstieg – er hoffe, dass die SPD im
Stadtrat noch zu ihrem Wort stehe – und zum anderen die Unterstützung des
friedlichen Protestes in Gorleben. Es gehe aber auch darum, von der
Landesregierung in Hannover ein Signal einzufordern, mit dem Endlager Asse
verantwortungsvoll umzugehen und den dort illegal eingelagerten Müll zu
entfernen. Im Sommer 2008 habe die CDU in Berlin das atompolitische
Kriegsbeil ausgegraben durch den Ausspruch ihres Generalsekretärs Pofalla
„Atomenergie ist Ökoenergie“ und des bayerischen Staatsministers
Huber „Atomenergie ist zu einhundert Prozent eine heimische
Energiequelle“. Dies sei eine Kampfansage der CDU an eine ökologische
Wende in Deutschland. Die CDU spreche sich für die Bewahrung der Schöpfung aus,
sie bewahre in Wirklichkeit aber nur die Einnahmen der Atomindustrie. Das Geld
auf den Konten der Energiekonzerne sei der CDU wichtiger als der Schutz der
Menschen vor einem Atomunfall. Die Kernaussage aus Berlin laute: „Profit
geht vor Sicherheit, Schutz und vor einer vernünftigen Energiewende“. Er wolle aufzeigen, wie die Union mit der Situation der
Menschen zu diesem Thema umgehe. Innenminister Schäuble erzähle jeden Tag, man
müsse Angst haben vor terroristischen Angriffen in Deutschland. Trotzdem lasse
er die Atomkraftwerke weiterhin laufen ohne ein vernünftiges
Sicherheitskonzept. Sieben Atomkraftwerke in Deutschland seien nicht gegen
einen Flugzeugabsturz geschützt. Wenn es eine terroristische Gefahr wirklich
gebe, müssten die unsicheren Atomkraftwerke abgeschaltet werden. Die Forderung
nach einer Laufzeitverlängerung für die Kraftwerke bedeute eine jährliche
Produktion von 450 Tonnen Atommüll, dessen Lagerung nicht geklärt sei. In Gorleben habe sich eine politische Willkür Bahn
gebrochen, als die damalige CDU-Landesregierung den Ort als Lagerstätte für
Atommüll ohne ausreichende Prüfung ausgesucht habe. Die Menschen dort wurden
mit dieser Entscheidung überfahren. Gorleben sei aber gleichzeitig ein Ort des
politischen Widerstands von Menschen, die sich dagegen wehren, einfach etwas
vor die Tür geworfen zu bekommen, was die Gegend auf ewig verstrahlt. Die CDU
habe es seither nicht geschafft, ein sicheres Endlager in Deutschland aus dem Boden
zu stampfen. Die CDU müsse sich entscheiden, ob sie auch künftig der
Atomindustrie das Wort reden, oder eine ökologische Energiewende herbeiführen
wolle, die ohne Atomstrom und mit weniger Kohlekraftwerken auskomme. Angesichts
des hohen Stromexportes könne man in Deutschland sofort vier oder fünf
Atomkraftwerke abschalten, ohne dass hierzulande die Lichter ausgingen. Ratsherr POLS ist sich sicher, die Bewerbungsrede von Herrn Meihsies für
den Parteitag der Grünen gehört zu haben. Mit den bevorstehenden
Nominierungsparteitagen für die Bundestagswahl habe nun wohl der Wahlkampf
begonnen. Diesen sollte man aber aus dem Rat heraushalten, denn es gebe in
Lüneburg genug eigene Themen, die abgearbeitet werden müssten. Zur beantragten Resolution sei zu sagen, dass auch die
CDU-Ratsfraktion am Atomausstieg festhalte und damit zu den Vereinbarungen der
großen Koalition in Berlin stehe. Gleichzeitig spreche man sich aber auch für
die Verlängerung der Laufzeit der Atomkraftwerke und deren Ertüchtigung aus,
sobald erkennbar werde, dass Stromlücken entstehen, also die Deckung des
Energiebedarfes aus anderen Quellen nicht sichergestellt sei. Die weitergehende
Unterstützung der Forschung im Bereich der erneuerbaren Energien werde auch von
seiner Partei getragen, um einmal in der Lage zu sein, ganz auf Atomstrom in
Deutschland verzichten zu können. Mittelfristig sei das jedoch nicht möglich. Es sei richtig, dass die Frage nach einem Endlager für den
hochradioaktiven Abfall weiterhin nicht gelöst sei. Der Müll sei aber nun
einmal da und eine Entsorgung müsse stattfinden. Eine Lösung könne durch die
Wiederaufnahme der Erkundung des Salzstockes Gorleben als Endlager gefunden
werden. Da die Erkundungen am Standort Gorleben sehr weit fortgeschritten
seien, sollten sie endlich einmal zum Abschluss gebracht werden. Sofern sich
Gorleben – trotz der bisherigen Untersuchungsergebnisse – als
ungeeignet erweise, sei ein neues Standortauswahlverfahren durchzuführen. Den friedlichen Protest gegen das Atommülllager und für den
Atomausstieg halte auch seine Fraktion für demokratisch legitimiert, er weise
aber den Vorwurf aus der Resolution zurück, wonach die Polizei sehr aggressiv
und unter Nichteinhaltung elementarer Grund- und Bürgerrechte agiere. Die
Aussage könne so nicht stehen bleiben, daher werde seine Fraktion der
Resolution nicht zustimmen. Beigeordnete LOTZE bedauert, dass man sich die Beschäftigung mit
Bundeswahlkampfthemen im Rat nicht ersparen könne, da der Antrag nun einmal
vorliege. Der Resolution könne ihre Fraktion wegen etlicher darin enthaltener
Aussagen und Forderungen ebenfalls nicht zustimmen. Man sei durchaus etwas
anderer Auffassung als der Koalitionspartner auf Bundesebene, die SPD stehe
ohne Wenn und Aber zum verbindlichen Atomausstieg. Die SPD sei überzeugt, dass
Atomenergie teuer sei und eine hochriskante Technologie darstelle, mit der die
energiepolitischen Herausforderungen der Zukunft nicht gewonnen werden können.
Sie sei auch gegen eine Laufzeitverlängerung, weil damit neuer Müll produziert
werde, bei dem man heute noch gar nicht wisse, wo er gelagert werden solle. Erst ein Fünftel des Salzstockes in Gorleben sei überhaupt
erkundet. Wenn das Moratorium beendet werde, bedeute dies nicht automatisch
eine Wiederaufnahme der Erkundung, da diese erst wieder vom Bundestag
beschlossen werden müsse. Die Erfahrungen mit Asse haben zudem gezeigt, dass
Salz nicht unbedingt die vollkommene Sicherheit biete. Selbst wenn man Gorleben
abschließend erkunde, dauere dies noch etliche Jahre. Daher müsse, auch nach
Aussagen von Fachleuten, zwingend ein alternativer Standort unter
Berücksichtigung der vorhandenen Mineralien und Gesteine erkundet werden. Wer
sich für Atomenergie ohne die Forderung nach einer gründlichen
Standortsuche ausspreche, sei
unglaubwürdig. Im Hinblick auf den Castor-Transport sage sie klar, dass sie
den friedlichen Protest unterstütze, weil ihre Partei damit zum Ausdruck
bringe, dass sie am Atomausstieg festhalte und sich gegen eine Vorfestlegung
auf Gorleben ausspreche. Sie setze sich für eine Steigerung der
Energieeffizienz und den Ausbau erneuerbarer Energien ein. Ratsherr SOLDAN stellt fest, dass in einem Rechtsstaat wie der
Bundesrepublik Deutschland glücklicherweise jeder das Recht habe, seine Meinung
friedlich und frei zu äußern. Die Betonung liege dabei auf friedlich, wie es
auch in der beantragten Resolution gefordert werde. Er wundere sich darüber, woher Herr Meihsies wisse, wie die
CDU-Landesregierung seinerzeit zu ihrer – angeblich völlig willkürlichen
– Entscheidung über den Standort Gorleben gekommen sei. Das Beispiel des
Endlagers Gorleben zeige, wie feige manchmal die Politik sei, denn kein
Umweltminister – auch kein Grüner – habe sich getraut, in dieser
Frage eine Entscheidung zu fällen. Fachleute würden immer kontrovers diskutieren,
man werde immer welche finden, die einen Salzstock als ideal ansehen, ebenso
fände man welche, die einen Salzstock als miserabel bezeichnen. Dennoch müsse
ein verantwortlicher Politiker die konträren Meinungen unter einen Hut bringen
und letztlich eine Entscheidung fällen. Der Atomabfall sei nun einmal vorhanden
und er falle auch an, wenn man sofort aus der Atomenergie ausstiege. Selbst der
Abbau von Kernkraftwerken produziere neuen radioaktiven Abfall, der endgelagert
werden müsse. Daher müsse ein geeigneter Standort für ein Endlager so schnell
wie möglich gefunden werden. Hierzu sei es wichtig, das Moratorium endlich zu
beenden, ohne sich im Vorfeld auf einen Standort festzulegen. Ratsherr MEIHSIES bietet an, Änderungswünsche der SPD sogleich zu beraten, um
eine gemeinsam getragene Resolution verabschieden zu können. Er wolle aber auch
eine Antwort geben auf den Vorwurf, dass sich kein Umweltminister an das Thema
Endlager herangetraut habe. Der grüne Umweltminister Trittin habe versucht,
einen gesellschaftspolitischen Konsens herbeizuführen, indem er im Jahre 2001
einen ‚Arbeitskreis Endlager’ eingerichtet habe, an dem neben
verschiedenen Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Gruppen auch Vertreter
der CDU teilgenommen haben. Dabei seien Kriterien und Rahmenbedingungen
entwickelt worden, nach denen eine neue Endlagersuche durchgeführt werden
sollte. Der Arbeitskreis habe über mehrere Jahre getagt. Die Unterlagen dazu
finde man im Internet beim Bundesamt für Strahlenschutz. Seine Partei wollte
keine Entscheidung von oben herab gegen die Menschen in einer Region
herbeiführen, sondern eine breit getragene basisdemokratische Entscheidung von
unten. Darin bestehe der Unterschied zur CDU. Ratsherr KUNATH unterstützt den Antrag der Grünen, gerade angesichts der
jetzt aufgedeckten, skandalösen Schlampereien in Asse. Er wundere sich nicht,
dass SPD und CDU einen Untersuchungsausschuss im Landtag verhindern wollten, da
beide Parteien während des Betriebs von Asse zeitweise Regierungsverantwortung
getragen haben. Erschreckend seien die Aussagen eines CDU-Politikers, wonach
die CDU wegen steigender Energiepreise und wegen Klimaschutz auf längere
Laufzeiten der Atomkraftwerke dränge. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich mit den Stimmen der
Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion gegen die Stimmen der Fraktion Bündnis
90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE ab. (01) |
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