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Auszug - Landschaftsbereich Lange Berge unter Schutz stellen (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 09.05.2008)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Hansestadt Lüneburg
TOP: Ö 7.2
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: geändert beschlossen
Datum: Do, 29.05.2008    
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/2855/08 Landschaftsbereich Lange Berge unter Schutz stellen (Antrag der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen vom 09.05.2008)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag d. Fraktion Bündnis90/Die Grünen
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Beteiligt:Bereich 61 - Stadtplanung
Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan   
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsfrau KIEßLICH beleuchtet die Frage, warum dieses Gebiet als Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden soll. Wer das Gebiet kenne, wisse, wofür sich ihre Fraktion hier einsetze. Es zeichne sich durch seine Vielfalt, Eigenart und Schönheit aus, habe eine wichtige Funktion für die Naherholung und diene dadurch der Erhöhung der Lebensqualität. Bedeutung und ökologischer Wert für den Naturhaushalt stünden außer Frage. Diese Kriterien seien entscheidend, um ein Gebiet als Landschaftsschutzgebiet auszuweisen, das werde auch von Experten und Gutachtern, die den Landschaftsschutzplan erstellt haben, so gesehen. Der Landschaftsplan enthalte die Ziele des Naturschutzes, die die Stadt Lüneburg einstimmig im Rat beschlossen habe. Dabei habe man auch die Grünplanung in der Stadt genau unter die Lupe genommen und festgestellt, dass es eine Unterversorgung von 32,4 Hektar bezogen auf das gesamte Stadtgebiet gebe. Im betroffenen Gebiet Kaltenmoor/Lange Berge selbst bestehe eine Unterversorgung von 6,4 Hektar. Hinzu komme, dass die zugrunde gelegte Einwohnerzahl die Wohngebiete ‚In den Kämpen’ und ‚Bülows Kamp’ noch nicht berücksichtige. In den Landschaftsplan sei auch eine Prüfung eingeflossen, ob das Gebiet für eine bauliche Nutzung geeignet sei. Der Landschaftsplan empfehle den Verantwortlichen, mit diesem Gebiet Vorsorge für die dort lebenden Menschen zu betreiben und es für die Naherholung zu sichern. Sie hätte sich von der Stadt eine Stellungnahme gewünscht, die auf genau dieses Problem näher eingehe, indem sie das Für und Wider eines Landschaftsschutzgebietes beleuchte und die Interessen in diesem Prozess gegenüberstelle.

Herr Dörbaum habe im letzten Grünflächen- und Forstausschuss noch voller Leidenschaft vorgetragen, dass die Argumente im Bauausschuss berücksichtigt würden. Leider könne sie nun nichts davon wiederfinden. Es erstaune sie, dass der Antrag auf Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet erst von ihrer Fraktion eingebracht werden müsse, obwohl die Umsetzung des Landschaftsplanes von Herrn Dörbaum ohne Wenn und Aber zugesagt worden sei. Ein weiterer Aspekt sei hier noch von besonderer Bedeutung: Lüneburg schreibe sich gerne auf die Fahnen; Agenda-21-Stadt zu sein. Daher sei es ein wichtiges Anliegen, die Lebensqualität im Auge zu behalten und sich die übergeordneten Ziele, nämlich den sparsamen Umgang mit der Fläche, zu eigen zu machen. Es gebe in Lüneburg noch Baugebiete, die nicht voll ausgeschöpft seien, sie erinnere nur an den Schlieffen-Park und den Brockwinkler Weg.

Sie fordere, dass der Antrag nicht nur im Bauausschuss, sondern auch im Grünflächen- und Forstausschuss diskutiert und beraten werde, gerne auch in einer gemeinsamen Sitzung.

 

Beigeordneter DÖRBAUM bestätigt, dass es sich zweifelsfrei um ein sehr schönes und von der Natur geprägtes Gebiet handle. Es sei richtig, dass man seinerzeit in den Landschaftsplan eine Empfehlung für neun unter Schutz zu stellende Gebiete aufgenommen habe. Es sei bereits 2001 damit begonnen worden, im Grünflächen- und Forstausschuss die Unterschutzstellung zu beraten, bei ein oder zwei Flächen sei dies bisher geschehen. Bei den anderen noch nicht, da in jedem einzelnen Falle ein Abwägungsvorgang unter Berücksichtigung der verschiedenen – beispielsweise auch landwirtschaftlichen – Nutzungsmöglichkeiten erforderlich sei. Man habe als Stadt zwei Dinge zu berücksichtigen. Zum einen sei Lüneburg eine wachsende Stadt, die man für die Einwohner lebenswert gestalten müsse. Dass dieses Vorhaben gelinge, sei der jüngsten Berichterstattung im Abendblatt zu entnehmen. Der zweite Aspekt sei die Nachhaltigkeit. Frau Kießlich habe zu Recht darauf verwiesen dass Lüneburg Mitglied im Klimabündnis sei und die Agenda unterzeichnet habe. Nachhaltigkeit heiße, ökologische und wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, aber auch zu prüfen, wie sozial eine Maßnahme sei. Daher habe man durchaus auch den Auftrag, über Baulandreserven in der Stadt nachzudenken. Dies hätten offensichtlich schon in den sechziger und siebziger Jahren die Ratsmitglieder unternommen, nur so lasse sich erklären, dass im Baugebiet Osterkamp bereits Zufahrten zu weiteren Flächen berücksichtigt worden seien. Seit Anfang der neunziger Jahre habe man alle Bauleitpläne so entwickelt, dass immer zugrunde zu legen war, ob eine Maßnahme ökologisch vertretbar sei unter gleichzeitiger Beachtung der Infrastruktur des betreffenden Gebietes, etwa die Anbindung an Schulen und Kindertagesstätten. Diese Anbindung sei im Bereich Lange Berge gegeben, daher müsse es doch zulässig sein, darüber nachzudenken, ob auf dieser Fläche etwas möglich sei. Bekanntlich habe man Grünordnungspläne entwickelt, die zu einer maximalen Bebauung von 50 % der Flächen geführt haben.

Man habe im Bauausschuss bereits bei vielen Anträgen bewiesen, dass man mit dieser Abwägung umgehen könne. Es spreche nichts dagegen, die Frage des Landschaftsschutzes wie bisher im Grünflächenausschuss zu behandeln. Man werde ergebnisoffen in das Verfahren gehen und die Belange der Bürger sehr wohl berücksichtigen.

 

Beigeordnete SCHELLMANN bekräftigt die Notwendigkeit zur Flächenvorsorge. Sie sehe jedoch nicht, dass sich irgendwo eine Verknappung von Grundstücken zur Wohnbebauung abzeichne, so dass man nun nicht schon wieder ein neues Baugebiet ausweisen müsse. Sie habe den Eindruck, dass die Verwertung der bereits bestehenden Baugebiete wie Oedeme, Brockwinkler Weg und Schlieffen-Park im Augenblick ausreichend sei. Der Bereich Lange Berge sei ein sehr wichtiges Naherholungsgebiet für Kaltenmoor, das enorm zur dortigen Lebensqualität beitrage. Darauf sollte man nicht ohne Not verzichten. Besser wäre es, erst einmal die Entwicklung der nächsten Jahre abzuwarten und dann eine Entscheidung zu treffen, ob die Ausweisung eines weiteren Baugebietes notwendig werde.

 

Ratsherr POLS möchte die Ausführungen des Beigeordneten Dörbaum noch um das Thema ‚wachsende Stadt’ ergänzen. Lüneburg sei eine wachsende Stadt, die eine Baulandreserve brauche. Das Gebiet Tiergartenkamp sei als Bauland nicht neu. Sehe man sich das Baugebiet Klosterkamp an, so sei zu erkennen, dass es dort bereits zwei Stichstraßen in den Wald hinein gebe. Daher sei es für die Anlieger keineswegs neu, dass dort irgendwann einmal eine Prüfung der möglichen Bebauung stattfinden werde. Dabei sei man ergebnisoffen, ob sich das Gebiet für eine Bebauung eigne, zumal die betroffenen Gruppen und Institutionen an der Prüfung beteiligt würden. Er gebe der FDP recht, dass man einen Vorrat an Bauflächen habe, daher gehe er nicht davon aus, dass im Bereich Tiergartenkamp in den nächsten Jahren etwas passiere.

 

Ratsherr RIECHEY stellt für seine Fraktion fest, dass es in Lüneburg genügend Baugebiete gebe und man keine Notwendigkeit für eine völlige Zersiedelung auch noch der letzten Flächen sehe. Er wolle das Naherholungsgebiet Lange Berge erhalten und schließe sich den Empfehlungen des Landschaftsplanes an. Es gebe zahlreiche Beispiele für den unsensiblen Umgang mit Grünflächen in Lüneburg, er nenne beispielhaft die Fläche der ehemaligen Keulahütte. Trotz der dort lebenden geschützten Arten sei bei Nacht und Nebel plötzlich das Gelände geplättet worden. Baulandreserve gebe es im Schlieffen-Park genug, daher frage er sich, wo das Interesse liege, den Tiergartenkamp als Baugebiet auszuweisen. Möglicherweise brauche man gar keine Baugebiete, es könne ja auch sein, dass sich die Grundstückspreise der dortigen Anlieger veränderten und dieses Interesse eine Rolle spiele und es daher Bestrebungen gebe, dieses Gebiet umzuwidmen. Das wolle er aber nicht unterstellen. Wenn sich doch offenbar alle einig seien, dass man kein neues Baugebiet brauche, könne man die Entscheidung noch um einige Jahre verschieben.

 

Oberbürgermeister MÄDGE stellt klar, dass die Flurbezeichnung ‚Lange Berge’ ausschließlich die Fläche des Waldfriedhofes betreffe. Hinsichtlich der Ziele des Landschaftsplanes sei man in den Auffassungen nicht weit voneinander entfernt. Auf Vorschlag des Ratsherrn Helmut Dammann habe der Rat seinerzeit in den Landschaftsplan die Formulierung aufgenommen, ‚bei zwischenzeitlich anstehenden Einzelfallentscheidungen im Rahmen von Bebauungsplänen und Bauanträgen werden die jeweils entscheidungsrelevanten Aussagen des Landschaftsplanes ebenfalls in die Entscheidungsfindung mit einbezogen’. Genau das werde auch in diesem Fall getan. Er selbst nutze seit jeher wie viele andere auch gerne die Grünfläche im Tiergartenkamp zur Erholung. Als der Klosterkamp gebaut wurde, sei auch dort nur Feld und Wiese gewesen, genau wie jetzt im Bereich Tiergartenkamp. Doch schon damals habe man bei der Bebauungsleitplanung des Klosterkampes durch die Straßenführung berücksichtigt, dass die Fläche hinter dem damaligen Neubaugebiet entwickelt werden solle. Natürlich könne man sagen, dass dies nach so vielen Jahren einmal überprüft werden müsste und eine solche Prüfung werde man auch durchführen. Die zu überprüfende Fläche werde weder im Wald noch jenseits der zum Tiergarten führenden Allee liegen. Ob es letztlich zu einer Bebauung komme, werde – wenn überhaupt – vermutlich nicht einmal mehr dieser Rat entscheiden. Zunächst müsse die Verwaltung zur Vorbereitung der Entscheidung des Rates die entsprechenden Fachgutachten für die Fläche einholen. Auf eine ordnungsgemäße Vorbereitung hätten Rat wie auch Bürgerschaft einen Anspruch, diese Arbeit müsse nun in Angriff genommen und das Ergebnis den beiden Fachausschüssen vorgelegt werden. Man wolle mit einem Aufstellungsbeschluss in ein transparentes öffentliches Verfahren gehen und die Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen. Seine Aufgabe sei es, die strategischen Entscheidungen in der Stadt Lüneburg mit Blick auf die Zukunft voranzubringen und dem Rat zur Entscheidung vorzulegen. Hätte es solche vorausschauenden Entscheidungen in der Vergangenheit nicht gegeben, existierte heute kein Ortsteil Kaltenmoor mit 9.000 Einwohnern.

Jede Bebauung sei ein Eingriff für diejenigen, die in der Umgebung wohnen, das sei überall so. Wenn dies aber der alleinige Grund für eine Entscheidung sei, hätte es in schon in der Vergangenheit keinerlei Neubebauung gegeben.

 

Ratsherr MEIHSIES führt zur Geschäftsordnung aus, dass der Oberbürgermeister nach § 15 das Recht habe, zur sachlichen und rechtlichen Aufklärung einen Beitrag zu leisten. Er kritisiere an dieser Stelle den Oberbürgermeister und die Ratsvorsitzende, die es akzeptiere, dass der Oberbürgermeister statt einer sachlichen Aufklärung hier parteipolitisch eingreife, indem er eine Bewertung vornehme. Die Ratsvorsitzende hätte ihm das Wort entziehen müssen.

 

Oberbürgermeister MÄDGE hält dem entgegen, dass er einzig über das Verfahren aufgeklärt habe, über die Grundzüge der Planung seit den sechziger Jahren und darüber, wie die Verwaltung an das Verfahren herangehe. Im Übrigen sei er nach der NGO aber auch Ratsherr der Stadt Lüneburg und könne sich daher auch inhaltlich zu Themen äußern. Da er nicht Mitglied der SPD-Fraktion sei, gelte zudem die Einschränkung des § 9 Absatz 1 der Geschäftsordnung für ihn nicht.

 

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt einstimmig, den Antrag zur weiteren Beratung in den Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung sowie in den Grünflächen- und Forstausschuss zu überweisen.

 

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