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Auszug - Verkauf der Straßenbeleuchtung (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 07.02.2007, eingegangen am 08.02.2007)  

 
 
Öffentliche/nichtöffentliche Sitzung des Rates der Stadt Lüneburg
TOP: Ö 7.4
Gremium: Rat der Hansestadt Lüneburg Beschlussart: abgelehnt
Datum: Do, 19.04.2007    
Zeit: 17:00 - 20:00 Anlass: Sitzung
Raum: Huldigungssaal
Ort: Rathaus
VO/2262/07 Verkauf der Straßenbeleuchtung (Antrag der Fraktion DIE LINKE vom 07.02.2007, eingegangen am 08.02.2007)
   
 
Status:öffentlichVorlage-Art:Antrag der Fraktion DIE LINKE
Federführend:01 - Büro der Oberbürgermeisterin Bearbeiter/-in: Gieseking, Stefan
 
Wortprotokoll
Beschluss

Beratungsinhalt:

 

Beratungsinhalt:

 

Ratsherr RIECHEY beanstandet den bisherigen Ablauf des Verfahrens. Es sei bereits eine Verkaufserlössumme in den Haushalt eingebracht und verplant worden, obwohl der eigentliche Verkauf noch nicht einmal beschlossen und noch keine Ausschreibung durchgeführt worden sei. Zudem sei in der jüngsten Sitzung des Verwaltungsausschusses schon eine erhebliche Summe für eine Beraterfirma zur Ausgestaltung einer Ausschreibung beschlossen worden. Hier werde das Pferd von hinten aufgezäumt. Es sei bekannt, dass seine Fraktion der Privatisierung der Straßenbeleuchtung nicht zustimme. Es gebe Alternativen zum Verkauf, beispielsweise könne man Modernisierungsmaßnahmen ergreifen, diese könnten bereits in zwei oder drei Jahren zu erhöhter Effizienz führen und ein erhebliches dauerhaftes Einsparpotential bei den Betriebskosten bringen. Wenn man den Verkauf dennoch unbedingt wolle, gebe es bereits den Vorschlag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen für ein In-House-Geschäft mit der AGL. Dies sei in jedem Fall besser als eine Privatisierung. Er bitte eindringlich zu überdenken, ob es wirklich wirtschaftlich sei, kurzfristig vier Millionen Euro einzunehmen, wenn man dafür langfristig draufzahle. Stromversorger, die ein solches Objekt erwerben, hätten kein Interesse an Investitionen zur Stromeinsparung, sondern vielmehr an einem hohen Verbrauch. Es sei nachzuvollziehen, dass sich die Verwaltung Gedanken mache, ob Privatisierungsprojekte effizient seien. Im Falle der Straßenbeleuchtung stelle sich diese Frage jedoch nicht, da es hier keine Managementaufgaben gebe. Die geringfügigen Wartungsarbeiten, wie zum Beispiel das Auswechseln einer Glühbirne, könne doch ein privater Betreiber nicht effizienter machen als ein Öffentlicher, insofern gebe es auch kein Rationalisierungspotential. Beispiele anderer Städte hätten gezeigt, dass es in einem Ausschreibungsverfahren keinerlei Wettbewerb gebe. Der Zuschlag gehe zumeist an den örtlichen Monopolversorger, durch die langfristige Bindung an diesen könnten sich keine Effizienzvorteile ergeben. Als einziger Vorteil verbleibe somit die kurzfristige Einnahme aus dem Verkaufserlös, dies sei alles andere als nachhaltig. Über einen längeren Zeitraum betrachtet komme es günstiger, die Straßenbeleuchtung zu modernisieren und zu behalten.

 

Ratsherr SRUGIS hatte die Rücknahme des Antrages seitens der Fraktion DIE LINKE erwartet, da das Thema im Rahmen der Haushaltsberatungen behandelt worden sei. Seither seien weder neue Aspekte aufgetaucht, noch seien solche in der Antragsbegründung mitgeteilt worden. Es sei bereits vor zwei Jahren beschlossen worden, den Verkauf als Konsolidierungsmaßnahme anzusehen. Die Verwaltung sei mit der Prüfung beauftragt worden und habe den Verkauf dementsprechend in den Haushalt eingebracht. Insofern werde heute nicht erneut über den Verkauf beschlossen, sondern lediglich über den gestellten Antrag. Die Entscheidung, die Straßenbeleuchtung zu verkaufen, sei nachhaltig. Sie bringe erstens Einnahmen, die gut für andere Dinge verwendet werden könnten, wie beispielsweise für Bildung. Es sei allgemein bekannt, dass Bildung die höchste Rendite bringe, nicht jedoch die Straßenbeleuchtung. Darüber hinaus verbesserte sich die Situation der Stadt durch die fiktiven Zinsgewinne aus dem Verkaufserlös. Zweitens würden dauerhaft die Verwaltungsausgaben gesenkt, die gegenwärtigen Ausgaben lägen jährlich bei 800.000 Euro, diese könnten um rund 25 Prozent verringert werden. Die Nachhaltigkeit sei auch dadurch gewährleistet, dass Energiesparmaßnahmen vertraglich vereinbart werden könnten, es sei selbstverständlich, dass solche Dinge ausgehandelt würden. Die Begründung des Antrages sei ebenso falsch wie der Antrag selbst.  Es sei zwar richtig, dass private Unternehmen profitorientiert arbeiteten, Verträge seien aber bekanntlich verhandelbar. Eine Wettbewerbssituation könne erst durch die Ausschreibung geschaffen werden. Der Verkauf werde auch in der Bürgerschaft zum Teil durchaus skeptisch betrachtet, umso wichtiger sei es, dass die Verwaltung den Vertrag sorgfältig aushandele, dabei wäre es natürlich gut, wenn ein Festpreis für den Strom vereinbart werden könne, der deutlich unter dem jetzigen Preis liege. Die Stadt müsse sich außerdem die Beleuchtungshoheit vorbehalten und bestimmen können, wo Leuchten aufgestellt würden und sich auch bereits jetzt Gedanken über eine mögliche Rückkaufvereinbarung machen.

 

Ratsherr LUTHS stellt fest, dass von den Fraktionen der Grünen und der Linken stets Vorschläge gemacht würden, die nur Ausgaben und Kosten zum Ziele hätten, jedoch nie eine Verbesserung der Einnahmen. Es gehe doch eigentlich darum, zu überlegen, wie man Dinge finanzieren könne, deren Erhalt einem wichtig erscheine. Dabei sei es ein guter Gedanke, die Straßenbeleuchtung so zu gestalten, dass sie qualitativ verbessert und Kosten eingespart würden. Es würden bereits Vorschläge gemacht, wie man die Beleuchtung günstiger gestalten könne, bei den in der Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen am Beispiel der Stadt Münster aufgeführten Maßnahmen stoße man jedoch hinsichtlich der Verlängerung der Wartungsintervalle an gesetzliche Grenzen. Vorbilder finde man hingegen in Henstedt-Ulzburg. Dort werde pro Beleuchtungseinheit mit Kosten von etwa 100 Euro jährlich gerechnet, in Lüneburg kalkuliere man dagegen mit 130 Euro. Wenn man hier ansetzen würde, könnten bei einer Verringerung auf 100 Euro pro Jahr über 200.000 Euro eingespart werden. Eine günstigere Bewirtschaftung der Straßenbeleuchtung müsse herbeigeführt werden. Dies könne ein Verkauf sein, ebenso jedoch auch eine Verpachtung. Dies müsse geprüft werden.

 

Ratsherr SOLDAN führt aus, dass man im Jahre 2005 Stromkosten für die Straßenbeleuchtung in Höhe von 449.154 Euro und Wartungskosten in Höhe von 214.689 Euro gehabt habe mit steigender Tendenz in 2006 und wahrscheinlich auch zukünftig. Aufgabe einer Verwaltung müsse es sein, Kosteneinsparpotentiale zu erschließen, Energieeffizienzprogramme zu etablieren und bestimmte, genau zu definierende Risiken auf Dritte abzuwälzen. All das ließe sich mit einer entsprechenden Vertragsgestaltung erreichen. Eine von vielen Möglichkeit der Durchführung bestehe darin, per Vertrag einen Dienstleister einzuschalten, der Energieeinsparmaßnahmen finanziere und/oder betreibe. Der Dienstleister übernehme dabei das Risiko der energetischen Anlagenbewirtschaftung und erschließe Effizienzpotentiale, wobei er sich vertraglich zu einer bestimmten Mindesteinsparung gegenüber der Gemeinde verpflichten müsse. Refinanziert würden die Investitionen des Dienstleisters durch die reduzierten Energiekosten über eine vertraglich festgelegte Laufzeit. Der Dienstleister könne aufgrund seines Know-how und seiner größeren Flexibilität in der Regel höhere Einsparpotentiale erzielen als der Auftraggeber. Der Vorteil für den Auftraggeber liege in der Beteiligung am Erfolg der Einsparmaßnahmen, ohne dass er investieren müsse oder ein Risiko trage. Bei entsprechender Vertragsgestaltung profitierten beide Seiten von einem solchen Modell. Grundlage für ein solches Projekt seien die Erhebung und Analyse der notwendigen Daten sowie die Ausarbeitung eines Energiekonzeptes und eines Vertrages. Während in Österreich bereits zahlreiche solcher Verträge abgeschlossen worden seien, zögerten deutsche Gemeinden noch damit. Dies sei zu verstehen, da das Thema Straßenbeleuchtung sehr emotional betrachtet werde, da es nicht nur um Licht gehe, sondern auch um die damit verbundene, empfundene Sicherheit vor Ort.

 

Beigeordneter BLANCK wendet ein, dass die Ausführungen des Ratsherrn Srugis sehr spekulativ gehalten seien. Fakt sei hingegen, dass man jetzt innerhalb der nächsten  drei oder vier Jahre die technischen Möglichkeiten in die Hand bekäme, sehr viel weniger Strom für die Straßenbeleuchtung zu verbrauchen in einer Größenordnung von bis zu 70 Prozent. Nicht durch das Abschalten der Lampen, sondern durch den Einbau von LED-Technologie. Er stimme Ratsherrn Srugis zu, dass der Betrieb künftig sehr viel billiger werde, nämlich für denjenigen, der die Straßenbeleuchtung dann betreibe. Diese Einsparung werde dann aber nicht an die Stadt weitergegeben. Dies sei bekanntlich der Grund, warum die Energiekonzerte versuchten, in vielen Gemeinden die Straßenbeleuchtung zu kaufen. Es werde völlig außer Acht gelassen, dass man selbst die Möglichkeit habe, den genannten Betrag von rund 200.000 Euro und vielleicht noch viel mehr selbst zu sparen. Wenn man denn die Einnahme von vier Millionen Euro haben wolle, bestehe noch die Möglichkeit der Übertragung der Straßenbeleuchtung an die AGL. Er habe sich nach der Diskussion im Verwaltungsausschuss mit dem Innenministerium in Verbindung gesetzt, die Bedenken hinsichtlich einer verdeckten Kreditaufnahme würden dort nicht wie dargelegt geteilt. Mit einem sofortigen Verkauf und einer Einsparung von nur 200.000 Euro jährlich, obgleich man eine Option auf viel mehr habe, betreibe die Verwaltung das Geschäft von E.ON Avacon und nicht das Geschäft der Stadt Lüneburg. Eine Beratungsfirma hinzu zu ziehen, obwohl man die Möglichkeit eines In-House-Geschäftes noch nicht geprüft habe, bedeute eine zusätzliche Investition von 120.000 Euro um ja nicht zu dem Ergebnis zu kommen, dass man es auch selbst machen könne. Dies halte er für nicht seriös.

 

Oberbürgermeister MÄDGE erwidert, unseriös sei vielmehr der Vortrag des Beigeordneten Blanck. Mit den Vorschlägen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen solle geradezu aus Stroh Gold gemacht werden. Eine Nettokreditaufnahme von vier Millionen Euro sei nicht machbar, angesichts der jetzt schon vorhandenen Probleme bei Kreditaufnahmen für Schulsanierung und andere Projekte. Eine Bürgschaftserklärung - nur mit einer solchen nämlich könne die AGL kaufen - sei an dieser Stelle wie eine Kreditaufnahme. Zudem werde das Geld dabei nur aus einer Tasche in die andere gesteckt. Bei den Einsparmöglichkeiten würden Beispiele genannt, die man in Lüneburg schon längst vorgenommen habe, wie die Abschaltung von Lampen. In der damaligen Diskussion habe man festgestellt, dass es einer Investition von bis zu drei bis vier Millionen Euro bedürfe, um die Lampen zukunftsfähig zu machen. Damals wie heute habe man gesagt, dieses Geld wolle man lieber in Kindergärten, Schulen und Infrastruktur stecken. Man dürfe an dieser Stelle auch nicht die Diskussion über die Sicherheit ignorieren. Die jetzige Energiesparbeleuchtung sei nach Aussage vieler, besonders älterer Mitbürger, zu dunkel. Es müsse ein Weg gefunden werden, wie man die Beleuchtung modernisieren und Energieeinsparungen umsetzen könne, ohne dabei mit eigenem Geld in Vorleistung gehen zu müssen, da dieses Geld für Investitionen in Schulen, Kindergärten oder Straßensanierung gebraucht werde. Die Konsequenz aus einer weiteren Neuverschuldung seien zusätzliche künftige Zinsbelastungen. Vorschläge für dafür notwendige Einnahmesteigerungen habe die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen jedoch nicht gemacht. Bei einer Straßenlampe handele es sich um nichts weiter als ein Stück Metall, um dass hier gekämpft werde. Er kämpfe hingegen darum, Schulen und Kindergärten zukunftsfähig zu machen, denn davon hänge die Zukunft der Stadt ab und nicht davon, wem dieses Stück Metall gehöre.

 

Die Vorbereitung und Durchführung einer seriösen europaweiten Ausschreibung könne die Verwaltung angesichts der Einsparungen aufgrund der Haushaltskonsolidierung mit dem vorhandenen Personal nicht erbringen. Alle Städte, die eine solche Ausschreibung durchgeführt haben, hätten dafür externe Berater in Anspruch genommen, diese seien im übrigen teilweise weitaus teurer gewesen als das Angebot, welches der Stadt Lüneburg vorliege. Dies belege deutlich, dass eine seriöse Ausschreibung mit eigenen Mitteln nicht zu realisieren sei. Das Ziel sei es, bei den Bewirtschaftungskosten von derzeit rund 140 Euro auf etwa 110 Euro jährlich pro Lampe zu kommen. Natürlich werde man in den Vertrag einbringen, dass man ganz bestimmte Leuchtmittel wolle, dass man Energieeinsparungen und eine schnelle Sanierung der Lampen wolle und dass man natürlich auch einen Rückkaufwert nach Ablauf des Vertrages festschreiben wolle. Dies beweise Verantwortung für die Stadt und nicht die Aufnahme von Krediten. Mit einem In-House-Geschäft verlagere man diese Kreditaufnahme nur auf die AGL. Diese Politik mache er nicht mit.

 

Ratsherr RIECHEY weist darauf hin, dass es doch das gemeinsame Ziel im Rat sei, Geld zu sparen. Die Frage sei, welcher Weg der Richtige ist. Es müsse doch möglich sein, einen Kompromiss zu finden. Er schlage vor, die Entscheidung des Verwaltungsausschusses über die Vergabe aufzuheben und eine neue Ausschreibung dahingehend zu erstellen, wie man Energie einsparen und die Straßenlaternen in Lüneburg günstiger betreiben könne. Er denke, dass man einen Vergleich aller Alternativen, die man dadurch an die Hand bekäme, nicht zu scheuen brauche. Auf dieser Grundlage wäre auch eine sehr viel sachlichere Diskussion möglich. Er frage sich, warum offenbar kaum jemand die Option zur Kenntnis nehme, dass durch die technologische Entwicklung in den nächsten zwei oder drei Jahren radikal Kosten gespart werden könnten. Es sei nicht klug, wenn man diese Möglichkeit jetzt aus der Hand gäbe. Vor zehn Jahren habe auch niemand den heutigen Stand der Technik beispielsweise im Hinblick auf das Internet für möglich gehalten.

 

Oberbürgermeister MÄDGE unterstreicht nochmals, dass die Verwaltung selbstverständlich das Ziel habe, Energiesparmaßnahmen in einen Vertrag aufzunehmen. Man wolle die Straßenbeleuchtung veräußern, da die Stadt die Ersatzinvestitionen nicht leisten könne. In diesem Falle müsse man statt der vier Millionen Euro Verkaufserlöse in den Haushalt einen Betrag von rund zwei Millionen Euro an Investitionen in die Straßenbeleuchtung setzen. Die Frage sei, woher dieses Geld kommen solle. Eine Antwort darauf habe man schon in den letzten zehn Jahren nicht gefunden, ganz unabhängig davon, wer für die Finanznot verantwortlich sei. Wenn man Investitionen in die Straßenbeleuchtung wolle, müsse man Vorschläge zur Verlagerung der Schwerpunkte im Haushalt machen und klar sagen, welche Maßnahmen stattdessen nicht durchgeführt werden sollten. Ihm sei unverständlich, dass angesichts der Schuldendiskussion Vorschläge gemacht würden, Schulden einfach in eine Tochtergesellschaft zu verlagern, wie dies durch einen Verkauf an die AGL geschähe. Um die Straßenbeleuchtung ohne eine weitere Verschuldung zu halten sei es erforderlich, die dann fehlenden vier Millionen Euro aus den Verkauferlösen bei anderen Ausgaben einzusparen und zusätzlich weitere zwei Millionen Euro Ausgaben umzuschichten für die erforderlichen Investitionen in die Straßenbeleuchtung. Einen solchen Vorschlag werde es von Seiten der Verwaltung nicht geben. Man müsse mit den zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen, die gesteckten Ziele zu erreichen.

Beschluss:

Beschluss:

 

Der Rat der Stadt Lüneburg lehnt den Antrag mehrheitlich mit den Stimmen der Gruppe SPD/CDU und der FDP-Fraktion bei 2 Ja-Stimmen der Fraktion DIE LINKE und 6 Enthaltungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab.

 

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