Beschluss:
Der Rat der Hansestadt Lüneburg verabschiedet einstimmig
folgende Resolution:
„Der
Rat beschließt in Übereinstimmung mit den Positionen des Deutschen Städtetages,
des Deutschen Landkreistages und des Deutschen Städte- und Gemeindebundes die
nachstehende Resolution zur Zukunft der kommunalen Abfallwirtschaft in
Deutschland. Der Rat fordert alle örtlichen Bundestagsabgeordneten auf, sich im
Gesetzgebungsverfahren im Interesse der Bürgerinnen und Bürger für eine
Stärkung der kommunalen Abfallentsorgung einzusetzen.
Resolution
zur
Neuordnung des Kreislaufwirtschafts- und Abfallrechts
„Die
Kommunen tragen seit Jahrzehnten die Verantwortung für eine sichere, ökologisch
hochwertige und ressourceneffiziente Abfallentsorgung in Deutschland. Das
weltweit anerkannte hohe Niveau der Kreislaufführung von Abfällen und
Wertstoffen haben die Kommunen – auch schon vor Inkrafttreten u. a. der
Verpackungsverordnung – geprägt. Daher fordern sie:
1.
Planungssicherheit sorgt für Gebührenstabilität
Bei
der Umsetzung der Europäischen Abfallrahmenrichtlinie in deutsches Recht
erwarten die Kommunen in Deutschland von Bundestag und Bundesrat, dass sie auf
die gewachsenen kommunalen Entsorgungsstrukturen, die Verpflichtung der
Kommunen zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge vor Ort und ihre Verantwortung
gegenüber den Abfallgebührenzahlern Rücksicht nehmen. Langfristige
Investitionen der Kommunen in ihre Entsorgungsinfrastruktur dürfen nicht
dadurch entwertet werden, dass den Kommunen Abfallströme entzogen werden, für
die sie bisher verantwortlich waren und für die die Entsorgungsanlagen bei
ihrer Errichtung auch ausgelegt waren.
2.
Über die Hausmüllerfassung muss vor Ort entschieden werden
Die
Kommunen als öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger vor Ort wissen am besten,
wie unter den jeweils gegebenen Verhältnissen Hausmüll erfasst werden muss, um
die Ziele einer Kreislauf- und Abfallwirtschaft zu erreichen. Die Kommunen
brauchen keine bundeseinheitliche Regelung der Frage, welche Erfassungssysteme
zu verwenden sind und welche Abfallfraktionen wie erfasst werden. Daher wenden
sich die Kommunen insbesondere gegen die im Referentenentwurf vorgesehene
Einführung einer flächendeckenden getrennten Sammlung von Bioabfällen. Diese
Fragen müssen wie bisher durch die Kommunalvertretungen vor Ort entschieden
werden. Dort liegt auch die Gebührenverantwortung.
3.
Keine „einheitliche Wertstofftonne“, und falls doch:
Wertstofferfassung nur in kommunaler Verantwortung
Die
Probleme der Verpackungsentsorgung – vor allem ausgelöst durch das
weitgehend unregulierte Nebeneinander von neuen Systemen zur Entsorgung
gebrauchter Verpackungsverpackungen – können nur durch eine Stärkung der
kommunalen Verantwortung vor Ort gelöst werden. Dafür ist, entgegen dem
Gesetzentwurf, keine bundesweite Einführung einer verpflichtenden
Wertstofftonne notwendig. Ob und in welcher Form eine Wertstofferfassung
durchgeführt wird, kann sinnvoll nur vor Ort entschieden werden. Insbesondere
die bewährten Wertstoffhöfe müssen erhalten bleiben. Keineswegs akzeptabel ist,
dass über die Einführung von Wertstofftonnen den Kommunen weiterer Hausmüll
entzogen wird. Die Bürgerinnen und Bürger werden um die Gebührenvorteile
gebracht, wenn die lukrativen Bestandteile des Abfalls auf eigene Rechnung
durch Private verwertet werden und die Kommunen lediglich die unverwertbaren
Abfälle zu entsorgen haben.
4.
Abfälle aus privaten Haushalten sind der Kommune zu überlassen
Das
Bundesverwaltungsgericht hat in seinem Urteil vom 18.06.2009 zur
Altpapierentsorgung klargestellt. Abfall, der in privaten Haushalten anfällt,
ist grundsätzlich der Kommune zu überlassen. Das ist eine Grundvoraussetzung
für eine gemeinwohlorientierte Abfallwirtschaft, die auch den Belangen der
Ökologie, der öffentlichen Sicherheit, Sauberkeit und Ordnung Rechnung trägt.
Diese Überlassungspflicht darf nicht ausgehöhlt werden. Der privat initiierte
Aufbau von Wertstoffsammlungen – parallel zu der kommunalen Wertstoffsammlung
– soll nun wieder nahezu unbeschränkt ermöglicht und den Kommunen
jegliche Steuerungsmöglichkeit entzogen werden. Dieser Versuch der
Bundesregierung, das erwähnte Grundsatzurteil durch eine Änderung des geltenden
Abfallrechts zu korrigieren, ist nicht hinnehmbar und europarechtlich nicht
gebeten: Der Vertrag von Lissabon schützt die Kommunen sowohl dann, wenn sie n
ach einer Ausschreibung Entsorgungsdienstleistungen an Private vergeben, als
auch dann, wenn sie diese Leistungen selbst erbringen.
5
Gewerbliches „Rosinenpicken“ schadet allen Gebührenzahlern und auch
privaten Konkurrenten
Die
Erlöse aus „gewerblichen Sammlungen“ kommen nur ihren Veranlassern
zugute. Sie fehlen im Gebührenhaushalt und/oder schmälern den Gewinn des
privaten Entsorgungsunternehmens, das eine Kommune nach einer Ausschreibung mit
der Wertstoffentsorgung beauftragt hat. Selbst dann, wenn ein Stadtrat,
Gemeinderat oder Kreistag ausdrücklich beschlossen hat, von der Aufstellung von
Tonnen für die Altpapierentsorgung abzusehen, etwa weil bei den betroffenen
Haushalten der Platz für die Aufstellung der Tonnen fehlt, ist es den Kommunen
nach en Vorstellungen des Umweltministeriums verwehrt, gegen Angebote eines
Privatunternehmens vorzugehen, das den Bürgern und Bürgerinnen auf eigene
Rechnung die Bereitstellung von Altpapiertonnen anbietet. Die jetzt
vorliegenden Regelungen sind unpraktikabel und provozieren jahrelange
Rechtsstreitigkeiten. Betroffen sind die Bürger und Bürgerinnen in Kommunen
aller Größenordnungen: Der „Kampf ums Altpapier“ hat gezeigt, dass
ein unkontrollierter Wettbewerb um Wertstoffe aus Privathaushalten den
öffentlichen Straßenraum mit uneinheitlichen Sammelbehältern beeinträchtigt und
die Anwohner mit zusätzlichen Abholfahrten belastet.
Wohngebiete
dürfen nicht zu Wettkampfarenen privater Entsorgungsunternehmen werden.
6.
Kommunen müssen selbst über die Untersagung gewerblicher Sammlungen entscheiden
können
Die
Kommunen wenden sich auch gegen die im Referentenentwurf vorgesehene Regelung,
nach der die Entscheidung darüber, ob eine gewerbliche Sammlung zulässig ist
oder nicht, auf eine „neutrale Stelle“ übertragen werden soll. Eine
solche Regelung ist systemfremd und verfassungsrechtlich bedenklich.“
(01,
GfA)