Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Ratsherr SOLDAN weist darauf hin, dass es noch immer eine Vielzahl von
Gesetzen und Verordnungen aus alten Zeiten gebe, die bis heute nicht geändert
worden seien. So etwa die Sektsteuer, die seinerzeit zum Aufbau der
Kriegsmarine dienen sollte, jedoch bis heute beibehalten wurde. Einmal
erschlossene Geldquellen gebe der Staat niemals freiwillig auf. So verhalte es
sich auch mit der Hundesteuer, die ein altpreußisches Relikt sei. Die
ursprüngliche Begründung für die Hundesteuer sei heutzutage völlig überholt.
Sie gehe auf die im Jahre 1810 in Preußen eingeführte Luxussteuer zurück,
wonach derjenige, der finanziell in der Lage sei, sich nebenbei einen Hund zu
halten, auch in der Lage sein müsse, für diesen Luxus eine Abgabe an den Staat
zu zahlen. Ziel der kommunalen Hundesteuer sei es gewesen, den Bestand an
Hunden und eine Ausbreitung der Tollwut und anderer Seuchen zu kontrollieren.
Deutschland sei inzwischen nach Medienberichten zwar tollwutfrei, die
Hundesteuer wurde deswegen aber nicht abgeschafft. Die Luxussteuer nenne sich
heute Aufwandssteuer, es werde kein Luxus mehr besteuert, sondern eine –
sich im Aufwand zeigende – höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit
eines jeden Hundebesitzers. Es sei längst überfällig, darüber nachzudenken, warum diese
Bagatellsteuer immer noch erhoben werde. Ein stets vorgebrachtes Argument sei
die Verunreinigung der Gehwege, deren Beseitigung Kosten verursache. Jedoch sei
jeder Hundehalter heutzutage verpflichtet, die Verunreinigungen selbst zu
beseitigen, Verstöße würden mit Bußgeld geahndet. Das Argument ziehe aber auch
deswegen nicht, weil Steuern nicht zweckgebunden verwendet werden dürften,
sondern in den allgemeinen Haushalt fließen. Es solle auch niemand damit kommen, dass ohne die Einnahmen
aus der Hundesteuer die Versorgung mit Schulen, Kindertagesstätten und Krippen
zusammenbreche, da von der Hundesteuer nach Abzug der umfangreichen Personal-
und Sachkosten nicht viel übrig bleibe. Die im Haushalt veranschlagten etwa
160.000 Euro, die Hundebesitzer bei Abschaffung der Steuer einsparten, kämen
der allgemeinen Kaufkraft zugute, wovon der Einzelhandel in Lüneburg ebenso
profitieren würde, wie auch die Stadt über die Mehreinnahmen aus der
Gewerbesteuer. Als Argument für die Hundesteuer komme auch nicht die
Regulierung der Zahl der Hunde in Betracht. Wer die Kosten für die Hundehaltung
hinsichtlich Nahrung und tierärztlicher Versorgung aufbringe, werde die Steuer
– 23 Cent pro Tag für den ersten Hund, 34 Cent für den zweiten Hund
– nicht als limitierenden Faktor ansehen. Das wichtigste Argument gegen die Hundesteuer sei die
Tatsache, dass ein Hund heute kaum noch als Luxusobjekt gehalten werde. Der
soziale Aspekt trete mehr und mehr in den Vordergrund, dieser müsste als
präventive Maßnahme eigentlich gefördert werden. Gerade der Hund als Rudeltier
mit sozialen Fähigkeiten sei bei der Kindererziehung hilfreich, diese könnten
Verantwortungsbewusstsein, Einfühlungsvermögen und Rücksichtnahme erlernen.
Wissenschaftliche Studien belegten den Zusammenhang zwischen sozialer
Intelligenz und dem Besitz eines Haustieres in der Kindheit. Auch die
gesundheitsfördernden Aspekte der Haustierhaltung, beispielsweise antidepressive
Wirkung und Stressabbau sowie Bewegung an der frischen Luft, sollten allgemein
bekannt sein. Hundesteuer werde nicht auf der Grundlage der finanziellen
Leistungsfähigkeit der Besitzer berechnet, sondern pauschal erhoben. Die
Reduzierung der Steuer aus sozialen Gründen erfordere zunächst einen Antrag des
Halters, der dann auch bearbeitet werden müsse, wodurch das Verhältnis von
Einnahmen zu Ausgaben durch den Bearbeitungsaufwand zusätzlich verschlechtert
werde. Beigeordnete BAUMGARTEN bekräftigt, dass es immer populärer sei, Steuern
abzuschaffen, als sie zu erheben, auch ihre Fraktion würde das gerne machen.
Die Folgen daraus würden von denen, die eine Steuer abschaffen wollen, jedoch
immer verschwiegen. Bei einem Haushalt, in dem die Ausgaben die Einnahmen
übersteigen, könne auf keine Einnahmeposition verzichtet werden. Sie wundere
sich, dass ein solcher Antrag von der FDP eingebracht werde, die doch gerade in
den Haushaltsberatungen immer als seriöse Planerin gelte. Die Gelder von denen
hier gesprochen werde, immerhin fast 170.000 Euro jährlich, seien keine
Peanuts. Verzichte man auf diese Einnahmen, müsse der Betrag entweder anders
aufgebracht oder Dinge müssten gestrichen werden. Was das sein solle, müsse
Herr Soldan vor der Abschaffung der Steuer zunächst beantworten. Den sozialen Aspekt dürfe man keineswegs vernachlässigen,
das Erlernen von Rücksichtnahme, Hilfsbereitschaft und Verantwortungsgefühl
können und müssen Kinder von und mit anderen Kindern und von Erwachsenen
lernen. Auf den sozialen Aspekt werde aber Rücksicht genommen durch die
Ermäßigungsregelungen für alleinstehende Personen, die Leistungen nach dem BSHG
und dem Wohngeldgesetz erhalten. Diese müssten nur 42 Euro pro Jahr, also
lediglich 3,50 Euro pro Monat, bezahlen. Nicht außer Acht lassen dürfe man den
von der Verwaltung angeführten ordnungspolitischen Gesichtspunkt. Jeder kenne
die in den Medien publizierten Bilder von verwahrlosten Tieren, deren Zahl sich
ohne die Hundesteuer sicher noch erhöhen würde. Die von der FDP angeführten Personalkosten dürften nicht
derart ins Gewicht fallen, dass sich die Erhebung der Steuer nicht lohne, da
die mit der Erhebung befassten Mitarbeiter diese Aufgabe schließlich neben
anderen Aufgaben wahrnähmen. Selbst wenn es populär wäre, dem Antrag zuzustimmen,
lehne ihre Fraktion die Abschaffung ab, da sie ihre Verantwortung für die
Finanzen der Stadt ernst nehme. Ratsherr KUNATH hält eine generelle Streichung der Hundesteuer nicht für
sinnvoll, da sie keineswegs nur ein fiskalisches Relikt sei. Sinnvoll sei die
Begrenzung der Zahl der Hunde nicht nur, wenn diese als Kampfhunde im Sinne des
Gesetzes eingeordnet seien, auch das Halten von mehreren Hunden könne
problematisch werden. Hunde bieten jedoch, wie bereits ausgeführt, eine hohe
soziale Integrationsmöglichkeit. Hundebesitzer knüpften schneller soziale
Kontakte, besonders für ältere und alleinstehende Menschen seien sie ein
wichtiger sozialer Lebenshalt. Sie können Lebensmut vermitteln und so
seelischer Vereinsamung entgegen wirken. Das dürfe nicht an der Erhebung von
Hundesteuer scheitern. Selbst die in der Hundesteuersatzung enthaltene
Ermäßigungsregelung stelle für Menschen, die Leistungen nach dem BSHG oder nach
dem Wohngeldgesetz erhalten, eine wesentliche finanzielle Einschränkung dar.
Umgerechnet auf den Monat bleibe immer noch ein Betrag von rund 2,80 Euro, was
in etwa dem Satz für zwei Mittagessen entspreche. Der soziale Nutzen und die
Integrationsfunktion sollten unabhängig von der finanziellen Entscheidung
betrachtet werden. Ratsherr SRUGIS empfindet das Thema als geeignet für vielfältige
populistische Betrachtungen. Durch die Abschaffung der Hundesteuer könne man
den Armen helfen oder auch den Mittelstand bedienen. Es sei aber im Grundsatz
nicht Sache der Kommune, eine Steuer abzuschaffen, vielmehr könne man auf die
Erhebung nur verzichten, wenn man meine, genug Geld zu haben. Das sei aber
nicht der Fall. Steuern seien bekanntlich Zwangsabgaben ohne eine besondere
Gegenleistung, denen man sich nicht entziehen könne. Man könne die Hundesteuer als Relikt ansehen, einfach weil
sie uralt sei, das treffe aber auch auf eine Vielzahl anderer Steuern zu. Man
dürfe nicht übersehen, dass auch Bagatellsteuern einen nicht unwesentlichen
Betrag an Einnahmen ausmachten. Wer Steuern abschaffen wolle, müsse auch sagen,
welche Einnahmen oder Einsparungen er an deren Stelle setzen wolle. Diese
Antwort sei die FDP schuldig geblieben. Die Hundesteuersatzung enthalte zudem
bereits den im Änderungsantrag der Linken geforderten sozialen Aspekt durch die
Ermäßigungsregelung für alleinstehende Personen mit Wohngeld- und BSHG-Bezug.
Insgesamt bestehe aus Sicht der SPD-Fraktion kein Bedarf, die
Hundesteuersatzung zum jetzigen Zeitpunkt zu ändern. Beigeordneter BLANCK ist der Auffassung, dass man sich beim verantwortlichen
Umgang mit dem Haushalt der Stadt Lüneburg
einen solchen Antrag sparen könne. Gemeinsam habe man bei den letzten
Haushaltsberatungen eine große Anstrengung unternommen, um die
Gewerbesteuersätze konstant zu halten. Dies sei auch ein Wunsch der FDP gewesen,
daher wundere er sich, dass die Fraktion nun mit einem solchen Antrag
daherkomme und versuche, Einnahmen von 170.000 Euro aus dem Haushalt heraus zu
nehmen. Durch den Verzicht auf die Hundesteuer werde man gezwungen, andere
Steuern – auch die Gewerbesteuer – zu erhöhen. Es sei auch der FDP
bekannt, dass man mit solchen Maßnahmen seinen Haushalt nicht genehmigt
bekomme. Es sei weder sinnvoll, über einen solchen Antrag zu diskutieren, noch
bei der Bevölkerung den Eindruck zu erwecken, dass so etwas möglich wäre. Es
gehe nicht darum, dass dieser Rat es nicht wolle, aber die Steuereinnahme sei
erforderlich und man dürfe auch den regulativen Effekt nicht unterschätzen. Er
schlage vor, auf die Abstimmung über diesen Antrag zu verzichten, zustimmen
könne seine Fraktion jedenfalls nicht. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg lehnt den Änderungsantrag der Fraktion DIE
LINKE mehrheitlich bei 1 Ja-Stimme der Fraktion
DIE LINKE und zwei Enthaltungen aus den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die
Grünen ab. Der Rat
der Hansestadt Lüneburg lehnt den Antrag der FDP-Fraktion mehrheitlich bei 3
Ja-Stimmen der FDP-Fraktion und 1 Enthaltung der Fraktion DIE LINKE sowie 1
weiteren Enthaltung aus den Reihen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab. (14) |
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