Bürgerinformationssystem
Beratungsinhalt: Ratsfrau KIEßLICH beleuchtet die Frage, warum dieses Gebiet als
Landschaftsschutzgebiet ausgewiesen werden soll. Wer das Gebiet kenne, wisse,
wofür sich ihre Fraktion hier einsetze. Es zeichne sich durch seine Vielfalt,
Eigenart und Schönheit aus, habe eine wichtige Funktion für die Naherholung und
diene dadurch der Erhöhung der Lebensqualität. Bedeutung und ökologischer Wert
für den Naturhaushalt stünden außer Frage. Diese Kriterien seien entscheidend,
um ein Gebiet als Landschaftsschutzgebiet auszuweisen, das werde auch von
Experten und Gutachtern, die den Landschaftsschutzplan erstellt haben, so
gesehen. Der Landschaftsplan enthalte die Ziele des Naturschutzes, die die
Stadt Lüneburg einstimmig im Rat beschlossen habe. Dabei habe man auch die
Grünplanung in der Stadt genau unter die Lupe genommen und festgestellt, dass
es eine Unterversorgung von 32,4 Hektar bezogen auf das gesamte Stadtgebiet gebe.
Im betroffenen Gebiet Kaltenmoor/Lange Berge selbst bestehe eine
Unterversorgung von 6,4 Hektar. Hinzu komme, dass die zugrunde gelegte
Einwohnerzahl die Wohngebiete ‚In den Kämpen’ und ‚Bülows
Kamp’ noch nicht berücksichtige. In den Landschaftsplan sei auch eine
Prüfung eingeflossen, ob das Gebiet für eine bauliche Nutzung geeignet sei. Der
Landschaftsplan empfehle den Verantwortlichen, mit diesem Gebiet Vorsorge für
die dort lebenden Menschen zu betreiben und es für die Naherholung zu sichern.
Sie hätte sich von der Stadt eine Stellungnahme gewünscht, die auf genau dieses
Problem näher eingehe, indem sie das Für und Wider eines
Landschaftsschutzgebietes beleuchte und die Interessen in diesem Prozess
gegenüberstelle. Herr Dörbaum habe im letzten Grünflächen- und Forstausschuss
noch voller Leidenschaft vorgetragen, dass die Argumente im Bauausschuss
berücksichtigt würden. Leider könne sie nun nichts davon wiederfinden. Es
erstaune sie, dass der Antrag auf Ausweisung als Landschaftsschutzgebiet erst
von ihrer Fraktion eingebracht werden müsse, obwohl die Umsetzung des
Landschaftsplanes von Herrn Dörbaum ohne Wenn und Aber zugesagt worden sei. Ein
weiterer Aspekt sei hier noch von besonderer Bedeutung: Lüneburg schreibe sich
gerne auf die Fahnen; Agenda-21-Stadt zu sein. Daher sei es ein wichtiges
Anliegen, die Lebensqualität im Auge zu behalten und sich die übergeordneten
Ziele, nämlich den sparsamen Umgang mit der Fläche, zu eigen zu machen. Es gebe
in Lüneburg noch Baugebiete, die nicht voll ausgeschöpft seien, sie erinnere
nur an den Schlieffen-Park und den Brockwinkler Weg. Sie fordere, dass der Antrag nicht nur im Bauausschuss,
sondern auch im Grünflächen- und Forstausschuss diskutiert und beraten werde,
gerne auch in einer gemeinsamen Sitzung. Beigeordneter DÖRBAUM bestätigt, dass es sich zweifelsfrei um ein sehr schönes
und von der Natur geprägtes Gebiet handle. Es sei richtig, dass man seinerzeit
in den Landschaftsplan eine Empfehlung für neun unter Schutz zu stellende
Gebiete aufgenommen habe. Es sei bereits 2001 damit begonnen worden, im
Grünflächen- und Forstausschuss die Unterschutzstellung zu beraten, bei ein
oder zwei Flächen sei dies bisher geschehen. Bei den anderen noch nicht, da in
jedem einzelnen Falle ein Abwägungsvorgang unter Berücksichtigung der
verschiedenen – beispielsweise auch landwirtschaftlichen –
Nutzungsmöglichkeiten erforderlich sei. Man habe als Stadt zwei Dinge zu
berücksichtigen. Zum einen sei Lüneburg eine wachsende Stadt, die man für die
Einwohner lebenswert gestalten müsse. Dass dieses Vorhaben gelinge, sei der
jüngsten Berichterstattung im Abendblatt zu entnehmen. Der zweite Aspekt sei
die Nachhaltigkeit. Frau Kießlich habe zu Recht darauf verwiesen dass Lüneburg
Mitglied im Klimabündnis sei und die Agenda unterzeichnet habe. Nachhaltigkeit
heiße, ökologische und wirtschaftliche Entscheidungen zu treffen, aber auch zu
prüfen, wie sozial eine Maßnahme sei. Daher habe man durchaus auch den Auftrag,
über Baulandreserven in der Stadt nachzudenken. Dies hätten offensichtlich schon
in den sechziger und siebziger Jahren die Ratsmitglieder unternommen, nur so
lasse sich erklären, dass im Baugebiet Osterkamp bereits Zufahrten zu weiteren
Flächen berücksichtigt worden seien. Seit Anfang der neunziger Jahre habe man
alle Bauleitpläne so entwickelt, dass immer zugrunde zu legen war, ob eine
Maßnahme ökologisch vertretbar sei unter gleichzeitiger Beachtung der
Infrastruktur des betreffenden Gebietes, etwa die Anbindung an Schulen und
Kindertagesstätten. Diese Anbindung sei im Bereich Lange Berge gegeben, daher
müsse es doch zulässig sein, darüber nachzudenken, ob auf dieser Fläche etwas
möglich sei. Bekanntlich habe man Grünordnungspläne entwickelt, die zu einer
maximalen Bebauung von 50 % der Flächen geführt haben. Man habe im Bauausschuss bereits bei vielen Anträgen
bewiesen, dass man mit dieser Abwägung umgehen könne. Es spreche nichts
dagegen, die Frage des Landschaftsschutzes wie bisher im Grünflächenausschuss
zu behandeln. Man werde ergebnisoffen in das Verfahren gehen und die Belange
der Bürger sehr wohl berücksichtigen. Beigeordnete SCHELLMANN bekräftigt die Notwendigkeit zur Flächenvorsorge.
Sie sehe jedoch nicht, dass sich irgendwo eine Verknappung von Grundstücken zur
Wohnbebauung abzeichne, so dass man nun nicht schon wieder ein neues Baugebiet
ausweisen müsse. Sie habe den Eindruck, dass die Verwertung der bereits
bestehenden Baugebiete wie Oedeme, Brockwinkler Weg und Schlieffen-Park im
Augenblick ausreichend sei. Der Bereich Lange Berge sei ein sehr wichtiges
Naherholungsgebiet für Kaltenmoor, das enorm zur dortigen Lebensqualität
beitrage. Darauf sollte man nicht ohne Not verzichten. Besser wäre es, erst
einmal die Entwicklung der nächsten Jahre abzuwarten und dann eine Entscheidung
zu treffen, ob die Ausweisung eines weiteren Baugebietes notwendig werde. Ratsherr POLS möchte die Ausführungen des Beigeordneten Dörbaum noch um
das Thema ‚wachsende Stadt’ ergänzen. Lüneburg sei eine wachsende
Stadt, die eine Baulandreserve brauche. Das Gebiet Tiergartenkamp sei als
Bauland nicht neu. Sehe man sich das Baugebiet Klosterkamp an, so sei zu
erkennen, dass es dort bereits zwei Stichstraßen in den Wald hinein gebe. Daher
sei es für die Anlieger keineswegs neu, dass dort irgendwann einmal eine
Prüfung der möglichen Bebauung stattfinden werde. Dabei sei man ergebnisoffen,
ob sich das Gebiet für eine Bebauung eigne, zumal die betroffenen Gruppen und
Institutionen an der Prüfung beteiligt würden. Er gebe der FDP recht, dass man
einen Vorrat an Bauflächen habe, daher gehe er nicht davon aus, dass im Bereich
Tiergartenkamp in den nächsten Jahren etwas passiere. Ratsherr RIECHEY stellt für seine Fraktion fest, dass es in Lüneburg
genügend Baugebiete gebe und man keine Notwendigkeit für eine völlige
Zersiedelung auch noch der letzten Flächen sehe. Er wolle das
Naherholungsgebiet Lange Berge erhalten und schließe sich den Empfehlungen des
Landschaftsplanes an. Es gebe zahlreiche Beispiele für den unsensiblen Umgang
mit Grünflächen in Lüneburg, er nenne beispielhaft die Fläche der ehemaligen Keulahütte.
Trotz der dort lebenden geschützten Arten sei bei Nacht und Nebel plötzlich das
Gelände geplättet worden. Baulandreserve gebe es im Schlieffen-Park genug,
daher frage er sich, wo das Interesse liege, den Tiergartenkamp als Baugebiet
auszuweisen. Möglicherweise brauche man gar keine Baugebiete, es könne ja auch
sein, dass sich die Grundstückspreise der dortigen Anlieger veränderten und
dieses Interesse eine Rolle spiele und es daher Bestrebungen gebe, dieses
Gebiet umzuwidmen. Das wolle er aber nicht unterstellen. Wenn sich doch
offenbar alle einig seien, dass man kein neues Baugebiet brauche, könne man die
Entscheidung noch um einige Jahre verschieben. Oberbürgermeister MÄDGE stellt klar, dass die Flurbezeichnung ‚Lange
Berge’ ausschließlich die Fläche des Waldfriedhofes betreffe.
Hinsichtlich der Ziele des Landschaftsplanes sei man in den Auffassungen nicht
weit voneinander entfernt. Auf Vorschlag des Ratsherrn Helmut Dammann habe der
Rat seinerzeit in den Landschaftsplan die Formulierung aufgenommen, ‚bei
zwischenzeitlich anstehenden Einzelfallentscheidungen im Rahmen von
Bebauungsplänen und Bauanträgen werden die jeweils entscheidungsrelevanten
Aussagen des Landschaftsplanes ebenfalls in die Entscheidungsfindung mit
einbezogen’. Genau das werde auch in diesem Fall getan. Er selbst
nutze seit jeher wie viele andere auch gerne die Grünfläche im Tiergartenkamp
zur Erholung. Als der Klosterkamp gebaut wurde, sei auch dort nur Feld und
Wiese gewesen, genau wie jetzt im Bereich Tiergartenkamp. Doch schon damals
habe man bei der Bebauungsleitplanung des Klosterkampes durch die
Straßenführung berücksichtigt, dass die Fläche hinter dem damaligen
Neubaugebiet entwickelt werden solle. Natürlich könne man sagen, dass dies nach
so vielen Jahren einmal überprüft werden müsste und eine solche Prüfung werde
man auch durchführen. Die zu überprüfende Fläche werde weder im Wald noch
jenseits der zum Tiergarten führenden Allee liegen. Ob es letztlich zu einer
Bebauung komme, werde – wenn überhaupt – vermutlich nicht einmal
mehr dieser Rat entscheiden. Zunächst müsse die Verwaltung zur Vorbereitung der
Entscheidung des Rates die entsprechenden Fachgutachten für die Fläche
einholen. Auf eine ordnungsgemäße Vorbereitung hätten Rat wie auch Bürgerschaft
einen Anspruch, diese Arbeit müsse nun in Angriff genommen und das Ergebnis den
beiden Fachausschüssen vorgelegt werden. Man wolle mit einem
Aufstellungsbeschluss in ein transparentes öffentliches Verfahren gehen und die
Diskussion mit den Bürgerinnen und Bürgern suchen. Seine Aufgabe sei es, die
strategischen Entscheidungen in der Stadt Lüneburg mit Blick auf die Zukunft
voranzubringen und dem Rat zur Entscheidung vorzulegen. Hätte es solche
vorausschauenden Entscheidungen in der Vergangenheit nicht gegeben, existierte
heute kein Ortsteil Kaltenmoor mit 9.000 Einwohnern. Jede Bebauung sei ein Eingriff für diejenigen, die in der
Umgebung wohnen, das sei überall so. Wenn dies aber der alleinige Grund für
eine Entscheidung sei, hätte es in schon in der Vergangenheit keinerlei Neubebauung
gegeben. Ratsherr MEIHSIES führt zur Geschäftsordnung aus, dass der Oberbürgermeister
nach § 15 das Recht habe, zur sachlichen und rechtlichen Aufklärung einen
Beitrag zu leisten. Er kritisiere an dieser Stelle den Oberbürgermeister und
die Ratsvorsitzende, die es akzeptiere, dass der Oberbürgermeister statt einer
sachlichen Aufklärung hier parteipolitisch eingreife, indem er eine Bewertung
vornehme. Die Ratsvorsitzende hätte ihm das Wort entziehen müssen. Oberbürgermeister MÄDGE hält dem entgegen, dass er einzig über das Verfahren
aufgeklärt habe, über die Grundzüge der Planung seit den sechziger Jahren und
darüber, wie die Verwaltung an das Verfahren herangehe. Im Übrigen sei er nach
der NGO aber auch Ratsherr der Stadt Lüneburg und könne sich daher auch
inhaltlich zu Themen äußern. Da er nicht Mitglied der SPD-Fraktion sei, gelte
zudem die Einschränkung des § 9 Absatz 1 der Geschäftsordnung für ihn nicht. Beschluss: Der
Rat der Hansestadt Lüneburg beschließt einstimmig, den Antrag zur weiteren
Beratung in den Ausschuss für Bauen und Stadtentwicklung sowie in den Grünflächen-
und Forstausschuss zu überweisen. (06) |
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